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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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sofort wiedererkannt hätte. Sie rief Matthias an.
    »Wie kann ich ein Foto vergrößern, das ich per SMS bekommen habe?«
    »Kein
hallo
oder
wie geht es dir

    »Du bekommst dein
hallo
, wenn ich zu Hause bin. Ich muss unbedingt wissen, wie ich ein Foto von einem Handy in eine vernünftige Größe umwandeln kann. Kannst du das?«
    »Tja.« Matthias fiel es offenbar schwer zuzugeben, dass das seine Kenntnisse überstieg, obwohl er technisch wesentlich begabter war als Dóra. »Ich weiß nicht, wie das bei deinem Handy geht, aber das wird man ja wohl rauskriegen.«
    »Du kannst es also bei deinem Handy?« Dóra dachte darüber nach, ihm die SMS weiterzuleiten.
    »Tja, na ja, nicht ganz.« Bevor Dóra etwas sagen konnte, fügte er hastig hinzu: »Wenn du noch die Kabel für dein Handy hast, kannst du das Bild auf deinen Computer laden. Falls sie weg sind, kann Gylfi dir bestimmt helfen.«
    »Wer bewahrt denn schon diese ganzen Handykabel auf?« Im selben Moment, als sie die Frage gestellt hatte, wusste sie, dass sie beide die Antwort kannten: Matthias. Schnell fügte sie hinzu: »Wir sehen uns dann in zehn Minuten.«
    Bevor Dóra das Büro verließ, suchte sie noch einmal die Fotos vom Tatort heraus, um sich zu vergewissern, dass das kleine Foto tatsächlich von Friðleifurs Leiche war. Zum Glück war es eines der ersten, die sie herausholte, so dass sie sich nicht noch einmal den ganzen Horror antun musste. Es bestand kein Zweifel daran, dass es sich nicht nur um dasselbe Motiv handelte – es war sogar genau dasselbe Bild. Wer zum Teufel hatte Zugang zum Fotoarchiv der Polizei, und warum hatte der ihr das Bild geschickt?
     
    »Das ist der Mörder, und er versucht, dir Angst einzujagen.« Die Mundwinkel von Dóras Mutter zogen sich bis zum Kinn hinunter. »Du gibst diesen Fall besser ab, bevor er kommt und unser Haus in Brand steckt.«
    Dóra verdrehte die Augen. »Wie wär’s, wenn wir dieses Thema beim Essen mal aussparen würden?« Sie lächelte Sóley und den kleinen Orri an, die mit großen Augen zuhörten. Leider hatte ihre Mutter Matthias und Gylfi dabei überrascht, wie sie versuchten, das Foto vom Handy auf ihren Laptop zu laden, genau in dem Moment, als das Bild in voller Größe auf dem Bildschirm aufploppte. Dann hatte sie so lange gequengelt, bis Dóra den Fall erläuterte, und konnte sich jetzt nicht mehr beruhigen.
    »Kommt ein Mörder und bringt uns um?« Sóley legte ihre Gabel ab. »Wow, cool.« Dann wurde ihr klar, worum es ging, und sie fügte hinzu: »Oder auch nicht.«
    »Mörrrrer.« Orri war noch zu klein, um die Bedeutung des Wortes zu verstehen, aber schon groß genug, um zu merken, dass es etwas Bedrohliches war und somit zu den spannenden Dingen wie Dinosauriern und Krokodilen zählte.
    »Natürlich nicht. Oma hat nur einen Witz gemacht.« Dóra sah, dass Sóley dieser Erklärung keinen Glauben schenkte, und fügte hinzu: »Mach dir keine Sorgen, es kommt kein Mörder zu uns.« Sie warf ihrer Mutter einen wütenden Blick zu. »Und jetzt iss zu Ende, mein Schatz.«
    Gegen Ende der Mahlzeit war Sóley wieder guter Dinge, zumal die Erwachsenen darum gewetteifert hatten, fröhlich über andere Themen zu reden. Dóra wartete, bis die Kleine im Bett war und ihre Eltern vor dem Fernseher saßen. Dann schaute sie sich das Foto noch einmal an. Matthias setzte sich neben sie an den Küchentisch und schüttelte den Kopf, nachdem er eine Weile schweigend auf den Bildschirm gestarrt hatte. »Das ist wirklich seltsam. Ob der, der dir das geschickt hat, nicht wusste, dass du sämtliche Unterlagen zu dem Fall hast?«
    »Gute Frage. Mir fällt wirklich niemand ein, der so was machen könnte. Warum schickt mir jemand so was?«
    »Wie gesagt, vielleicht weiß der Absender nicht, dass dir die Fotos zur Verfügung stehen.« Matthias wandte sich vom Bildschirm ab. »Aber ich verstehe trotzdem nicht, was das soll. Vielleicht will dir jemand Angst einjagen, wie deine Mutter eben beim Essen so nett formuliert hat. Vielleicht sollte man erst mal überlegen, wer Zugang zu den Fotos hatte. Die Bildqualität sieht nicht so aus, als wäre es ein Originalfoto. Wahrscheinlich ist es eingescannt worden.«
    »Da kommen ziemlich viele Leute in Frage: neben den ermittelnden Beamten noch der Richter, die Staatsanwaltschaft und Jakobs Verteidiger. Ari hat Jakobs Mutter einen Teil der Unterlagen in Kopie gegeben, aber da war das Foto nicht bei. Ich weiß nicht, was ihm das bringen sollte, mir das Bild per SMS zu schicken.

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