Feuerscherben
hegen.«
»He, Ben, nicht so heftig. Was ist in Sie gefahren? Wir müssen unbedingt die Wahrheit herausfinden«, warf Roger ein und wandte sich wieder an Dianna. »Hast du schwere Verbrennungen erlitten?«, fragte er.
Dianna spürte Bens bohrenden Blick in ihrem Rücken. Doch sie drehte sich nicht um. »Ich hatte sehr schwere Verbrennungen und habe schreckliche Narben davon zurückbehalten, aber nur an bestimmten Stellen. Solange ich auf Bikinis und schulterfreie Abendkleider verzichte, ist zum Glück nichts zu sehen.«
»Das tut mir leid. Vielleicht solltest du einen Schönheitschirurgen aufsuchen«, schlug Roger vor.
Mit beiden Händen umklammerte Dianna ihr Glas. Noch konnte sie sich nicht vorstellen, dass sie sich innerlich jemals so weit von ihrer Vergangenheit lösen würde, um die Narben entfernen zu lassen. Trotzdem sah sie lächelnd auf. »Ja, das werde ich eines Tages wohl tun. Inzwischen machen mir die Narben aber nicht mehr so viel aus.«
Ben schwieg, während Roger ihre Bemerkung einfach hinnahm. »Am meisten erstaunt mich, wie du so eine lange Strecke fahren konntest, bevor du ins Krankenhaus kamst«, sagte er.
»New York liegt mehrere hundert Meilen von Vermont entfernt. Du musst stundenlang in dem Truck gesessen haben.«
Dianna zuckte unbekümmert die Schultern. »Es gibt unzählige Beweise dafür, dass der Überlebenswille einen aufrechterhält, obwohl man körperlich längst am Ende sein müsste. Als ich in den Laster kletterte, dachte ich überhaupt nicht daran, was aus mir werden sollte. Ich wollte einfach weg aus Vermont. Erst als mich der Fahrer fragte, wie viel Geld ich hatte, wurde mir klar, dass ich ohne jeden Cent dastand. Deshalb war ich entschlossen, bis nach Manhattan zu kommen, um mein Konto bei der National City Bank aufzulösen, bevor jemand anders die Finger darauf legen konnte.
Nachdem ich das Geld in Händen hatte – buchstäblich gesprochen –, war es mit meinem Durchstehvermögen vorbei. Ich hatte von dem Ort des Verbrechens fliehen können und besaß die nötigen Mittel, um mich über Wasser zu halten. In diesem Moment muss meine letzte Widerstandskraft schlagartig zusammengebrochen sein. Ich klammerte mich an die Wände und schleppte mich zur nächsten Bank. Dort legte ich das Geld auf einem neuen Konto an und wurde ohnmächtig.«
»Und was geschah dann?«, fragte Roger besorgt.
»Ich nehme an, die Bankangestellten haben die Ambulanz gerufen. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist eine Krankenschwester, die sich in der Notaufnahme des Manhattan General Hospitals über mich beugte. In meinen Armen steckten so viele Schläuche, dass es für eine Szene in einem Horrorfilm ausgereicht hätte.«
Roger schwieg und drückte ihr wortlos die Hand. Zu ihrem Entsetzen merkte Dianna, dass sie weinte. Das gehörte nun wirklich nicht zu ihrem Plan. Sie suchte nach einem Taschentuch und schniefte verärgert. Sie hatte unbedingt ihre gewohnte Rolle einer spöttischen, kühlen Frau weiterspielen wollen.
»Hier, nehmen Sie.« Ben Maxwell reichte ihr ein zusammengefaltetes Tuch.
»Danke.« Sie schnauzte sich die Nase, trocknete ihre Tränen und mied sowohl Bens als auch Rogers Blick. »Ich habe noch nie darüber gesprochen, was nach dem Brand passiert ist«, sagte sie. »Tut mir leid. Ich breche sonst nicht gleich in Tränen aus.«
»Dianna … Claire … «, stotterte Roger. »O verdammt, ich weiß nicht, wie ich dich anreden soll.«
Rogers wehleidige Stimme riss Dianna aus ihrem Selbstmitleid. »Ben wäre gewiss sehr unglücklich, wenn du mich Claire nennen würdest, und ich habe mich die letzten Jahre an den Namen Dianna gewohnt. Mir macht es nichts aus.«
»Also gut, dann Dianna.« Roger lächelte unsicher. »Eines begreife ich immer noch nicht: Weshalb hast du dich vor uns versteckt? Vor deiner eigenen Familie? Bei uns herrschte zwar nicht gerade die heile Welt. Aber unsere Familie war nicht zerrütteter als die meisten anderen. Zumindest kam es mir nicht so vor. Wir … Du und ich … Zum Teufel, wenn du wirklich Claire bist … Ich dachte immer, wir hätten uns sehr gut verstanden.«
Roger klang verletzt, und Dianna hatte plötzlich Mitleid mit ihm. »Wir haben uns wirklich gut verstanden, Roger«, antwortete sie. »Deinetwegen bin ich nicht weggelaufen. Wie kannst du das annehmen? Ich lief davon, weil ich schreckliche Angst hatte. Jemand hatte gerade unser Ferienhaus angezündet, in dem ich mich aufhielt. Der Student, der bei mir war, kam bei dem Brand ums
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