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Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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der echten Spiegelwelt. Er wanderte durch die Rosen, immer noch auf der Suche, und fand schließlich eine Rasenfläche, auf der Maria lag, den Kopf auf ihren Arm gebettet. Sie schlief.
    In dem Wissen, dass er angekommen war, legte er sich neben sie, um auch zu schlafen, doch ihr Gesicht, das so schön und friedlich aussah, veranlasste ihn, noch wach zu bleiben. Da man im Traum Dinge tut, die man im echten Leben nie tun würde, berührte er irgendwann Marias Lippen mit seiner Fingerspitze. Behutsam, damit sie nicht aufwachte. Und wie er es erwartet hatte, löste sich ihre Lippe unter der Berührung auf, ebenso wie sein Finger. Er bewegte den Finger über die Lippe und da tauchte beides wieder auf.
    So spielte er herum und testete es aus – unsichtbare Lippe, aufgelöste Lippe, wieder sichtbare Lippe und jedes Mal fühlte es sich anders an in seiner Fingerspitze. Dabei spürte er die ganze Zeit ihren warmen Atem auf seinem Finger und war so abgelenkt von allen Sorgen, die ein Mensch haben konnte, dass er auf einmal fest daran glaubte, dass alles gut werden würde. Er tippte wieder ihre Lippen an, versunken in dieses Spiel, als sie sehr plötzlich die Augen öffnete und er erschrocken aufwachte.
     
    Es war mitten in der Nacht und alles war dunkel. Gerald begriff sofort, warum er aufgewacht war: Er hörte Geräusche aus dem angrenzenden Wohnzimmer. Er stand auf, um nachzusehen, ob es stimmte, was er vermutete, und tatsächlich war es so: Der Mann, der in Amuylett offiziell sein Vater war, war nach Hause zurückgekehrt.
    Im Wohnzimmer brannte eine kleine Kerze auf dem Tisch und Herr Winter, der in Sumpfloch als Geschichtslehrer arbeitete, packte gerade ein paar Dinge aus seiner Tasche aus.
    „Gerald! Es tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken! Habe ich so viel Krach gemacht?“
    Gerald sagte gar nichts, sondern lief zu seinem offiziellen Vater, um ihn zu umarmen. Es war eine Wohltat, ihn zu sehen. Dieser Mann, mit dem er gar nicht verwandt war und den er erst mit sechs Jahren kennengelernt hatte, war der einzige verlässliche Elternteil, den er jemals gehabt hatte. Einer von der Sorte, bei dem man alle Sorgen abladen konnte, ohne sich auch nur einen Gedanken darüber zu machen, ob diese Person das verkraftete oder am nächsten Tag davonlaufen würde. Jemand, der sich kümmerte und erwachsen war und Gerald ein Kind hatte sein lassen. Jetzt, da Gerald selbst so gut wie erwachsen war, hatte sich Herr Winters Vaterliebe in Freundschaft verwandelt. Eine Freundschaft, die die wunderbare Eigenschaft hatte, dass Gerald wusste, er könnte sich leisten, was er wollte. Sein offizieller Vater würde immer für ihn da sein.
    Herr Winter erwiderte Geralds Umarmung, merkte aber gleich, dass etwas nicht stimmte. So wie es gute Väter nun mal tun.
    „Was ist los, Gerald? Ist etwas passiert?“
    Gerald ließ seinen falschen und doch so richtigen Vater los und setzte sich neben das Kerzenlicht ans Fenster.
    „Du hast keine Ahnung?“
    „Nein. Ich habe nur ein schickes Bild von dir in der Zeitung gesehen. Ich dachte mir: Was ist denn das Merkwürdiges? Warum verleihen sie ihm jetzt einen Orden? Ich fand es aber eher lustig.“
    „Ja, das mit dem Orden war lustig. Aber es sind auch andere Dinge passiert. Ich gebe dir jetzt die Kurzfassung: Ich habe Torck befreit und mein Vater hat nur noch ein Jahr zu leben.“
    „Gangwolf? Warum um Himmels willen?“
    „Alabastra hat ihn gekratzt. Sie wollte ihn umbringen. Hylda hat es verhindert, indem sie sie getötet hat.“
    Jetzt setzte sich auch Herr Winter.
    „Das ist ja grauenvoll … Alabastra ist tot? Und Gangwolf hat nur noch ein Jahr?“
    „Ja. Und wie gesagt – Torck läuft meinetwegen frei herum und wir wissen noch nicht, was da auf uns zukommt. Ich musste es tun. Sonst wäre Maria gestorben.“
    „Ich fasse es nicht! Was habt ihr hier getrieben?“
    „Ich glaube, wir haben Sumpfloch und damit Amuylett gegen die Verschwörer verteidigt. Es ist Grohann zu verdanken, dass nicht alles total schiefgelaufen ist. Er hat die Krise eigentlich gemeistert. Nicht der Präsident.“
    Herr Winter schob die kleine Kerze auf dem Tisch hin und her.
    „Wir werden uns an den Gedanken gewöhnen müssen“, sagte er nach einer Weile des Schweigens. „Man gewöhnt sich an vieles, Gerald.“
    „Ja, ich weiß.“
    „Wie geht es deiner Tante?“
    „Nicht so gut, fürchte ich“, sagte er. „Aber man kann jetzt atmen da drüben. Es besteht also die Hoffnung, dass sie sich wiedersehen werden,

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