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Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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sich nach einer Waschmöglichkeit. Das letzte Mal, als er sich und seine Kleidung hatte Waschen können, lag nun schon fast drei Tage zurück. Seit er die bewaldeten Gebiete Azkatars endgültig hinter sich gelassen hatte, war er weder an einen Bach noch an einen Tümpel oder See gelangt. Seine Wasservorräte hatte er an den aus dem Stein des Gebirges hervortretenden Rinnsalen aufgefüllt, aber das waren kaum mehr als ein paar Tropfen gewesen, zum Waschen hätte es nicht gereicht. Zudem plagte ihn Hunger. Seine Zunge fühlte sich pelzig an, ein widerlicher Geschmack hatte sich darauf ausgebreitet.
    Yanil streckte sich. Sein Rücken schmerzte. Der harte felsige Untergrund, auf dem er die Nacht verbracht hatte, bot weitaus weniger Komfort als das weiche, mit Laub bedeckte Moos im Wald. Ob es Brilys besser erging? Jeder Gedanke an ihn schmerzte. Weshalb hatten sie sich nicht besser versteckt, anstatt Anschluss an andere zu suchen? Yanil tadelte sich für den kindischen Wunsch, mehr Zeit mit einem Feind verbracht haben zu wollen, denn etwas anderes hätte Brilys für ihn nie sein dürfen. Es hatte so kommen müssen, unausweichlich. Es war besser so. Aber wenigstens hätten sie sich anständig voneinander verabschieden können.
    Er legte den Kopf in den Nacken. Ein grauer Tag, an dem es nicht richtig hell werden wollte. Yanil konnte nicht einmal ansatzweise den Stand der Sonne ausmachen. Es roch nach Regen. Er kletterte über Steine hinweg, erklomm einen kleinen Kamm, schlitterte über Geröll, fiel hin, schürfte sich den Ellbogen auf. Er kam quälend langsam voran. Sollte er tatsächlich noch weiter nach Norden gehen und sich dem sinnlosen Unterfangen hingeben, je die Königsburg erreichen zu wollen? Der Weg dorthin war beschwerlich, solange er abseits der Straße ging, die sich durch das Gebirge schnitt. Andererseits trieb ihn die Aussicht auf ein Bad, etwas Essbares und den Schutz durch Festungsmauern weiter an.
    Unter größter Anstrengung mühte sich Yanil eine Steigung hinauf. Loses Gestein polterte ihm entgegen, er fand nur schwer Halt. Am Ende des Hanges befand sich ein Plateau, kaum breiter als zwei Manneslängen. Aus den schmalen Rissen im Gestein zwängte sich der Schößling einer jungen verkrüppelten Erle hindurch.
    Yanil bot sich ein Blick über das Tal, durch das sich die breite graue Straße wie ein Aal hindurchwand. In der Ferne ragte ein mächtiges Gebirgsmassiv in den Himmel, dessen Gipfel sich in den dunkelgrauen Wolken des trüben Tages verloren. Nebel waberte über hässliche graubraune Wiesen, größere Wälder suchte man in dieser Gegend vergebens. Ein lebensfeindlicher, trostloser Ort. Weshalb hatte es den ersten König der Mazari vor fast dreihundert Jahren ausgerechnet hierher verschlagen? Natürlich, wegen der strategisch vorteilhaften Lage, eingekesselt zwischen mehreren Gebirgen, durch die nur eine einzige Straße hindurchführte. Dennoch lief Yanil ein Schauder über den Rücken. Wie schön war es doch in Zakuma! Ein Stich der Sehnsucht fuhr ihm in die Brust.
    Er sah hinunter zur Straße, und ihr Anblick versetzte ihm sogleich den zweiten Schock. Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen tummelten sich darauf, klein wie Ameisen. Einige marschierten nach Süden, andere nach Norden, das war in dem Durcheinander schwer auszumachen. Die Straße war zu weit entfernt, um von dort Geräusche oder gar Gespräche aufzufangen. Wer waren all diese Menschen und wohin wollten sie? Flohen sie nach Süden? Vielleicht täte Yanil besser daran, es ihnen gleichzutun und den Rückweg anzutreten. Über allem lag die stinkende Pestwolke des Krieges, die Anspannung war beinahe greifbar. In der Ferne zuckten Blitze, als kündeten sie von drohendem Unheil. Yanil dachte erneut an Brilys. Ob er irgendwo dort unten war? Hatte er sich seinem Heer wieder angeschlossen? Marschierten sie in diesen Minuten bereits gegen Fjondryk? Yanils Kehle schnürte sich zusammen. Dieses hässliche finstere Land war kein Ort für einen Mazari des Waldes. Er war des Kämpfens müde. Mit einem Mal erschien ihm seine Idee, je zur Burg gelangen zu wollen, lächerlich. Ja, man hätte ihn dort versorgt, ihm zu essen und zu trinken gegeben. Aber man würde ihn auch in den Krieg zwingen. Sein König hatte ihn zu sich gerufen, aber bei allen Göttern – war es das wert? Ja, er würde sich mit Schande besudeln, wenn er wie ein räudiger Hund zurück nach Zakuma ging, aber zumindest würde er sein Leben nicht für einen sinnlosen Krieg gegeben

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