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Feuerprinz

Feuerprinz

Titel: Feuerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vollführte abweisende Bewegungen mit den Händen, wobei sie ihr immer wieder »Ksch, ksch …« zurief, wie einer Katze, die sie verscheuchen wollte. Sie verfiel erneut in ihren Singsang. »Tochter von Engil, die du bist zwei, meide das Feuer, ruf es nicht herbei!«
    »Das habe ich schon einmal gehört«, rief Lin aufgebracht und sprang auf. »Sag mir, was das bedeutet!«
    Die Alte stemmte sich hoch auf ihre krummen Beine. Sie ächzte und stöhnte. Der Knochenschmuck, den sie als Leibgurt um ihr Gewand geschlungen hatte, klapperte bei jeder ihrer Bewegungen, was Lin sofort einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Zu sehr erinnerte sie dieses Geräusch an die Schjacks.
    Mit ihrem Finger wies die Waldfrau auf einen Punkt in Lins Rücken. »Nimm dich vor ihr in Acht, ihr Herz ist voller Neid.«
    Lin wandte sich um. Versteckt hinter einem Baum stand Vay, den Beutel mit den gesammelten Kräutern in der Hand. Vay hatte sie beobachtet. Wie lange sie bereits dort stand, konnte Lin nicht sagen. Leise raunte sie der Waldfrau zu: »Sie hat einen Schwur geleistet – auf Sala.«
    Die Alte lachte und hustete gleichzeitig vom Rauch ihrer Pfeife. Bevor sie in ihrer Hütte verschwand, entblößte sie noch einmal ihre gelben Zahnstummel und grinste. »Einen Schwur auf Sala, sagst du … nun denn, viel Glück, Lin, Tochter von Engil!«
     
    Braam wandte seinen Blick vom Kadaver ab, der von zwei Männern die Stufen von Salas Tempel heruntergezogen wurde. Wie um die Göttin zu verspotten, hinterließ der zerfetzte Körper des Falbrindkalbes eine Blutspur auf den Tempelstufen und wurde von Fliegen umschwärmt, sobald er in der prallen Sonne des Tempelplatzes lag. Salas Priesterinnen, angeführt von Jevana, hielten sich die Hände vor den Mund, als der Kadaver an ihnen vorbeigeschleift wurde.
    Verweichlichte Weiber!
Braam bedachte sie mit einem Grinsen, das er sich nun, da er in Elvens Gunst stand, erlauben konnte. Das Vieh musste sein Vater nun allein versorgen, und Braam wollte, dass es noch eine Weile so blieb. Dann würde er Elven bitten, auchden Alten vom Bauernstand zu erlösen. Doch der süße Geschmack von Macht gehörte ihm allein, und sein Vater sollte das spüren.
    Am Rand des Tempelplatzes entdeckte er plötzlich Lins schwarzes Lockenhaar. Auf sie hatte er schon den gesamten Tag gewartet. »Salas erste Priesterin geruht zurückzukehren«, genoss er seinen laut vorgetragenen Spott. Er wies mit dem Finger auf Lin, die ahnungslos auf die Versammlung vor Salas Tempel zugelaufen kam. Hinter ihr trottete die kleine Stechmücke von einer Dienerin. Alle Köpfe wandten sich in Lins Richtung, die mit fragenden Augen in die Runde schaute.
    Braam wartete nicht, bis Lin verstand, was vor sich ging. »Während du dich herumgetrieben hast, ist Salas Tempel geschändet worden!«
    Sie sah ihn aus großen Augen an, und ihre Sprachlosigkeit war eine Genugtuung für ihn. Er wies einen seiner Untergebenen an, Elven zu holen, der im Palast ungeduldig auf die Rückkehr seiner Gefährtin wartete. Braam verschränkte zufrieden die Hände hinter dem Rücken. Ob Lin bemerkte, dass seine Beinkleider neu und sein Hemd von guter Machart waren? Sah sie, dass er nicht mehr länger der Ausgestoßene war? Braam hoffte auf einen Heulkrampf oder Wutausbruch – irgendetwas Weibisches, was er ihr zum Vorwurf machen konnte. Doch Lin blieb ruhig und schickte stattdessen die verängstigte Vay mit einem Nicken fort. Die kleine Stechmücke ließ sich nicht lange bitten und rannte hinauf zum Palast.
    »Wo warst du?«, fragte Braam weiter, in der Hoffnung, Lin zu zermürben.
    Ihre Unsicherheit verwandelte sich in Trotz. »Was nimmst du dir heraus?«
    Braam genoss sein kleines Spiel. Sie hatte etwas zu verbergen,auch wenn er nicht wusste, was. Aber sie hatte ihre Finger ineinander verschränkt, damit er ihr Zittern nicht sah. So benahmen sich Weiber, die etwas ausgefressen hatten. Seine Augen folgten der Dienerin, die soeben in den Palastgärten verschwand. Zur Not würde er die Wahrheit aus ihr herausquetschen wie den Saft aus einer reifen Frucht. Selbstbewusst wandte er sich wieder Lin zu. Doch die zweite Priesterin kam ihr überraschend zu Hilfe. Fast wie ein Mann stellte Jevana sich neben Lin und sah ihn herausfordernd an. »Du sprichst mit Salas Hohepriesterin, Bauer!«
    Braam zuckte zusammen. Offiziell hatte Elven ihn noch nicht vom Bauernstand befreit. Das elende Weib wusste das und war nicht so leicht zu verunsichern wie die sanftmütige Lin.

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