Feuernacht
reinzulassen, und während sie sich mit ihm unterhalten hat, ist Bjarki ums Haus gelaufen, hat den Benzinkanister aus dem Lager geholt, von dem Lena ihm erzählt hatte, und überall Benzin verschüttet. Lena behauptet, Bjarki wäre betrunken gewesen, und sie hätte vergessen, ihm zu sagen, wo Tryggvis Zimmer war. Deshalb hätte er zur Sicherheit in allen Räumen Benzin verschüttet. Er war wohl der Meinung, das Benzin würde schnell verbrennen, einen Feuerteppich durch die Flure und in die Zimmer bilden und nach ein paar Minuten ausgehen. Er hat die Sprinkleranlage an der Decke gesehen und geglaubt, die würde sich notfalls einschalten. Er wusste nicht, dass das System nicht angeschlossen war.«
»Wann gehen wir endlich? Es ist ja schon Abend!« Jakob stützte sich auf die Armlehnen seines Stuhls und wollte aufstehen, aber seine Mutter legte ihm die Hand auf die Schulter, drückte ihn liebevoll wieder in den Sitz und sagte, es würde nicht mehr lange dauern.
Dóra sprach instinktiv etwas schneller: »Während Bjarki beschäftigt war, ist Friðleifur unruhig geworden und hat nachgesehen, was los war, vielleicht hatte er das Benzin gerochen. Er hat Bjarki überrascht, als der gerade den Kanister geleert hatte, und sofort reagiert. Er ist ins Wachzimmer gerannt und wollte die Polizei alarmieren, aber da hat Bjarki ihm den Kanister mit solcher Wucht auf den Hinterkopf geknallt, dass Friðleifur zusammengebrochen ist. Die weiteren Geschehnisse sind ziemlich unklar. Lena behauptet, sie hätten unter Schock gestanden und einen Krankenwagen rufen wollen. Um einen klaren Kopf zu kriegen, haben sie Zigaretten geraucht, was irgendwie dazu geführt hat, dass ein Funke das Benzin in Brand gesetzt hat. Und dann ist eine Kette von Ereignissen in Gang gekommen, mit denen zwei betrunkene junge Leute völlig überfordert waren. Lena sagt, sie hätte versucht, die Bewohner zu retten, aber warum ihr das bei keinem einzigen gelungen ist, ist mir schleierhaft. Aber diese Aussage wird ihr wohl Strafminderung einbringen. Jakob hat ja auch davon geredet, dass ein Engel zu ihm ins Zimmer gekommen wäre. Lenas langes, weißes Kleid und ihr goldenes Stirnband müssen ihn an den Engel auf dem Poster in seinem Zimmer erinnert haben. Ich vermute allerdings, dass die Sache ein bisschen anders war, denn Jakob hat ja erzählt, der Engel hätte einen Koffer, also den Benzinkanister, in der Hand gehabt. Lena behauptet, sie wäre so in Panik gewesen, dass sie den Kanister einfach mitgenommen hätte. Aber warum hat sie dann ihre Fingerabdrücke von dem Kanister gewischt, wenn sie solche Panik hatte?«
»Was passiert jetzt mit ihr?« Jakobs Mutter sah verbittert aus. Ihre weichen Gesichtszüge verhärteten sich, die Falten um ihre Augen wurden tiefer, und ihre Lippen bildeten eine dünne, gerade Linie.
»Ich weiß es nicht. Sie wird verurteilt, aber vielleicht auf Bewährung«, antwortete Dóra.
»Auf Bewährung? Das war bei Jakob nie ein Thema! Wie kann man einen Menschen so benachteiligen?«
»Für Lena spricht, dass sie nicht die Haupttäterin ist und es keine vorsätzliche Brandstiftung war. Und dass sie nach dem Brand aufgehört hat zu rauchen, stärkt ihre Aussage über die Zigaretten.«
»Mir fehlen die Worte.«
Dóra schüttelte den Kopf. Der Fall war wirklich kompliziert und hatte viele verschiedene Aspekte. Ein DNA -Test hatte ergeben, dass Bjarki Lísa geschwängert hatte. Er konnte zwar nicht mehr verurteilt werden, aber die Strafe, die er bekommen hatte, war schonungslos und unwiderruflich – vielleicht war das für Ragna eine Genugtuung. Margeir saß noch in Untersuchungshaft und wartete auf seinen Prozess. Die Verteidigung gründete sich darauf, dass es sich bei Bjarkis Tod um einen Unfall handelte und Margeir nur dafür verantwortlich war, die Leiche im Nachhinein angezündet zu haben. Auch das Urteil für den tödlichen Unfall stand noch aus. Lenas Mutter hatte alles gestanden. Man bekam nur selten eine Gefängnisstrafe, wenn man einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hatte, selbst bei Fahrerflucht. Und Fanndís war nicht vorbestraft. Ihr Mann war versetzt worden, und in der Presse wurde groß und breit darüber berichtet, dass er eine Straftat verdeckt hatte. Jósteinns Fall und Einvarðurs Handel mit Beweismitteln wurden nirgendwo erwähnt.
Glódís Tumadóttir hatte weniger Glück als Einvarður. Dóra erfuhr, dass ihre Kündigung in Wirklichkeit nichts mit Sparmaßnahmen und Rationalisierung zu tun hatte, sondern mit
Weitere Kostenlose Bücher