Feuerprinz
Dawon sehr. Er war so anders als diese gefühllosen Kreaturen.« Sie seufzte müde. »Meine Kopfschmerzen bringen mich um. Jeden Tag plagen sie mich, so dass ich keinen klaren Gedanken fassen kann. Sie sind wie Nebel, der mich umhüllt. Deshalb bitte ich dich … lass uns über etwas Schönes sprechen … die Vögel, die Blumen oder ein neues Gewand.«
Lin ging vor ihrer Mutter in die Knie, wobei sie aus Versehen Ilanas Silberkelch umstieß. Schwarzer dickflüssiger Gewürzwein sickerte in die Fugen zwischen die Bodenplatten. Sofort stieg ihr der faulig gärige Geruch des Weines in die Nase. Seit ihrem Verbindungsfest tranken alle im Palast diesen furchtbaren Wein, den Lin nicht einmal riechen konnte, ohne dass ihr übel wurde.
»Warum trinkst du dieses ekelhafte Gebräu?«, wollte sie von Ilana wissen und legte ihre Hände auf deren Knie. Ilana starrte den Fächer in ihrer Hand an. Lin wusste, dass sie nicht aufgeben durfte. »Mutter, hast du gehört, was ich gesagt habe? Elven hat Greife nach Engil geholt, damit sie Steine für den Bluttempel bringen.Als Belohnung hat er ihnen Frauen versprochen … engilianische Frauen.«
Tatsächlich schienen die Worte langsam zum Verstand ihrer Mutter durchzudringen. Sie runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf und hatte offenbar Mühe, das Gesagte zu verstehen.
Lin nahm die Hände ihrer Mutter in ihre und sprach eindringlich weiter. »Mutter, bitte! Du kannst nicht mehr schweigen. Elven hat uns alle getäuscht.«
Die Hände ihrer Mutter begannen zu zittern. Ilana wollte sie ihr entziehen, doch Lin ließ sie nicht los.
Die Stimme ihrer Mutter war kläglich. »Bitte, Lin, ich will das nicht hören!«
Lins Herz schlug schneller. Ilana schien endlich zu verstehen, also drückte sie die Hände ihrer Mutter noch fester … beinahe schmerzhaft. »Verstehst du, was ich sage?«
Ilanas Augen klärten sich. Wie aus einem langen Schlaf erwacht, sah sie sich in ihren Räumen um. Sie schien unsicher, was mit ihr geschehen war. Erstmals schien sie ihre Tochter wirklich wahrzunehmen. »Lin? Alles war so weit fort. Ich konnte dich hören, aber der Sinn deiner Worte blieb mir verborgen. Ist das alles wirklich wahr?«
Lin nickte und konnte nicht verhindern, dass Tränen aus ihren Augen liefen. Es war an der Zeit, die gesamte Wahrheit zu offenbaren. Jevana hatte recht gehabt. Sie hätte es viel früher tun sollen, anstatt Elven zum Gefährten zu nehmen. Sie erzählte ihrer Mutter von ihren Visionen und der falschen Prophezeiung, mit der sie Elven zum Prinzen von Engil gemacht hatte. Es tat gut, endlich die Wahrheit zu sagen. »Ich habe gelogen. Aus Angst … ich glaubte, wenn ich Elven zum Gefährten nehme, würde das Engil Schutz bringen und ich könnte meine Visionen verheimlichen. Ich bin furchtbar dumm gewesen.«
Ihre Mutter stand auf und warf den Fächer beiseite. Je länger Lin gesprochen hatte, desto wacher war Ilanas Verstand geworden. Der Stumpfsinn war aus ihren Augen verschwunden. Sie ging ein paar Schritte auf und ab und blieb dann stehen. »Meine Kopfschmerzen sind fort, ebenso wie der Nebel, der mich in meinen Tagträumereien gefangen hielt.« Aufgeregt wandte sie sich ihrer Tochter zu. »Vielleicht hast du recht … vielleicht hat Muruk Elven tatsächlich mit Gaben ausgestattet, und Engil liegt unter einem Zauberbann.« Ilana ging zu ihrer Truhe und zerrte ein Gewand hervor. Lin musste ihr beim Ankleiden helfen, während ihre Mutter sich von ihr erzählen ließ, was im letzten Mondumlauf geschehen war. Lin verschwieg auch ihre Angst vor Elven und seine Gewalttätigkeiten ihr gegenüber nicht. »Er verbirgt sein wahres Wesen vor uns allen, aber an diesem Tag im Garten hat er es mir offenbart.«
Während Ilana ihr zuhörte, kämmte sie sich das Haar mit solch zorniger Inbrunst, dass Lin Angst bekam. Schließlich warf sie den Kamm aus geöltem Holz an die Wand, wo er zerbrach. Ilana war zornig. »Ich werde Elven sagen, dass eure Verbindung gelöst ist. Engil gehört nicht ihm. Meine Tochter gehört ihm nicht! Wir brauchen keine Greife, und wir brauchen auch keinen Bluttempel – ich kann mich gut daran erinnern, wie es einst war. Engil ist eine Stadt Salas und steht unter ihrem Schutz. Wie kann er es wagen, Salas Tempel zu schließen und dem Greifenpack Frauen anzubieten?«
Lin versuchte ihre Mutter zu beschwichtigen. »Du kennst Elven nicht. Er ist gefährlich. Ich halte es für falsch, ihm zu drohen. Wir sollten die Waldfrauen um Hilfe bitten – heimlich.«
Ilana
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