Feuerscherben
herumgetrieben und Whiskey getrunken hat. Wenn er auf einer seiner Sauftouren ist, konnte er über eine ganze Armee stolpern, ohne es zu bemerken, behaupteten sie.«
Dianna überlegte. Entweder stimmte sie Roger jetzt zu und beendete die Diskussion damit, was vermutlich am klügsten war. Oder sie wies Roger auf den größten Schwachpunkt seiner Begründung hin. Sie hatte Angst – schreckliche Angst. Aber sie war so weit gekommen, deshalb musste sie jetzt den Mund aufmachen. »Wenn Ted ein Trunkenbold und ein Dummkopf ist, wie alle behaupten: Wie kann man dann sicher sein, dass er den Brand tatsächlich gelegt hat?«
»Schließlich hat er die Tat gestanden«, sagte Roger verständnislos.
Ben merkte sofort, worauf Dianna hinauswollte. »Sie glauben, jemand anders hat das Feuer gelegt und Teds Gedächtnislücke wegen seiner Trunksucht genutzt, um ihm die Tat unterzuschieben.«
Sie sah ihm fest in die Augen und antwortete ihm zum ersten Mal absolut aufrichtig. »Ja, das glaube ich.«
Roger starrte die beiden mit offenem Mund an. »Was soll das heißen? Wovon redest du? Wie könnte jemand vergessen haben, ob er ein Haus angesteckt hat?«
Dianna bekam keine Gelegenheit zu einer Antwort. Ben war Rogers Überlegungen bereits zwei Schritte voraus. »Wenn Sie der Meinung sind, dass Ted fälschlich beschuldigt wurde, müssen Sie der Überzeugung sein, dass jemand anders vorsätzlich darauf aus war, Claire zu ermorden.«
»Ja. Das scheint die unausweichliche Schlussfolgerung zu sein.«
»Weshalb sollte jemand versucht haben, Sie – Claire zu ermorden?«, fuhr Ben auf. »Meine Güte, Sie waren erst achtzehn! Wie hätten Sie jemandem, so im Weg sein können, dass er Ihren Tod wünschte?«
Dianna lachte belustigt, weil Ben so naiv sein konnte, wenn auch nur einen Moment. Plötzlich durchströmte sie ein seltsames Triumphgefühl. Sie hatte diesen Mann so schockiert, dass er unvorsichtig geworden war. Einige wenige, äußerst wichtige Sekunden hatte er geglaubt, sie wäre tatsächlich Claire. Mit 18 Jahren hatte er gesagt. »Weshalb hätte jemand Ihren Tod wünschen sollen?«
Gleich darauf hatte sie sich wieder in der Gewalt und sah ihn spöttisch an. »Mich wundert, dass Sie solch eine Frage stellen Mr. Maxwell. Weshalb wollte derjenige die arme kleine Claire Campbell wohl töten? Die Antwort liegt auf der Hand. Natürlich wegen Geld, weshalb sonst? Wegen meines hübschen, verlockenden Treuhandfonds von zwanzig Millionen Dollar.«
4. KAPITEL
Dianna genoss das Abendessen mit Roger im »Summer Garden«, einem der teuersten Restaurants in West Palm Beach. Im gegenseitigen Einverständnis mieden sie das heikle Thema über Claire Campbells Vergangenheit. Stattdessen unterhielten sie sich über Filme und Bücher, ihre Lieblingsspeisen und Weine sowie über Rogers kürzliche Reise nach Alaska. Das waren sichere, unverfängliche Gesprächsstoffe, die den netten Abend nicht verderben konnten. Als sie bei einer Himbeertorte mit Schokolade als Dessert angelangt waren, hatte Roger sich so weit entspannt, dass er bereitwillig einiges von seiner Arbeit innerhalb des Familienkonzerns erzählte.
Natürlich kannte Dianna die Erfolgsgeschichte der Campbells. Aus solch einem Stoff entstanden Familienlegenden. Außerdem hatte Hal sie endlos mit den Einzelheiten gedrillt. Der Grundstein des Vermögens war von den beiden Brüdern Hector und Jaime Campbell gelegt worden. Der eine war Zimmermann, der andere Glasbläser gewesen. Die Brüder hatten Edinburgh 1890 verlassen und waren mit einigen Vettern in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Die Vettern waren nicht weiter als bis zur Lower Eastside von Manhattan gekommen. Jaime und Hector hatten sich dagegen nord- und westwärts nach Pittsburgh vorgearbeitet. Sie hatten gehofft, dass ihre Fähigkeiten in der rasch wachsenden Schwerindustrie gebraucht werden würden.
Ihr Optimismus war bald belohnt worden. Nachdem das Klassenbewusstsein der britischen Gesellschaft ihren Aufstieg nicht mehr behinderte, spuckten sie in die Hände, schufteten täglich neunzehn Stunden und standen bald in dem Ruf, gute und zuverlässige Dienste zu leisten. Mit schottischer Voraussicht wählten sie Frauen, die eine hübsche Mitgift in die Ehe einbrachten, und besaßen Ende des Ersten Weltkriegs zwei blühende Unternehmen mit zahlreichen Angestellten und Gewinnspannen, die eine rosige Zukunft versprachen.
Hector, der Zimmermann, gründete die Firma Campbell Construction, die prächtige Häuser für die ehrenwerten
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