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Feuerprinz

Feuerprinz

Titel: Feuerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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diesem Lockzauber täuschen lassen? Ihre Arme begannen zu schmerzen, und eine kalte Unterströmung ließ ihre Beine erlahmen. Verzweifelt versuchte sie weiterzuschwimmen – irgendwo musste das Ufer sein. Sie hustete, als sie einen Schwall Wasser schluckte, und begann zu keuchen. Ein eisiger Sog legte sich um ihre Beine und zerrte an ihr. Lin schlug mit den Armen, holte tief Luft und wurde unter Wasser gezogen.
    Panisch riss sie die Augen auf. Sie musste sofort an die Wasseroberfläche zurück!
    Doch da war er wieder: Ein reiner weißer Lichtstrahl! Angstund Panik fielen von ihr ab – ihr Herz beruhigte sich. Lin wunderte sich, wie klar das Wasser war und wie weit sie sehen konnte. Das Licht schien geradewegs vom Grund des Sees zu ihr herauf zu strahlen; und keine zehn Schwimmzüge unter ihr schwebten zwei vertraute Gestalten und winkten ihr.
    Sie waren durchscheinend, und ihre Gestalten waberten unruhig hin und her. Lin versuchte zu sprechen, wobei Luftperlen nach oben stiegen.
Mutter … Vater!
    Sie streckten ihr die Arme entgegen … Hier unten in der Stille des Sees waren sie wieder lebendig und verhießen ihr Wärme und Geborgenheit.
Lin … Tochter! Komm zu uns, dann bist du nie mehr allein!
    Lin erlag dem Zauber ein weiteres Mal. Warum auch nicht? Er fühlte sich wundervoll echt an. Sie tauchte tiefer. Ihre Eltern kamen näher, streckten die Hände nach ihr aus, doch immer, wenn Lin glaubte, ganz nah bei ihnen zu sein, lösten sie sich auf und tauchten ein Stück tiefer wieder auf. Lin gab nicht auf und folgte ihnen, bis ihre Lungen brannten. Die Wasseroberfläche war nur noch ein ferner Spiegel, aber es war ja nur noch ein kleines Stück. Das würde sie schaffen.
    Der kalte Sog kam plötzlich und überraschend zurück. Er packte sie und zog sie tiefer, zerrte an ihr wie Hunderte oder Tausende von Händen. Lin versuchte sich zu befreien, doch die Kraft des Wassers war zu stark. Die freundlich lächelnden Gesichter ihrer Eltern verschwanden endgültig. An deren Stelle traten bleiche Totengesichter – Krieger in den Trachten Engils und Dunguns aus unterschiedlichen Zeiten. Lin wurde schwindlig. Sie hatte die Toten des Sandflusses schon einmal in ihrer Vision gesehen; doch diese hier trugen noch immer die Wunden des Schlachtfelds. Einigen fehlte ein Arm, anderen hingen Gedärme aus den aufgeschlitzten Bäuchen, wieder anderen klaffte ein riesiges Loch imzertrümmerten Schädel, eine tödliche Verletzung, wie sie nur eine mit Schjackzähnen besetzte Kriegskeule geschlagen haben konnte. Mit weit aufgerissenen Augen und Mündern starrten die Toten ihr vom Grund des Sees entgegen und versuchten, sie zu sich hinabzuziehen.
Komm … komm zu uns, Lin! Hier unten ist der Tod still und ewig, und wen der Sandfluss einmal hat, den gibt er nie wieder her … Du bist unsere Göttin … Sala, für dich sind wir gestorben … Bleib bei uns und leiste uns Gesellschaft in der Ewigkeit.
    Lin versuchte zu schreien, wobei sie die restliche Luft aus ihren Lungen presste. Luftbläschen stiegen zur Oberfläche. Sie sah ihnen hinterher. So weit war sie getaucht? So tief! Ihr wurde klar, dass sie es nicht mehr schaffen würde aufzutauchen. Lin quälte das schmerzhafte Bedürfnis zu atmen.
Lasst mich gehen … Ich bin Lin … Ich gehöre nicht in euer Grab.
    Du bist die Göttin … Um deinetwillen haben wir den Tod in tausend Schlachten gefunden und uns gegenseitig entleibt! Du gehörst uns … Komm und leiste uns in der Ewigkeit des Todes Gesellschaft …
    Neiiiiiin!
Verzweifelt ruderte Lin mit den Armen, doch je mehr sie um sich schlug, desto stärker wurde der Sog, der sie zum Grund des Sees zog. Ihre Arme erschlafften, und sie hörte auf zu verkrampfen und gegen das Ertrinken anzukämpfen.
    Während sie den Mund öffnete und das kalte Wasser in ihre Lungen strömte, sah sie, dass hoch über ihr etwas durch die Wasseroberfläche stieß. Die Stimmen vom Grund des Sees wurden schrill und zornig.
Sie ist unser … Sie gehört uns!
    Mit weit geöffneten Augen starrte Lin dem Wesen entgegen, das ebenso gut tauchte, wie es flog. Sie hatte es schon einmal gesehen! In ihrem Giftwahn hatte sie geglaubt, es sei ein riesiger Vogel gewesen, doch nun erkannte sie, dass es etwas anderes war. Das Wesen besaß Schwingen und einen Kopf mit einem großen gebogenenSchnabel, dazu vier vogelartige Klauenfüße. Doch sein restlicher Körper war der eines Raubtieres mit Fell, und zudem besaß es einen langen Schweif. Lin konnte die Augen nicht von ihm

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