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Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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Gerald in diesem Moment förmlich überwältigte, war nicht angenehm. Er hatte immer daran geglaubt, dass er seinen Vater nicht brauchte. Das hatte er sich eingeredet, von frühester Kindheit an, weil er sich nicht auf seinen Vater verlassen konnte. Weil sein Vater meistens weg war und nie blieb, so sehr es Gerald auch wollte oder es sich von ihm gewünscht hatte. Es war irgendwann so viel leichter gewesen zu glauben, dass man auf jemanden, der nie da ist, gut verzichten kann.
    Heute aber, an diesem folgenschweren Nachmittag, wurde Gerald klar, dass etwas, das man sich tausendmal einredet, nicht wahr wird, nur weil man es so haben möchte. Natürlich brauchte er seinen Vater. Natürlich hatte er ihn immer vermisst, als er klein gewesen war und auch später, als er von ihm bei einer fremden Person namens Herr Winter abgeladen worden war. Natürlich liebte er ihn. Er hatte es als kleines Kind getan und er hatte nie damit aufgehört. Der Gedanke, dass sein Vater in einem Jahr tot wäre – unerreichbar weit weg für immer – war unerträglich.
    „Es lässt sich nicht ändern?“, fragte er. „Ganz sicher nicht?“
    „Estephaga schaut sich die Zellen noch mal genau an“, sagte Viego Vandalez. „Aber der erste Blick darauf war ernüchternd.“
    „Warum hat sie das getan? Alabastra?“
    „Frag mich was Leichteres“, sagte Ritter Gangwolf in einem mitfühlenden Tonfall, als wäre es Gerald, der arm dran war, und nicht er selbst. „Sie muss sehr verzweifelt gewesen sein. Anders kann ich es mir nicht erklären. Aber jetzt ist es vorbei und zu spät. Sollte es ein Jenseits geben, in dem man sich wiederbegegnet, werde ich mich gehörig mit ihr streiten, sobald ich dort ankomme, und auf eine Versöhnung bestehen. Zu Lebzeiten wollte sie mir diese Freude leider nicht machen. Ihr letzter Blick war nicht spaßig.“
    Gerald legte seinem Vater die Hand auf die Schulter. Selten hatte er sich ihm verbundener gefühlt als jetzt. Er bewunderte ihn dafür, dass er so ohne Groll und Verbitterung über seine Ziehmutter sprechen konnte. Dass er nicht aufgehört hatte, sie zu lieben, obwohl sie ihn tödlich verletzt hatte. Das musste man erst mal schaffen.
    Man konnte über seinen Vater sagen, was man wollte. Man konnte viele Eigenschaften aufzählen, die wirklich anstrengend waren. Aber es gab auch andere Eigenschaften. Großartige Eigenschaften. Gerald würde alle Eigenschaften seines Vaters vermissen, die guten wie die schlechten, jede einzelne davon, wenn der schlimme Tag käme. Denn sie alle machten seinen Vater zu der besonderen Person, die er war.
    „Reden wir über was Schönes“, sagte Gangwolf. „Die Verschwörung hat sich erledigt, oder Viego?“
    Viego Vandalez nickte. Gerald sah ihm an, dass er genauso kämpfte wie er selbst. Darum, vor Gangwolf nicht in Tränen auszubrechen oder in depressives Gegrübel zu verfallen.
    „Es ist vorbei“, sagte der Halbvampir angestrengt. „Was jetzt noch frei auf dem Gelände herumläuft, werden sie bald festgesetzt haben, das Signal von Hylda war ja für alle stationierten Soldaten deutlich sichtbar. Man wird die Gefangenen verhören und damit vermutlich auch die Verräter in den Reihen des eigenen Militärs enttarnen. Ich schätze, damit ist Amuylett glücklich der Krise entronnen.“
    „Fein. Und glaubst du, der Steinbock hat Mitleid mit mir und gibt mir Urlaub?“
    „Was hast du denn vor, Gangwolf?“
    „Weiß nicht. Einfach das Gefühl haben, ein bisschen frei zu sein. Vielleicht schaue ich auch mal bei Lisa vorbei. Sage ihr, dass ich sterben werde. Das freut sie bestimmt!“
    Gerald und Viego mussten lachen. Dass Gangwolf so etwas schaffte! Das konnte nur er – sie zum Lachen bringen, wenn sie am Boden zerstört waren.
     
    Scarlett hatte einen gebrochenen Arm und da es ein ziemlich übler Zauber war, den Corvina angewendet hatte, musste der Arm auf gewöhnlichem Wege heilen – ohne magikalische Unterstützung. Estephaga bot Scarlett an, ihr einen Wickel mit Olm-Eingeweide-Schlamm zu präparieren, das verstärke immerhin die Selbstheilungskräfte. Doch Scarlett weigerte sich, diese Unterstützung anzunehmen.
    „Lieber laufe ich vier Wochen länger mit einem Arm in der Schlinge herum, als vier Wochen kürzer zu stinken!“
    „In der Anwendung stinkt er kaum!“
    „Nein, ich will nicht!“
    Ansonsten hatte Scarlett nicht viele Blessuren davongetragen. Nach einem ausgiebigen Heilschlaf durfte sie die Krankenstation noch am selben Abend verlassen und Gerald, der die

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