Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
ausgerechnet eine Freundin den besten Jungen der Schule vor der Nase weggeschnappt hat? So was macht man doch nicht unter Freundinnen!“
„Mama, er ist schon lange ihr Freund. Ich habe nie Interesse angemeldet.“
„Warum nicht?“
Auch lange Stunden nehmen irgendwann ein Ende. Als sich der Herbsthimmel in seinen besten Farben zeigte – leuchtend rosa und gold gesprenkelt – erklärten die Montelago Fenestras, dass sie sich auf den Heimweg machen müssten. Sie hatten einen Flugwurm für die Heimreise bestellt und der wartete schon vor der Brücke. Maria begleitete ihre Eltern nach draußen, gab ihnen zwei dicke Küsse zum Abschied und winkte, bis der Flugwurm in der Ferne verschwunden war.
Als sie etwas später in den Garten trat, brannten schon die Lampions in den abendlich schwarzen Bäumen. Vor dem goldenen Himmel sah das wunderschön aus. Maria suchte nach ihren Freunden und fand sie auf ihrem Stammplatz am Seerosenteich. Die Runde hatte sich vergrößert: Da waren jetzt auch Geicko, Lori, Jumi und Ponto Pirsch. Auch Tail, der Krokodiljunge, hatte sich zu ihnen gesellt.
Scarlett und Gerald saßen am Rand der Decke und sahen Maria zuerst.
„Hallo Täubchen!“, rief Gerald. „Wo hast du deine Eltern gelassen?“
„Nenn mich nie wieder Täubchen!“, rief sie ärgerlich zurück. „Ich meine es ernst!“
„Das sehe ich“, erwiderte er. „Scarlett, hast du sie schon mal so sauer gesehen? Ich nicht! Am liebsten würde ich das böse T-Wort gleich noch einmal sagen!“
„Sag es und ich werde meine Eltern doch noch anflehen, dich zu kaufen!“
„Das könnten sie sich gar nicht leisten. Mein Vater ist viel reicher als deine Eltern.“
Er sagte es mit gesenkter Stimme, denn dass Ritter Gangwolf sein Vater war, wussten nur die Eingeweihten.
„Von wegen“, sagte sie.
„Doch, doch“, versicherte ihr Scarlett flüsternd. „Wusstest du nicht, dass Ritter Gangwolf die halbe Provinz Tamlin gehört?“
„Wirklich?“, fragte Maria.
„Ich schwör’s!“, sagte Gerald und hob die Hand.
„Wenn das wirklich stimmt“, sagte Maria, „und du meinen Eltern noch mal begegnest, dann erzähl es ihnen bloß nicht. Es würde sie nur anstacheln!“
Mittlerweile waren auch die anderen auf Marias Ankunft aufmerksam geworden. Und die Witze, mit denen sie gerechnet hatte, prasselten nur so auf sie ein. Da es aber ihre Freunde waren, die sie auf die Schippe nahmen, fiel der Spott erträglich aus.
„Wie reich muss ich sein, damit deine Eltern einen Schafsmann akzeptieren?“, fragte Ponto Pirsch.
„Mit ramponiertem Horn?“, rief Geicko. „So reich wirst du nie!“
„Ihr werdet ja wohl keine Witze über die zukünftige Herrscherin von Fortinbrack machen“, sagte Lori Klamm streng.
„Keine Sorge“, sagte Berry, „diese Verbindung scheitert an den Gespenstern, das hast du ja gehört. Dabei hätte ich mir Kreutz-Fortmann so schön als Trauzeugen vorstellen können!“
So ging es noch eine Weile weiter, aber es machte Maria gar nichts aus. Sie holte sich etwas zu essen (das Essen sah ausnahmsweise nicht verschimmelt aus) und setzte sich zu ihren Freunden an den Teich. Es war ein schöner Abend, fast wie im Sommer.
Lisandra redete ausgelassen mit Geicko und dabei leuchteten ihre Augen so sehr, dass Lori zur Sicherheit nach Geickos Hand griff, damit er nicht vergaß, zu wem er gehörte. Das war aber gar nicht nötig, denn Lisandras Augen leuchteten schon den ganzen Tag so überirdisch und das hatte vermutlich nichts mit Geicko zu tun, sondern eher damit, dass sie im Gegensatz zu Scarlett die ganze Nacht nicht im Zimmer 773 aufgetaucht war.
„Wir haben die Nacht im Baum verbracht“, erklärte sie ihren Freundinnen am nächsten Morgen.
Haul war dabei und verdrehte die Augen, als wollte er sagen: Lissi, das glauben sie dir sowieso nicht! Lisandra überdachte diesen wortlosen Einwand und meinte dann:
„Na gut, ich habe bei ihm geschlafen. Aber denkt jetzt bloß nichts Unschickliches!“
Ob unschicklich oder nicht, Lisandra wurde an diesem Abend schlagartig müde, als die Sonne untergegangen war, und von einem Moment auf den anderen rollte sie sich auf der Decke zusammen und schlief ein. Jumi erzählte gerade eine sehr außergewöhnliche Geschichte von Kuno (das war die Frau mit den behaarten Armen und der blonden Perücke, die Jumi im Frühling in Quarzburg abgeholt hatte), als Gerald Maria antippte und fragte, ob sie einen Moment für ihn Zeit hätte.
Er machte ihr ein Zeichen, ihm in den
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