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Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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gleich, da es eine oberflächliche Feststellung war. Doch ihm war nichts Besseres eingefallen und er hatte das Gefühl gehabt, er müsste irgendwas sagen.
    „Er ist ein Idiot!“, erwiderte Geraldine unerwartet heftig.
    Viego sah sie fragend an, da lachte sie.
    „Natürlich ist er nett, ich habe nur einen Witz gemacht! Was ist mit deinem Gepäck?“
    „Ich habe keins“, sagte Viego.
    Er war von zu Hause weggelaufen, gegen den Willen seiner Mutter. Er hatte beschlossen, auf diese Menschenschule zu gehen, obwohl er ein Halbvampir war und alle Wesen, die er kannte, ihre Hände, Klauen und Pranken über dem Kopf zusammengeschlagen hatten, als er ihnen von seiner Idee erzählt hatte. Er war mit leeren Taschen und ohne Gepäck angereist. Er besaß nichts, nicht mal einen guten Ruf.
    „Kein Gepäck?“, fragte sie.
    Wenn Viego hätte erröten können, hätte er es nun getan. Doch er war ein blasser Halbvampir mit einer Sorte Blut im Körper, die einem nicht in den Kopf steigt.
    „Nein, ich besitze nichts.“
    „Gar nichts? Ich kann dir was borgen“, sagte Geraldine. „Du kannst meine zweite Zahnbürste haben und … ich weiß nicht, einen Kamm, Bücher, Stifte … Sag mir einfach, was du brauchst!“
    Viego traute seinen Ohren kaum. In diesem Moment kam auch Gangwolf zu ihnen zurück.
    „Wie heißt du?“, fragte Geraldine den Halbvampir. Dabei würdigte sie Gangwolf, der mit ihrem Koffer vor ihr stand, keines Blickes.
    „Viego. Viego Vandalez.“
    „Freut mich. Ich bin Geraldine!“
    „Das weiß er schon“, sagte Gangwolf.
    „Du solltest mit Viego in ein Zimmer gehen, Gangwolf, und deine Sachen mit ihm teilen. Er hat nichts!“
    „Nein, nein“, sagte Viego schnell, „das ist nicht nötig!“
    „Natürlich helfe ich dir aus“, versicherte der strahlende Gangwolf. „Komm, wir lassen uns für ein gemeinsames Zimmer einteilen! Das ist dir doch recht, oder?“
    Viego nickte und Gangwolf schritt voran ins Innere der Festung, immer noch mit beiden Koffern in der Hand, seinem eigenen und dem von Geraldine.
    „Gehen wir?“, fragte Viego, da sich Geraldine nicht von der Stelle rührte.
    „Ja, natürlich“, sagte sie und blieb immer noch stehen.
    „Ist alles in Ordnung?“, fragte Viego.
    Sie schaute ihn an wie ertappt und lächelte traurig.
    „Alles wunderbar“, sagte sie, ohne fröhlicher zu werden oder das Rätsel ihrer Beklommenheit zu lösen. „Gehen wir.“
    Erst Jahre später erfuhr er, was sie an diesem Tag bedrückt hatte, und warum sie auf Gangwolf so schlecht zu sprechen gewesen war. Es war nämlich Gangwolf gewesen, der darauf bestanden hatte, dass er und Geraldine so taten, als hätten sie sich erst im Kutschbus kennengelernt. Geraldine, die es hasste, die Unwahrheit zu sagen oder andere zu täuschen, wollte niemandem vorspielen, dass sie ein Kind aus Amuylett sei. Sie sah keinen Vorteil darin, ein Geheimnis aus ihrer Herkunft zu machen.
    Die Spinnenfrau hatte ihnen geraten, es anders zu machen und vorsichtig zu sein. Sie ermutigte Gangwolf, sich eine Geschichte auszudenken: wo er herkam, wo er seine Kindheit verbracht hatte, wer seine Eltern gewesen waren – hier in Amuylett. Er fand die Idee großartig und konnte bald eine ausgedachte Geschichte vorweisen, in der jedes Detail stimmte. Die Spinnenfrau, die über reichlich halbseidene Kontakte verfügte, besorgte ihm passende Papiere, in denen sein Name und der seiner ausgedachten (und angeblich verstorbenen) Eltern stand. Auf einmal stammte Gangwolf nicht mehr aus einer anderen Welt, sondern aus einem Landstrich namens Daguun im Südwesten Amuyletts.
    Er und Alabastra, die Spinnenfrau, redeten auf Geraldine ein, sie solle das Gleiche tun. Sie blieb uneinsichtig. Sie wollte keine andere werden. Sie wollte eines Tages in ihre eigene Welt zurückkehren, wenn Gangwolf einen Weg dorthin gefunden hätte. Bis jetzt war es ihm nicht gelungen. Das Rohr, durch das sie einmal in diese Welt gekrochen waren, war unauffindbar geblieben. Gangwolf hatte vergeblich danach gesucht und auch die Spinnenfrau hatte es nirgendwo entdecken können, als sie danach Ausschau gehalten hatte. Aber Gangwolf hatte versprochen, weiterzusuchen. Er würde einen neuen Übergang finden, der es Geraldine erlaubte, in ihre Welt zurückzugehen. Und dann spielte es keine Rolle mehr, wer sie in Amuylett gewesen war.
    Als sie an diesem Morgen in den Kutschbus nach Sumpfloch eingestiegen waren, von der Spinnenfrau mit reichlich Proviant und Gepäck ausgestattet, war Gangwolf in

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