Feuerscherben
ein unglaublicher Dummkopf gewesen«, erklärte Dianna gepresst. »Außerdem hatte ich eine unglückliche Hand bei der Wahl meiner Freunde gehabt. Beides ist kein Verbrechen.«
»Aber Betrug ist ein Verbrechen«, antwortete Ben leise. »Auch die Tatsache, sich für eine tote Frau auszugeben, um zwanzig Millionen Dollar in die Hände zu bekommen, die einem nicht gehören.«
Ungeduldig schüttelte sie den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte Sie davon überzeugen, wie unwichtig mir das Geld ist.«
»Das dürfte nicht schwierig sein, Miss Mason.« Ben schob ein Blatt Papier über den Schreibtisch. »Dies ist ein rechtskräftiger Verzicht auf alle Ansprüche aus Claire Campbells Vermögen. Unterschreiben Sie auf der gestrichelten Linie, und ich glaube Ihnen auf der Stelle, dass Sie nicht an dem Geld interessiert sind.«
»Ich will das Geld nicht«, antwortete Dianna. »Aber ich will Campbell Crystal. Mein Urgroßvater hat die Firma gegründet, und ich habe sie geerbt.«
Jemand applaudierte leise, und sie zuckte heftig zusammen. »Eine großartige Rede, Miss Mason. Sie haben Ihren Text gut gelernt«, sagte eine gepflegte leise Stimme unmittelbar hinter ihr.
Erschrocken fuhr Dianna herum. Sie sah einen großen Mann mit blauen Augen, grauem Haar und einer schmalen, aristokratischen Nase. Ein Dutzend Bilder blitzte vor ihrem inneren Auge auf, denn sie erkannte ihn sofort. Das war Andrew Brentwood Campbell.
Claires Vater.
»Hallo, Daddy.« Dianna hatte keine Ahnung, woher die Worte plötzlich kamen oder wie sie es fertig brachte, sie mühelos auszusprechen.
Andrew musste sich auf die Rückenlehne des Stuhls stützen, auf dem sie saß. »Claire?« Er schluckte heftig, und seine Wangen wurden grünlich weiß. »Meine Güte, Claire. Du bist es wirklich! Du bist nach Hause gekommen.«
2. KAPITEL
»Weshalb bist du so erstaunt, Daddy?« Dianna sprang auf und wich zum Fenster zurück. Doch sie war nicht bereit, sich von dem Zusammentreffen mit Andrew Campbell einschüchtern zu lassen. Diesmal sprach sie das Wort »Daddy« fast höhnisch aus. »Hattest du geglaubt, ich würde für immer wegbleiben?«
»Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, dich jemals wiederzufinden.« Mit unbeholfenen Schritten ging Andrew auf sie zu. Es war, als hätte der Schock über das Wiedersehen ihn so erschüttert, dass ihm selbst vertraute Bewegungen plötzlich schwer fielen. Als er Dianna beinahe erreicht hatte, blieb er stehen und wischte sich mit einem schneeweißen Taschentuch den Schweiß von der Stirn. »Meine Güte, Claire, ich dachte, du wärst tot. Alle glaubten, du wärst tot.«
Sie lächelte und gewann ihre Selbstsicherheit in dem Maße zurück, wie Andrew seine verlor. »Pech, gehabt, Daddy. Ich bin sehr lebendig. Guck mal, dies sind keine Geisterfinger. Sie sind absolut echt.« Spöttisch wedelte sie mit der Hand und empfand eine boshafte Befriedigung darüber, dass er sichtbar zusammenzuckte.
Dianna hatte nicht erwartet, dass sie so heftig auf die Begegnung mit Andrew Campbell reagieren würde. Während der vergangenen sechs Wochen, seit sie eingewilligt hatte, bei Hals Täuschungsmanöver mitzumachen, hatte sie sich eingeredet, Andrew und die übrige Campbell-Familie wären für sie nichts als Hindernisse auf dem Weg, Campbell Crystal an sich zu bringen, die sie überwinden musste. Aber dieser Mann aus Fleisch und Blut war nicht so leicht zu übersehen. Es gefiel ihr nicht, dass sie ihn verspotten und verunsichern musste, um ihre eigenen Empfindungen in Schach zu halten.
»Du hast dich sehr verändert. Und trotzdem hast du etwas ungeheuer Vertrautes an dir … « Andrew streckte die Hand aus und wollte sie berühren. Dianna erstarrte und rührte sich nicht von der Stelle. Stocksteif blieb sie stehen und ließ kein Gefühl zu. Er zögerte einen Moment, dann ließ er die Hand wieder sinken. Dianna atmete erleichtert auf und fasste neuen Mut.
»Wir haben uns seit sieben Jahren nicht gesehen«, sagte sie endlich und schob das Haar aus dem Gesicht. »Natürlich habe ich mich verändert. Ich bin erwachsen geworden.«
»Du bist eine sehr hübsche junge Frau geworden, wenn ich das hinzufügen darf. Du bist schön, Claire, ebenso schön wie deine Mutter!« Andrew lächelte immer noch nervös. Doch das banale Kompliment schien ihm Sicherheit gegeben zu haben. Er steckte sein Taschentuch in die Brusttasche zurück und glich beinahe wieder der verbindlichen würdevollen Gestalt, die sie von Hals Fotos kannte.
Ebenso schön wie deine Mutter
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