Feuerprinz
verstehen wirst. Aber du wirst mir vertrauen, denn sie sind nötig.«
»Was für Entscheidungen?« Lin fühlte sich mehr als unbehaglich.
Elven lächelte ein schmales, wie Lin fand, unehrliches Lächeln. In diesem Augenblick verwandelte sich ihre Abneigung in tiefe Abscheu und ihr Unbehagen in nagende Angst. Ihr wurde klar, was sie die ganze Zeit zu verdrängen versucht hatte. Sie war die Gefangene des Mannes, den sie zum Gefährten gewählt hatte.
Ein Haus von Blut und Asche
Elven hatte nicht übertrieben. Bereits am Morgen nach ihrem Streit in den Gärten verkündete er seine Pläne, die allein Engils Schutz dienen sollten. Zu diesem Zweck hatte er beschlossen, den Tempel des Blutgottes wieder aufbauen zu lassen! Lin hatte ihn angefleht, von diesem unsinnigen Plan abzulassen. Doch Elven hatte nur geheimnisvoll gelächelt und erwidert: »Ich sagte dir, dass du es nicht verstehen würdest.«
Seit einem Mondumlauf trugen die Männer nun schon auf Elvens Geheiß die Steine des alten Bluttempels zusammen, welche sie erst vor weniger als zwanzig Jahresumläufen abgetragen hatten. Jene Steine, die bereits von der Zeit zerstört worden waren, sollten später durch neue ersetzt werden.
Lin hoffte insgeheim, dass Elven bald mit einem Trupp ins Taligebirge aufbrechen würde, um das Schlagen neuer Steine für den Tempel selbst zu überwachen. So gäbe es für sie eine Möglichkeit, noch einmal den Rat der Waldfrauen einzuholen und sie um Hilfe zu bitten, die Errichtung eines neuen Bluttempels für den dunklen Gott zu verhindern.
Bisher begnügte sich Elven allerdings damit, die vorhandenen Steinquader verbauen zu lassen und den Fortgang der Arbeiten in Engil zu beobachten.
Wie um sie zu bestrafen, hatte er Salas Tempel schließen lassen und erlaubte ihren Priesterinnen nicht mehr, ihn zu betreten. Er ließ verbreiten, dass Salas Tempel von Muruk verflucht worden sei– erst wenn der Zorn des dunklen Gottes gestillt sei, dürfe der Tempel Salas wieder geöffnet und ihr Geschenke dargebracht werden. Allein aus diesem Grund, so versicherte er den verängstigten Engilianern, mussten sie Muruks Tempel wieder aufbauen. Der Gott forderte seinen eigenen Tempel in Engil und einen Platz, an dem er verehrt wurde.
Seit Tagen beobachteten Lin und Jevana besorgt den Fortgang der Arbeiten an Muruks neuem Tempel; meist versteckten sie sich hinter den Getreidespeichern und sahen zu, wie der Bluttempel langsam wuchs.
In ihrem Versteck hinter dem Getreidespeicher stieß die zweite Priesterin Lin in die Seite. Ihre Stimme troff vor Verachtung. »Zweifelst du noch immer daran, dass Elven ein Diener des Blutgottes ist? Ich frage mich, was er als Nächstes tun wird; Salas Tempel niederreißen und die Steine in seinem neuen Bluttempel verbauen?«
Lin fuhr erschrocken zu ihr herum und schüttelte den Kopf. Sie bemühte sich, überzeugt zu klingen, doch es gelang ihr nicht. »Das wird er nicht wagen.«
Jevana rieb sich die Unterarme, als wäre ihr kalt – eine Geste der Hilflosigkeit. Hastig zog sie Lin in den Schatten des Silos, weil eine Gruppe Engilianer mit einem Falbrindkarren vorbeiging. Die Männer schienen sorglos; keinem der Arbeiter schien es etwas auszumachen, dass Elven sie einen Tempel für den dunklen Gott errichten ließ, in dem er Blutopfer … Menschenopfer … abzuhalten gedachte.
Lin runzelte die Stirn. Um sie bei Laune zu halten, ließ Elven diesen faulig schmeckenden Gewürzwein unter ihnen verteilen, welchen er die Engilianer gelehrt hatte zu keltern. Sie tranken ihn, als wäre er Wasser. Bei dem Gedanken an das Gebräu verzog Lin angeekelt den Mund. Vielleicht waren die Männer ständig betrunken,dass sie so bereitwillig an Elvens neuem Tempel bauten. Aber das alles schien keine wirkliche Erklärung für das selbstvergessene Verhalten der Männer zu sein. Alle waren sie mit ihren Gedanken ganz woanders, und ihre Blicke schweiften umher, ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Sogar einige der Diener im Palast waren ungewohnt fahrig. Sie verrichteten ihre Arbeit und gingen dabei aneinander vorbei, ohne Blicke oder gar Worte zu wechseln. Der Palast war unheimlich still geworden, wo er früher von fröhlichen Stimmen und Lachen erfüllt gewesen war. Erst gestern hatte Ilana lächelnd bekundet, dass es klug von Elven war, dem Gott einen neuen Tempel zu errichten.
Lin war entsetzt gewesen, diese Worte aus dem Mund ihrer Mutter zu hören, da gerade sie die Schrecken des Schwesternthrons und Muruks Blutherrschaft am eigenen
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