Feuerprinz
zurückerhielten. Degan gefiel, was er tat. Er hasste die gefühllosen Geschöpfe des Muruk ebenso, wie er die Greife in ihrer ursprünglichen Gestalt als seine Sippe ansah. Der Greif begann sich auf dem Boden zu winden und sich zu krümmen – die Verwandlung stand kurz bevor.
»Geh … und versteck dich!«, rief Degan dem verängstigten Mädchen zu, das ihn anstarrte. Dann rannte sie schreiend die Straße hinab, um in einer Schenke Schutz zu suchen.
Degan erlaubte sich ein bitteres Lächeln. Sie fand ihn bedrohlich mit seinen langen Haaren und dem Greifenschurz, obwohl er sie gerade gerettet hatte – ein weiteres Zeichen für Degan, dass er nicht hierher gehörte.
Er wartete nicht, bis die Verwandlung des Greifen vollendet war, und rannte zurück zur Sandflussbrücke. Immer mehr Engilianer, Männer und Frauen, drängten hinauf in die Tempelstadt, um dort vor den Angriffen der Greife und Schjacks Zuflucht zu suchen.
»Versteckt euch in Salas Tempel!«, rief Degan den Fliehenden zu, doch sie drängten sich an ihm vorbei und rannten weiter. Nur einer nahm sich die Zeit, ihm zu antworten. »Salas Tempel ist verschlossen. Die Priesterinnen werden dort gefangen gehalten, bis sie dem dunklen Gott geopfert werden. Elven wird uns alle töten!«
»Wenn ihr nicht in Salas Tempel könnt, dann kämpft eben für die Freiheit Engils!«
»Wir können nicht kämpfen – wir sind keine Krieger!«, schrie er, während ein anderer über seinen Vorschlag nachdachte, aber dann von seiner Gefährtin fortgezogen wurde.
Degan gab auf und ließ sie ziehen. Er dachte an Dawon. Degan tat es für ihn, er würde Engil allein um seinetwillen retten. Die Greife hatten seinen Vater vor seinen Augen verschleppt, weil erihnen einst den Befehl dazu gegeben hatte. Er allein trug die Schuld an Dawons Schicksal, und Degan wollte nicht, dass es umsonst gewesen war. Seine Greife traf keine Schuld – sie vertrauten ihm und taten, worum er sie bat. Sie waren seine Sippe! Nein, der Tod Dawons war allein seine Schuld!
Eine schmale Hand griff nach seiner und versuchte, ihn weiterzuziehen. »Du bist Degan, der Halbgreif!«
Er wandte sich zu der jungen Frau um und konnte kaum glauben, was er sah. »Salas Tränen!«
Die junge Frau legte schützend die Hand auf die Kette und sah ihn flehend an. »Lin hat sie mir gegeben. Ich bin Jevana, die zweite Priesterin Salas. Wir müssen ihr helfen. Sie ist in Salas Tempel eingeschlossen.«
Degan wusste, dass er Lin trotz seines Widerwillens nicht ihrem Schicksal überlassen konnte. Auf dem Weg in die Tempelstadt erzählte Jevana ihm in knappen Sätzen, wie Lin die Gabe der Göttin eingesetzt hatte, um einige der engilianischen Männer von Elvens Bann zu befreien. »Ich bin sicher, Elven versteckt sich in seinem neuen Tempel. Niemand hat ihn seit Braams Verschwinden zu Gesicht bekommen. Wir müssen Lin beschützen – sie ist die Göttin!«
Degans Jähzorn schwemmte seine Beherrschtheit fort. »Lin ist nicht die Göttin … Die Göttin benutzt sie nur, wie Götter die Menschen immer benutzt haben. Wie der dunkle Gott den armen Kerl benutzt hat, dessen Körper er sich gestohlen hat! Ihr Menschen räumt den Göttern viel zu viel Gewicht ein, dabei schert sie überhaupt nicht, was aus euch wird.«
Jevana hob die Brauen, überrascht über seine schroffen Worte. Sie wollte etwas erwidern, aber riss im nächsten Augenblick die Augen auf und wies mit zitterndem Finger auf einen Punkt hinter ihm.
Degans Greifeninstinkt war geweckt. Er fuhr herum und blicktein die Augen Suragons. In seiner Hand hielt der Greifenführer die Silberpeitsche, mit der Degan bereits Bekanntschaft gemacht hatte. Suragon ließ die Silberketten wie zur Erinnerung mit einer fließenden Bewegung durch die Luft sirren. »Degan ist zurückgekehrt. Dieses Mal wird Suragon den Kopf des Halbgreifen bekommen.«
Ehe Degan etwas hätte erwidern können, schossen die Silberketten auf ihn zu, bereit, sich um seinen Brustkorb zu winden. Doch Degan war vorbereitet und sprang mit einem geschmeidigen Sprung zur Seite. Die Ketten verfehlten ihn und pflügten stattdessen den Sand des Tempelplatzes.
Jevana schrie, und Degan brüllte sie an, sie solle sich verstecken. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, dass sie hinter Salas Tempel floh, dann galt seine gesamte Aufmerksamkeit wieder dem Greifenführer. Suragon stieß sich ab und schoss in die Luft. Von dort aus versuchte er, Degan zu attackieren, der ohne Schwingen in der schlechteren Position war. Suragons
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