Feuerprinz
neben Elven her, ihr Kopf fühlte sich leer an. Warum sagte er nicht endlich etwas … stellte sie zur Rede? Seine Gegenwart war ihr unangenehm, und sie hätte nur zu gerne eine Gelegenheit genutzt, in der Menschenmenge unterzutauchen. Später konnte sie behaupten, sie hätte ihn aus denAugen verloren. Doch sie spürte, dass Elven das nicht zulassen würde. Also ging sie weiter neben ihm her.
Nach einer ganzen Weile blieb sie stehen und sah sich um. Sie hatten sich ziemlich weit vom Festplatz entfernt. Mittlerweile war es dunkel geworden, und die Nacht war hereingebrochen.
Ihr Herz setzte aus, als sie erkannte, wohin ihr selbstvergessener Weg sie geführt hatte. »Wir müssen sofort umkehren!« Lin fiel es schwer, ihren Schrecken zu verbergen, während Elven überrascht die Brauen hochzog. »Warum?«
Elven konnte es nicht wissen, doch der leere Platz, auf dem die quadratischen Reste der Mauern standen, die verwitterten Steine, die noch überall herumlagen … alles an diesem Ort strahlte Bedrohlichkeit aus. Sie zog ihn am Arm, damit er den Ernst der Lage verstand. »Wir sollten nicht hier sein!«
Elven blieb jedoch stehen und scharrte, neugierig geworden, mit dem Fuß im Sand, wobei er einen verwitterten Stein mit einer Ziffer freilegte. Stirnrunzelnd sah er sie an. »Warum sollten wir hier nicht sein? Was ist denn das hier?«
Lin sah auf den Stein hinunter, den Elvens Fuß von Sand und Flechten befreit hatte, und erschauderte. Die Haare in ihrem Nacken richteten sich auf angesichts der schrecklichen Vergangenheit, die Elven so unbedacht mit seiner Sandale freigelegt hatte. »Muruks alter Opferkreis …«
Elven hob überrascht den Kopf und sah sie an. Irgendwie machte ihn diese Geste vertrauter. »In Engil wurde der dunkle Gott verehrt?«
Lin schlang die Arme um ihren Leib. Sie wollte endlich fort. »Nein, Engil war immer Salas Stadt, und ich habe auch keine Opferungen mehr für den dunklen Gott in Engil miterlebt. Aber meine Mutter Ilana war eine Königin des Schwesternthrones … die letzte.«
Als fürchte er auf einmal Engils Geschichte, bedeckte Elven den Stein wieder mit Sand.
»Hier stand Muruks Tempel …«, erklärte sie überflüssigerweise und wies auf das herumliegende Geröll und die verwitterten Steinblöcke.
Unvermittelt nahm Elven ihre Hand, und Lin war einmal mehr überrascht, wie heiß sie sich anfühlte. Plötzlich war er es, der sie weiterzog. »Dann lass uns gehen. An einem solchen Ort sollten wir wirklich nicht sein.«
Sie umrundeten den Opferkreis, schlugen den Weg zurück in Richtung der Lagerhäuser von Salas Tempel ein und setzten sich dann auf einen verwitterten Baumstamm bei den Tempelspeichern. Lin atmete auf; ja, hier war es besser. Dieser Ort gehörte Sala, und die Feiernden tummelten sich in Hörweite vor dem Tempel und auf dem Tanzplatz. Trotzdem waren sie fast allein. Nur einige Jungen und Mädchen, die zu jung für Salas Liebesfest waren, verteilten Fackeln, die sie in den Boden steckten, und entzündeten die vorbereiteten großen Holzfeuer, damit sich kein Betrunkener verlief oder gar stürzte. Lin starrte auf die brennenden Holzstöße, die ihre und Elvens Gestalt in warmes Licht tauchten.
Meide das Feuer, ruf es nicht herbei …
, hallten die Worte der Waldfrau in ihrem Kopf nach, während sie zusah, wie die Flammen gierig an den Holzscheiten emporzüngelten.
Lin wusste, dass die Zeit für das unausweichliche Gespräch gekommen war. »Ich muss mich bei dir bedanken … dafür, dass du mich nicht verraten hast bei Tojar und Ilana. Ich war nicht sehr freundlich zu dir.«
Kurz schien Elven über seine Antwort nachzudenken, dann sah er sie stirnrunzelnd an. »Du wirst deine Gründe gehabt haben.«
Ungehalten schüttelte sie den Kopf, so dass ihr der Kranz ausWaldblumen vor die Füße fiel. »Nein … ich bin die Hohepriesterin Salas, es gibt keine Entschuldigung … nicht für mich.«
Er lachte, während er sich nach dem Blumenkranz bückte und ihn ihr wieder aufs Haar setzte. Lin zuckte zusammen, als er ohne Vorwarnung ihre Wange berührte. Diese Berührung war nicht zufällig gewesen! Sie brachte nur ein nervöses Lächeln zustande. Elven sah sie ernst an. Viel zu ernst für ein unverfängliches Gespräch, wie sie fand. »Auch eine Hohepriesterin kann gute Gründe haben.«
Warum sah er sie so an, also wüsste er um ihre tiefsten Geheimnisse? Für einen kurzen Augenblick verspürte Lin das Bedürfnis, Elven von ihrer Vision und ihren Ängsten zu erzählen und ihn bis
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