Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
begann die Knoten in ihren Fesseln zu lösen. „Putney“, erwiderte er.
„Oh.“ Während Desirée über diese Information nachdachte, strich sie das zerknitterte Leinen glatt. „Gebt mir Eure Hand“, verlangte sie dann.
Das tat er, und behutsam wickelte sie den Stoff um seine Handfläche und seine Finger. Als sie sah, wie tief die Wunden waren, biss sie sich auf die Lippen. Richtig verbrannt hatten die Flammen ihn wohl nicht, aber er hatte einige Blasen davongetragen, und beim Rudern waren sie aufgerissen. Seit sie Godwin House verlassen hatten, musste er starke Schmerzen erlitten haben. Doch er hatte nicht geklagt und ihr auch keine Vorwürfe gemacht.
„Nein, wartet!“, rief sie, sobald er die Ruder wieder packen wollte. „Wir können das hier nehmen, um die andere Hand zu verbinden.“ Sie löste den Knebel, der noch um ihren Hals hing, und schlang ihn um seine andere Hand, wobei sie seine wunden Finger nur sehr behutsam berührte.
„Danke“, sagte er.
Sie sah auf – und ihm direkt in die Augen. Um seine Hände zu verbinden, hatte sie sich vorgebeugt – und jetzt waren ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. In dem rußverschmierten Gesicht schienen seine blauen Augen geradezu zu leuchten. Sein Blick war ruhig und unerwartet sanft.
Wie ein Ungeheuer sah er im Grunde nicht aus. Eigentlich wirkte er eher wie ein von Schmerzen gepeinigter Mann, der klaglos das tat, was im Augenblick notwendig war. Sie fühlte sich plötzlich schuldig, weil sie so lange gebraucht hatte, um zu bemerken, was er die ganze Zeit durchmachte. Viel früher schon hätte sie sich um seine Hände kümmern sollen.
Ihre Gedanken beunruhigten sie. Sie rückte ein Stück von ihm weg und ärgerte sich über sich selbst. Er hatte sie immerhin gerade gewaltsam aus ihrem Heim entführt. Er verdiente ihr Mitleid überhaupt nicht.
„Warum fahren wir nach Putney?“, fragte sie.
„Weil es sinnvoll ist“, erwiderte er und begann erneut zu rudern. „Meine Hände fühlen sich schon viel besser an“, fügte er hinzu.
Sie nickte, dachte jedoch an andere Dinge. Nun, da sie das Ziel kannte, fragte sie sich schaudernd, was sie dort wohl erwarten mochte.
„Werdet Ihr …, werdet Ihr mich an jemand anderen übergeben, wenn wir dort sind?“, fragte sie vorsichtig.
„Nein.“ Jakob warf ihr einen raschen Blick zu. „Ich werde Euch dort füttern.“
„Mich füttern?“, fragte sie verständnislos.
„Habt Ihr keinen Hunger?“, fragte er. „Ich schon. Mein Plan ist, dort etwas Essbares zu holen, frisches Wasser und Kleidung. Für uns beide. Ihr werdet Euch mit dem bescheiden müssen, was die Haushälterin hergibt. Nur da Ihr Euch gewöhnlich ja wie eine Wäscherin kleidet, denke ich nicht, dass Euch das etwas ausmacht.“
„Ich kleide mich nicht wie …, nur, wenn ich im Garten arbeite!“, erklärte Desirée und strich ihren schmutzigen Rock glatt. Der versengte Oberrock trocknete allmählich, aber das, was sie direkt über der Haut trug, fühlte sich noch immer schrecklich klamm an.
„Ist es Euer Haus?“, fragte Desirée, die sich bei einem Gespräch über ihre Kleidung unbehaglich fühlte. Sie wählte ihre Kleider danach aus, ob sie praktisch waren – und in dem Bewusstsein, dass Eitelkeit nicht zu ihr passte. Sie wollte sich nicht zum Narren zu machen, indem sie die Seiden, Spitzen und Brokatstoffe trug, die zu einer schöneren Frau gehörten. Doch sie beabsichtigte nicht, Jakob das anzuvertrauen. Wenn sie mit ihm sprach – und noch mehr, wenn sie mit ihm stritt –, dann vergaß sie zuweilen, wie sie aussah. Allerdings war ihr klar, dass es ihm ständig bewusst sein musste.
„Nein“, sagte er und unterbrach damit ihre Betrachtungen. „Es ist nicht mein Haus.“
„Erwartet der Besitzer Euch?“
Jakob verzog das Gesicht. „Natürlich erwartet er, dass ich halb nackt über die Themse rudere, um mit ihm heute Abend zu speisen, mit einem schrecklich schlecht gelaunten Frauenzimmer im Schlepptau.“
„Ich bin kein schlecht gelauntes Frauenzimmer! Und da ich nicht nach Euch schlagen darf, solange wir hier im Boot sitzen, solltet Ihr mich nicht beleidigen!“, fügte sie würdevoll hinzu. „Das ist unehrenhaft.“
Er lächelte. „Na schön, Mylady.“
Dann kniff er die Augen zusammen und packte die Ruder fester.
„Ich denke, jetzt bin ich an der Reihe“, erklärte Desirée, die ihr Mitgefühl nicht länger unterdrücken konnte.
„Seid Ihr schon einmal gerudert?“, fragte er.
„Nein. Aber
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