Feuerscherben
deiner Worte. Ist dir noch nicht der Gedanke gekommen, dass sich vermutlich eine Abhöranlage im Gästehaus befindet? Das Mikrofon konnte zum Beispiel im Kronleuchter stecken.«
»Du liebe Güte!« Hal riss erschrocken die Augen auf und strich sich heftig über den Bart. Sobald er merkte, was er tat, hielt er inne. »Die Fantasie geht mal wieder mit dir durch«, erklärte er. »Es ist nicht so einfach, einen Raum mit einer Abhöranlage zu versehen, wie es in manchen Filmen den Anschein hat. Das geht nicht auf die Schnelle. Und es gibt keinen Grund, weshalb Andrew sein Gästehaus ständig damit ausgestattet haben sollte. Er ist ein furchtbar arroganter Kerl. Aber er ist nicht paranoid.«
»Andrew braucht nicht paranoid zu sein«, wandte Dianna ein. »Dafür hat er Ben Maxwell. Ben könnte die Alarmanlage unseretwegen installieren lassen haben, um unsere Gespräche zu belauschen. Weshalb hätte er sonst seine Zustimmung geben sollen, dass wir in Andrews Haus wohnen?«
»So etwas wäre Ben durchaus zuzutrauen«, stimmte Hal ihr zu. »Andererseits weiß er erst seit einer halben Stunde, dass wir hier bleiben werden. Wenn ich dich richtig verstanden habe, ging die Einladung von Andrew aus.«
»Ja, das stimmt«, gab Dianna zu. »Mein Vater hat uns eingeladen. Trotzdem sollten wir Acht geben, was wir im Gästehaus sagen. Wir sind in einer heiklen Lage, Hal. In einer sehr heiklen sogar.«
»Du bist ganz schon misstrauisch«, stellte Hal fest. Erneut staunte er über ihre rätselhafte Kühle, die in scharfem Gegensatz zu den einladenden Rundungen ihres Körpers stand. »Sag mal, Dianna, lässt du niemals alle Vorsicht beiseite?«
Sie lächelte freudlos. »Nicht, wenn ich es vermeiden kann. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass man den meisten Menschen nicht trauen darf.«
»Du bist viel zu zynisch.«
Ihre Augen blitzten vor Spott. »Ich bin nicht zynisch, sondern einsichtig, Hal.«
»Du tust, als wäre die Welt voller Gauner.«
»Ist sie das denn nicht?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Überleg mal, was für ein Spiel wir beide gerade treiben, Hal. Bist du vertrauenswürdig? Bin ich es?«
Er wandte sich ab, denn er wollte ihre vorwurfsvolle Miene nicht sehen. »Die Campbells haben mehr Geld, als sie je ausgeben können. Wir wollen es nur etwas gerechter verteilen. Man könnte sagen, es handelt sich um eine gesellschaftliche Umschichtung, ohne dass die Regierung dabei eingreifen müsste.«
»Ja, das könnte man sagen«, spottete Dianna über seine Selbstgerechtigkeit. »Meine Güte, wer hatte das gedacht? Wir berauben die Campbells, weil wir Menschenfreunde sind.«
Verärgert holte Hal Luft. »Gleichgültig, ob unsere Motive ehrenhaft sind oder nicht, es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass ein Mikrofon in der Lampe versteckt ist.«
Dianna verzog das Gesicht. »Doch, es gibt einen ästhetischen Grund. Der Kronleuchter ist so groß und unpassend für das Gästehaus, dass ich mir nicht vorstellen kann, weshalb man ihn sonst hier aufgehängt hat.«
»Vielleicht hatte der Innenarchitekt einfach einen schlechten Geschmack«, gab Hal zu bedenken. »Du solltest endlich aufhören, in jeder Ausgeburt des menschlichen Gehirns eine tiefere existenzielle Bedeutung zu suchen.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.« Sie lachte unerwartet fröhlich, und ihr Gesicht wirkte plötzlich jung und erstaunlich kindlich. Hal fröstelte trotz der Hitze. In Augenblicken wie diesen ähnelte Dianna derart den Fotos von Claire Campbell, dass es ihm beinahe unheimlich vorkam. Wahrscheinlich hatte jeder Mensch irgendwo auf der Welt einen Doppelgänger. Aber es war ziemlich gespenstisch, wenn man ihm plötzlich gegenüberstand.
»Weshalb starrst du mich so an?«, fragte Dianna und schob ihr Haar zurück. »Habe ich einen Pickel auf der Nase?«
»Nein, das nicht.« Sie brauchte nicht zu wissen, wie sehr sie Claire ähnelte. Es war besser, wenn sie nicht zu selbstsicher wurde. Weshalb war er bloß so nervös? Es gab Schlimmeres, als eine Betrügerin als Komplizin zu haben, die dem Original beinahe zu ähnlich war. Mit einer plötzlichen Anwandlung von neuem Wohlwollen legte er den Arm um Diannas Schultern. »Sag mal, können wir jetzt wieder hineingehen, nachdem du deine Warnung vor verborgenen Mikrofonen losgeworden bist? Ich schmelze beinahe, und du wirst dir einen schlimmen Sonnenbrand holen.«
»Du hast Recht. Aber hör auf mich, ja? Rede erst über geschäftliche Dinge, nachdem wir das Zimmer gründlich nach Wanzen abgesucht haben. Das
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