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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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21 .  JANUAR 2010
    »Ich brauche keine medizinische Erklärung, Hannes, ich will nur wissen, ob da was dran ist.« Dóra verdrehte die Augen, da ihr Ex-Mann sie vom anderen Ende der Leitung zum Glück nicht sehen konnte. Sie hatte ihn als Arzt gefragt, ob es stimmte, dass man Trunkenheit und Hang-over durch die Zuführung von Sauerstoff und künstliche Ernährung durch die Venen mindern konnte. Das kam ihr seltsam vor, und sie wollte es nicht einfach so in ihren Bericht schreiben.
    »Ja, das funktioniert.« Hannes klang enttäuscht, weil er nicht weiter aus seinem Weisheitsbrunnen schöpfen durfte. »Medizinstudenten oder Leute, die in Schmieden arbeiten und Zugang zu Sauerstoffflaschen haben, machen das schon mal. Ich würde es allerdings nicht empfehlen, vor allem nicht, wenn man keine Ahnung hat, was man tut.«
    »Wusstest du das schon, als du noch studiert hast?«, fragte Dóra entrüstet, »und hast mir davon nie erzählt?« Wenn sie nicht schon von Hannes geschieden wäre, hätte sie es jetzt sofort in Angriff genommen. In ihren ersten Ehejahren, als sie beide noch an der Uni waren, hatte sie morgens ziemlich oft einen Brummschädel gehabt.
    »Natürlich nicht, ich wäre nie auf die Idee gekommen, so was zu machen. Ich wäre bestimmt nicht mit dir ins Krankenhaus gefahren und hätte dich mit einem Schlauch in der Vene und einer Sauerstoffflasche auf dem Rücken in einem Wäscheschrank versteckt. Das machen nur ganz wenige Leute und hoffentlich in Maßen. Für den Körper ist es am besten, wenn er mit den Folgen von Alkoholkonsum selbst klarkommt, ob man nun betrunken ist oder einen Kater hat.«
    »Du hast vergessen zu sagen, dass es am allerbesten ist, nicht zu viel zu trinken.« Dóra ließ ihm keine Gelegenheit zu kontern, bedankte sich nur für die Auskünfte und redete eine Weile darüber, was sie mit den Kindern in den nächsten Sommerferien machen sollten. Sie hatten beide keine Pläne, kamen aber auch zu keinem Ergebnis und verschoben das Thema auf ein anderes Mal.
    Dóra war froh, eine Bestätigung bekommen zu haben. Es sah ganz so aus, als würde der Bericht bald fertig sein, und zwar so stichhaltig, dass das Oberste Gericht ihren Antrag kaum ablehnen könnte. Sie wollte nur noch warten, bis der DNA -Test von Bjarki Emil, dem Mann, der in der Nauthólsvík-Bucht gefunden worden war, vorlag. Sie war sich sicher, dass der Test schwarz auf weiß zeigen würde, dass der Mann Lísa vergewaltigt hatte. Ragnas Aussage belastete ihn eindeutig, musste aber noch bestätigt werden. Dóras Freude wurde nur dadurch getrübt, dass es ihr zwar gelingen würde, Bjarki Emils Tat nachzuweisen, dies aber womöglich gar keinen Einfluss auf Jakobs Fall hatte. Die Verbindung zwischen den Sexualverbrechen und dem Brand war ungewiss. Wenn alles gut laufen sollte, musste sie beweisen, dass Bjarki Emil oder jemand anders das Heim in Brand gesteckt hatte – und warum. Das war leichter gesagt als getan. Selbst wenn sie das Motiv erst mal außer Acht ließ, kamen nicht viele in Frage. Dóra war die wichtigsten Punkte noch einmal durchgegangen und hatte überlegt, wer von den Leuten, mit denen sie Kontakt gehabt hatte, verdächtig war, aber das Ergebnis blieb immer gleich: Keiner hatte die Gelegenheit gehabt, das Feuer zu legen, es sei denn, mehrere Personen hätten eine falsche Aussage gemacht, um dem Täter ein Alibi zu verschaffen.
    Einvarður und seine Frau Fanndís waren bei einer Betriebsfeier mit einer Vielzahl von Gästen außerhalb von Reykjavík gewesen. Von denen war zwar keiner verhört worden, aber es schien ausgeschlossen, dass das Ehepaar gelogen hatte. Lena war mit einer Freundin und einem Freund, die beide nicht namentlich genannt wurden, zu Hause gewesen. Als die Polizei später in der Nacht bei Lena vorbeifuhr, waren sie immer noch dort gewesen. Die Eltern der anderen Heimbewohner hatten entweder geschlafen, waren irgendwo auf dem Land oder in Gesellschaft gewesen, und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln. Die Heimleiterin Glódís hatte geschlafen. Kurz vor dem Ausbruch des Feuers hatte der Anruf einer alten Schulfreundin, die fragte, ob sie noch in die Stadt kommen würde, sie aus dem Schlaf gerissen. Als die Polizei Glódís telefonisch von dem Brand in Kenntnis setzte, war sie ziemlich unfreundlich, da sie glaubte, es sei schon wieder ihre Freundin. Der Nachtwächter Margeir hatte ebenfalls geschlafen und kurz vor Ausbruch des Feuers einen Anruf von Friðleifur auf seinem Handy entgegengenommen, wobei

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