Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
ganze Zeit bei ihr gesessen hatte, begleitete sie.
„Das war mein erstes Zauberer-Duell“, sagte sie zu ihm. „Ich wünschte, wir könnten es feiern, aber stattdessen sind wir nur traurig. Ich frage mich, wann wir überhaupt wieder in der Stimmung sein werden, etwas zu feiern.“
„Man wird uns dazu zwingen, habe ich gehört. Mungo Bartok will uns besuchen.“
„Der Präsident? Im Ernst?“
„Ja, Grohann hat es vorhin Hanns erzählt, als du deinen Heilschlaf machen musstest. Er sagte zu Hanns, dass sie sich eine gute Geschichte ausdenken müssten, warum Hanns sowohl bei der Schlacht in der Spiegelwelt als auch heute von unseren Soldaten gesehen worden ist.“
„Dann muss sich Hylda aber auch eine gute Geschichte ausdenken!“
„Sie wurde nur von den Makülen gesehen und die hat Grohann schon nach der Schlacht in der Spiegelwelt entsprechend umprogrammieren lassen. Die Kommandantin der Maküle und ein Wissenschaftler, der die Maküle mit entwickelt hat, sind jetzt eingeweiht. Sie haben den Makülen eingeimpft, dass es sich bei dem Erscheinen von Hylda um eine geheimdienstliche Information höchster Stufe handelt, über die sie nicht reden dürfen.“
„Wie praktisch! Und wie kann er so sicher sein, dass die Kommandantin und der Wissenschaftler dichthalten?“
„Sie vertrauen darauf, dass er sich länger hält und mehr zu sagen hat als die gegenwärtige Regierung. Weswegen sie ihm gehorchen. Es wird auch Neuwahlen geben im Frühjahr. Aber man nimmt an, dass Mungo Bartok gewählt wird, weil alle glauben, dass er das Land aus der Krise geführt hat.“
„Wann will er herkommen?“
„In ein paar Tagen.“
„Und das soll ein Grund zum Feiern sein?“
„Für ihn schon. Für uns eigentlich auch. Er will Trischa mitnehmen.“
„Er nimmt Trischa mit!“, rief Scarlett. „Das ist ein Grund zum Feiern! Er ist ihr Onkel, oder?“
„Der Bruder ihrer Mutter.“
„Wie wird er das aushalten?“
„Keine Ahnung. Aber er hat ja schließlich die Krise von Amuylett gemeistert“, sagte Gerald, „das dürfte ihn gestählt haben für diese neue, gewaltige Herausforderung.“
Als Gerald an diesem Abend in die leere Wohnung von Herrn Winter ging und sich, so wie er war, auf das Bett in seinem Zimmer legte, glaubte er, dass er in dieser Nacht kein Auge zutun würde. Er war zu unglücklich, um zu schlafen. Fast kam es ihm so vor, als wäre sein eigenes Leben auf ein letztes Jahr zusammengeschrumpft. Was natürlich Unsinn war, hoffentlich, aber es fühlte sich so an.
Während Scarlett am Nachmittag geschlafen hatte, hatte Grohann auch über die Türen gesprochen, die verschwinden würden, wenn Geralds Vater starb. Für Gerald war diese Vorstellung noch schlimmer als für jeden anderen. Denn ohne Türen konnte er nicht mehr nach Hause zurück zu seiner Mutter und seiner Schwester.
Er hatte immer diese Angst gehabt, für immer von ihnen getrennt zu werden. Oder umgekehrt, in der Erdenwelt festzustecken und nie mehr nach Amuylett zurückkehren zu können. In Amuylett würde er in Sorge um Lulu und seine Mutter vergehen. In der Erdenwelt würde er das Gefühl haben, sein richtiges Leben verloren zu haben. Sein ganzes Glück.
Grohann hatte bemerkt, wie sehr Gerald diese Vorstellung belastete. Er hatte ihm Hoffnung gemacht: Es sei möglich, dass Maria die Türen in ihrer Spiegelwelt aufrechterhalten könne. Oder wenigstens ihr Verschwinden hinauszögern, über einen gewissen Zeitraum. Sie habe die Kraft und das Talent dazu. Ihr Geist konnte Dinge erschaffen und ihnen Dauer verleihen. Vielleicht auch den Türen, die es im Treppenhaus ihrer Spiegelwelt gab.
An diese Hoffnung klammerte sich Gerald jetzt. An die Tür, die nach Augsburg führte, und daran, dass Maria sie offen halten könnte. Was aber nichts daran ändern würde, dass sein Vater, ohne den diese Welt nicht mehr die gleiche wäre, sterben würde. In einem Jahr.
Gerald merkte es kaum, wie ihm die Augen zufielen. Doch der Schlaf, der ihn überkam, war unruhig. Er kehrte in einen Traum zurück, von dem er geglaubt hatte, dass er ihn längst hinter sich gelassen hätte: Schon wieder irrte er durch eine verlassene, fremde Spiegelwelt auf der Suche nach etwas, das er nicht finden konnte. Die halbe Nacht suchte er, so kam es ihm vor, bis er endlich durch eine Tür in den Garten gelangte.
Hier war alles besser. Die Sonne schien und die weißen Rosen leuchteten im Licht. Es waren unendlich viele weiße Rosen, ein ganzes Meer davon, ganz anders als in
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