Feuerscherben
trockene Nachtluft blies ihr ins Gesicht und wehte ihr das Haar in die Augen. Plötzlich sehnte sie sich unendlich nach den unbeschwerten Freuden eines Lebens, das zu einer anderen Frau gehört hatte und eine Ewigkeit zurückzuliegen schien. Der Duft des Jasmins, in den sich die Abgase und die Hitze des heißen Tages mischten, stieg ihr in die Nase. Vor Freude und Glück über das alte Vergnügen jubelte sie laut auf.
»Was ist los?«, fragte Roger. »Weshalb lachst du?«
»Weil ich dies einfach großartig finde. Ich habe nicht mehr in einem Cabrio gesessen, seit Josh Taylor heimlich den Chrysler seines Vaters nahm und mit mir … « Gerade noch rechtzeitig hielt sie inne. »Mit mir in die Stadt fuhr. Wir hatten kein besonderes Ziel, sondern fuhren einfach herum und kamen uns wie die coolsten Erwachsenen vor, die je auf dieser Straße gewesen waren. Es war zwei Uhr morgens, als wir endlich nach Hause zurückkehrten.«
»Ich wette, da warst du nicht mehr so cool. Eltern haben die unangenehme Angewohnheit, ihren Teenagern ganz schon den Marsch zu blasen.«
Rogers Bemerkung brachte andere, nicht ganz so angenehme Erinnerungen zurück. »Ich bekam keine Schwierigkeiten«, sagte Dianna leise. »Niemand hatte bemerkt, dass ich weg gewesen war.«
Er warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Armer alter Andrew und arme Evelyn. Besonders ängstliche Eltern waren sie gewiss nicht.«
»Sie glänzten vor allem durch Abwesenheit«, antwortete sie so unbekümmert wie möglich.
»Was mich betrifft, war ich ihnen dafür dankbar.«
»Ich wahrscheinlich auch.« Zum Glück verbirgt meine rauchige Stimme eine Menge von dem, was ich tatsächlich empfinde, dachte Dianna.
Roger nahm ihre Bemerkung wortlos hin und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Er überholte einen älteren Fahrer, der gemächlich mit dreißig Meilen dahinfuhr. »Alter Knacker«, schimpfte er. »So einer sollte vom Highway verbannt werden.« Er lehnte sich zurück und beschleunigte die Geschwindigkeit auf fast siebzig Meilen. »Und was war mit deinem Freund Josh? Hat er Ärger bekommen?«
»Und wie! Der arme Kerl durfte den Wagen einen Monat nicht fahren. Seine Eltern waren ziemlich altmodisch. Anders als unsere.«
»Armer Josh.«
»Ehrlich gesagt, ich habe ihn damals beneidet.« Das Geständnis war heraus, bevor Dianna es verhindern konnte. »Ich konnte mir unmöglich vorstellen, in einer Familie zu leben, wo Vater und Mutter immer wussten, ob man zu Hause war oder nicht. Aber ich hatte den Verdacht, dass es sehr schon sein müsste.«
»Theoretisch vielleicht. In der Praxis bestimmt nicht.«
»Wahrscheinlich hast du Recht. Kein Jugendlicher möchte seine Eltern ständig am Hals haben.« Sie durfte nicht länger in Erinnerungen schwelgen, sondern musste das Gespräch auf ein anderes Thema bringen, bevor es zu gefährlich wurde. Sie hatte nicht erwartet, dass es so schwierig sein würde, ihre Rolle durchzuhalten und zu überlegen, was sie gefahrlos sagen durfte und zu wem. Sie drehte sich zur Seite, damit sie Roger besser sehen konnte. »So weit meine rühmliche Vergangenheit. Und was ist mit dir? Du gingst noch nicht mit Mädchen aus, als ich das College verließ.«
Roger zwirbelte an einem nicht vorhandenen Bart. »Das glaubst auch nur du, junge Dame.«
»Aha, endlich kommt die Wahrheit ans Licht. Alle hielten dich für ein niedliches unschuldiges Kerlchen. In Wirklichkeit warst du also ein jugendlicher Hallodri.«
Er grinste verschmitzt. »Ich würde mich Heber als einen intelligenten Jungen bezeichnen, der die schöneren Seiten des Lebens schon ziemlich früh zu schätzen wusste. Frauen gehören zweifellos dazu.«
»Damit hast du sicher Recht.« Sie lächelte zurück. »Frauen sind großartig. Erzähl mir von deiner jetzigen Freundin.«
»Woher weißt du, dass ich eine habe?«
Ihre Augen funkelten vergnügt. »Das ist praktisch ein Naturgesetz. Du bist gescheit. Es macht Spaß, mit dir zusammen zu sein, du siehst verteufelt gut aus … « Erschrocken hielt sie inne. »Ich kann es kaum glauben, dass ich diese Komplimente gegenüber meinem schnoddrigen kleinen Bruder mache.«
Er verdrehte die Augen. »Hörst du endlich auf, mich als kleinen Bruder zu bezeichnen, wenn ich dir meinen neuen Nadelstreifenanzug und meinen Aktenkoffer zeige?«
Dianna lachte leise. »Ich kann nichts versprechen, aber ich werde mir Mühe geben.«
»Danke. Übrigens habe ich tatsächlich eine Freundin. Wir sind seit zwei Monaten zusammen.«
»Ist es eine
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