Feuerprinz
wirst.«
Sie verbarg ihre Panik hinter einer Maske des Gleichmuts. Er würde es nicht verstehen, dass sie keine Kinder wollte. Wie hätte er das auch verstehen sollen? Sie liebte ihn nicht … ihr blieb nur der heimliche Weg zu den Waldfrauen, wenn sie keine Kinderwollte. Die uralten Frauen kannten Zauber und Tränke, unerwünschte Schwangerschaften zu verhindern.
Sie schenkte Elven ein Lächeln, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Gleich morgen würde sie zu den Waldfrauen gehen – und Elven durfte es niemals erfahren.
Vay trödelte herum, seit sie Engil verlassen hatten, während es Lin schwerfiel, ihre Ungeduld zu verbergen. Sie wusste von einer Waldfrau, die nahe an der Grenze des Isnalwaldes lebte, weil sie ab und zu Handel mit Engil trieb. Der Weg zu ihr war relativ sicher, da er am Waldrand entlangführte. Zu ihr wollte Lin gehen und hoffte, dass es nicht die gleiche Alte war, die ihr auf Salas Sonnenwendfest die unglückselige Prophezeiung überbracht hatte.
Vay verstand die Eile nicht. Ihre Angst vor herumstreunenden Schjacks war vergessen. Für sie bot der überraschende Ausflug eine willkommene Abwechslung. Im Wald gab es die unterschiedlichsten Beerensträucher, bei denen sie immer wieder stehen blieb, um ihren mitgenommenen Beutel zu füllen. Lin bemühte sich um Nachsicht – Vay war ja fast noch ein Kind. Außerdem glaubte sie, Lin wolle Heilkräuter bei der Waldfrau tauschen. Ausgelassen erzählte ihr Vay von den Reisen, die sie mit ihrem Vater unternommen hatte, wies auf bunte Vögel und stellte Fragen, ohne eine Antwort zu erwarten.
Schließlich war Lin mit ihrer Geduld am Ende, denn es war bereits später Vormittag. »Ich möchte zurück sein, bevor Elven misstrauisch wird«, fuhr sie ihre Dienerin schärfer an, als sie gewollt hatte, da Vay schon wieder stehen blieb, um irgendetwas zu tun, dessen Sinn sich Lin entzog.
Vay reagierte mit einem Schmollen. »Wie du meinst.« Trotzig ließ sie die gesammelten Beeren fallen und trottete schweigsam hinter Lin her.
Lin genoss die plötzliche Ruhe. Für eine Weile gab es nur das Zwitschern der Vögel und das Rauschen des Sommerwindes in den Blättern. Irgenwann hielt Vay es nicht mehr aus. »Warum soll Elven nicht misstrauisch werden? Darf er denn nicht wissen, dass du zu einer Waldfrau gehst?«
Lin überlegte, Vay anzulügen, ahnte aber, dass sie ihr eine glaubhafte Antwort auftischen musste. Aber was für eine glaubhafte Antwort gab es außer der Wahrheit? Konnte sie Vay vertrauen? Lin blieb stehen und sah das Mädchen lange an, bevor sie antwortete: »Weil ich einen Zauber brauche, um eine Schwangerschaft zu verhindern.«
Vay hob überrascht die Brauen. Es war nichts Ungewöhnliches oder gar Schlimmes daran, dass eine Frau sich dafür entschied, nicht schwanger zu werden. Doch bei Lin sahen das viele der Engilianer anders. Sie war die Prinzessin von Engil und damit verpflichtet, für Nachkommenschaft zu sorgen. So dachte auch Vay. Verlegen suchte sie nach Worten. »Also … aber …«
»Bitte, Vay«, bat Lin sie leise, »… es ist ja nur für eine Weile. Die ganzen Ereignisse des letzten Mondumlaufes. Es ist noch nicht die richtige Zeit.«
Vay nickte steif. »Ich verstehe deine Besorgnis, aber ich bin davon überzeugt, dass Elven dich und eure Kinder zu schützen weiß.« In ihrer Stimme lag eine unterschwellige Schärfe.
Lin hob die Brauen, als sie den deutlichen Vorwurf aus Vays Worten heraus hörte. Ihre Dienerin verschränkte ablehnend die Arme vor der Brust. Vay hatte sich an diesem Tag eine Waldblume hinter das linke Ohr gesteckt. Mit ihren runden Wangen und den offenen Haaren wirkte sie kindlich. Lin brauchte einen Augenblick, um ihr Bild von Vay neu zu ordnen und ihren eigenen Fehler zu erkennen. Sie hätte sich selbst ohrfeigen können, als es ihr klar wurde. Vay war verliebt … in Elven, und sie war eifersüchtig aufLin. Es gab nichts Schlimmeres für eine Frau als eine eifersüchtige Rivalin.
»Schwöre bei Salas Licht, dass du mich nicht verrätst.« Lin begriff, dass die Zeit, da sie Vay hatte vertrauen können, vorüber war.
Auch Vay schien zu spüren, dass Lin ihr Geheimnis erraten hatte. Trotzig starrte sie auf ihre Füße und nickte unwillig. »Ich schwöre es bei Sala!«
Für den Rest des Weges war die Stimmung zwischen ihnen wie eingefroren. Am frühen Mittag entdeckte Lin endlich die Hütte der Waldfrau. Sie schnupperte – ein kaum wahrnehmbarer Rauchfaden zog ihr in die Nase, angereichert mit dem starken Duft von
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