Feuerprinz
sie damit?«, fragte Degan jedoch prompt.
Lin schüttelte etwas zu schnell den Kopf. »Das weiß ich dochnicht! Sie haben versucht, mich umzubringen. Sie erzählen üble Dinge über mich. Ihre Worte sind giftige Lügen!«
Die Alte stützte sich auf einen knorrigen Ast, den sie als Krückstock benutzte, und kam langsam auf sie zu. Lin drückte sich noch tiefer in Belamons fellige Seite, und der Greif fing an, mit dem Schnabel nach der Alten zu hacken, um die offensichtlich verängstigte Lin zu beschützen. Die Waldfrau zischte empört über den liebestollen Greif.
Lin fühlte sich dumm und hätte am liebsten alles zugegeben.
Ja, ich habe Elven vorgespielt, Degan und ich seien Liebende, ich wollte ihn verletzen und mich für den Tod meiner Eltern an ihm rächen!
Belamon verteidigte sie so kompromisslos, dass er die Heilung seiner Schwinge aufs Spiel setzte.
Unglückselige Lin!
Die Waldfrau hatte sich an Belamons Schnabel vorbeigeschoben und stach Lin mit dem Ende ihrer Astkrücke in den nackten Bauch. »Der Name eures Verfolgers ist Suragon, und er ist der neue Anführer der Greife. Er ist gefährlicher als alle seine Vorgänger. Elven hat ihn mit etwas ausgestattet, was Jayamon, den du in Dungun vom Turm gestürzt hast, nicht besaß. Suragon wirst du nicht überlisten können, Tochter von Engil!« Sie wandte sich Degan zu. »Sie hat den Schjack benutzt, um dem Gott Dinge zu zeigen, die sie sich wünscht, aber die es nicht gibt … und jetzt rast er vor Zorn und Eifersucht.«
Degan begriff noch immer nicht, doch die Alte klärte ihn auf. »Der Gott glaubt, dass ihr Liebende seid!«
Der Blick, mit dem Degan sie bedachte, war so vernichtend, dass Lin am liebsten im Erdboden versunken wäre oder sich für immer unter Belamons Schwinge versteckt hätte. Was Degan dachte, brauchte er nicht auszusprechen. Es stand unübersehbar in seinen Augen geschrieben.
Du und ich … wie absurd …
»Er hat meine Eltern getötet«, versuchte Lin sich kleinlaut zu verteidigen.
Degan murmelte Flüche vor sich hin, die unverkennbar ihr galten. Also beschloss sie einen Gegenangriff zu wagen und wies mit dem Finger auf die Waldfrau. »Die alte Waldhenne macht mir Vorwürfe … aber sie wollten
mich
kaltblütig umbringen!«
Die Waldfrau zog ihre Astkrücke zurück und schüttelte heftig den Kopf. »Zwei aus meiner Sippe haben falsch gehandelt, doch sie taten es nicht aus kleinmütigen Rachegedanken! Sie sind ein wenig zu alt geworden … ein wenig verdreht im Kopf …« Die Alte machte eine kreisende Bewegung mit der Hand. »Nona und Dawon haben mit ihnen gesprochen. Es tut ihnen leid, dass sie versucht haben, dich umzubringen.«
»Wie schön«, rief Lin wütend, während Degan sich einmischte. »Wo sind Nona und Dawon?«
Die Waldfrau hob abwehrend die Hände. »Alles zu seiner Zeit, junger Halbgreif. Deinen Eltern geht es gut, sie werden bald hier sein … bis dahin …« Sie bedachte den wehrhaften Belamon mit einem funkelnden Blick. »… haben wir Zeit, uns um diesen verliebten Jungspund hier zu kümmern.«
»Wir haben keine Zeit«, rief Lin aufgebracht und erntete dafür sowohl von der Waldfrau als auch von Degan vernichtende Blicke. Anstatt ihr zu antworten, wandten ihr beide den Rücken zu und ließen sie stehen; selbst Belamon trottete anstandslos hinter ihnen her.
Von einem Augenblick auf den anderen stand Lin allein auf der Lichtung. Plötzlich meinte sie Blicke in ihrem Rücken zu spüren und fuhr herum. Doch da war nichts, nur die Bäume am Rand der Lichtung. Was hatte die Waldfrau gesagt, wie der neue Greifenführer hieß? Suragon! Aber das war absurd. Selbst wenn Suragon sie verfolgte, würde er sich nicht in die Nähe einer Waldfrau wagenoder in Degans Nähe. Lin ballte die Hände zu Fäusten und sah sich noch einmal um. Dann lief sie den anderen hinterher.
Suragon hatte Lin von einem Baum am Rande der Lichtung aus beobachtet. Obwohl ihr Körper schmutzig war, musste er gegen seinen Vermehrungstrieb ankämpfen. Sie duftete verlockend. Aber sie war nicht für ihn! Diese Menschin gehörte seinem Herrn.
Elven hatte ihm etwas geschenkt, als er ihn nachts in den Thronsaal gerufen hatte, der so erbärmlich nach Tod stank, dass selbst Suragons Greifenduft nicht vermocht hatte, den Gestank zu übertünchen. Und doch war es ein großzügiges Geschenk gewesen, das Elven ihm gewährte. Bedächtig hatte er die Haut seines blauschwarz verfärbten Armes mit einem Dolch geöffnet und das schwarze Blut aus seinen Adern in
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