Feuerschwingen
umgab den Dämon, dessen Silhouette sich nun übergroß vom Nachthimmel abhob. »Komm her zu mir«, lockte er, und folgsam setzte sie sich auf.
Ihre Konzentration musste sie für einen kostbaren Augenblick verlassen haben, denn das Nächste, was sie spürte, waren seine Lippen auf ihrem Mund.
So süß! , wisperte die Versuchung, doch da war noch eine andere Stimme in ihr.
Milotschka.
Lucian?
Sein warmer Bariton hüllte sie ein, wie es die schwarzen Schwingen taten, wenn sie sich liebten. Die Erinnerung trieb ihr die Tränen in die Augen.
Milotschka, du darfst dem Dämon nicht vertrauen! Du bist Cratalis, das Feuer gehört dir.
Ich bin Cratalis , erwiderte sie verwundert und zuerst ratlos.
Der Vulkan in ihrem Inneren grollte, es drängte ihn danach, dem Lockruf des Dämonenfeuers zu folgen, sich mit ihm zu verbinden, wie es seine Bestimmung war. Glutrote Flammen leckten an der blau züngelnden Versuchung, und dann geschah etwas vollkommen Unerwartetes. Die Welle heißer Energie, die ihr hungriges Haupt einer Seeschlange gleich erhoben hatte, bereit, alles zu verschlingen, mit sich in den Abgrund zu reißen, zog sich langsam zurück.
Wind kam auf und kühlte ihren fieberglühenden Körper, bis Mila zu sich zurückfand.
Anthony war diese Veränderung nicht entgangen. Wütend forderte seine Zunge Einlass, weil er nicht begriff, dass er längst verloren hatte.
Zwar war es ihr gelungen, seine Magie zu bezwingen, doch der Mann konnte ihr immer noch schaden. Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass die Kiefergelenke knackten.
»Schlampe!« Er schlug ihr ins Gesicht, packte sie und warf sie auf den Felsen. Mit einem Satz war er bei ihr.
»Anthony, du möchtest mich doch jetzt nicht etwa mitten in deiner Zaubernummer vergewaltigen?«, fragte sie mit klarer Stimme, ohne zu wissen, woher die Kraft stammte, sich ihm auf diese Weise zu widersetzen.
»Halt den Mund!«, drohte er wütend und schlug ihr ins Gesicht.
Einmal. Zweimal. Dreimal …
Der letzte Knoten ihrer Fesseln löste sich. Pfeilschnell zog sie die Knie hoch und trat so fest zu, wie sie konnte.
Überrascht taumelte er zurück, und bevor er sich wieder fing, war sie aufgesprungen und hatte ihm einen weiteren Tritt versetzt. Doch der Kampf war noch nicht beendet. Ein Schwert erschien in seiner Hand. »Wie du willst! Dann schneide ich es eben aus dir heraus«, brüllte er. Seine Halsadern waren geschwollen, und er sah nun ganz und gar wie ein Dämon aus.
Mila spürte Panik in sich aufsteigen, als unerwartet jemand sagte: »Nein, nein, nein. So geht das nicht! Hast du denn gar nichts von mir gelernt?«
Die belustigt klingende Stimme kam aus dem Nichts, ihre Wirkung hätte nicht stärker sein können. Anthony fror buchstäblich ein. Sein Gesicht versteinerte im Ausdruck blanken Entsetzens.
Auch Mila verharrte, als sich ein Mann vor ihr materialisierte.
»Darf ich mich vorstellen?«, fragte er galant und deutete eine Verbeugung an. »Mein Name ist Durival. Ich nehme an, du hast bereits von mir gehört.« Aufmerksam musterte er sie und ging sogar einmal um sie herum mit einem Blick, wie man eine exotische Statue begutachtete. »Du hast es also doch in dir«, stellte er fest. »Zu bedauerlich, dass ich das damals bei unserer ersten Begegnung übersehen habe.«
»Mörder!«, zischte Mila und wäre ihm nur zu gern an die Gurgel gegangen. Doch dieser Mann, der so lässig die Hand in den Hosentaschen vergrub und in der Tat große Ähnlichkeit mit dem Hollywood-Schauspieler wie auch mit seinem Sohn besaß, dieser Mann war laut Anthony einer der mächtigsten Dämonen der Unterwelt, und ihr Instinkt sagte ihr, dass er nicht übertrieben hatte.
»Was machen wir denn nun mit dir?« Beinahe sanft legte er ihr den ausgestreckten Zeigefinger unters Kinn. »Herausschneiden«, wandte er sich mit dem Ton eines enttäuschten Lehrers an Anthony, »kann man diesem hübschen Engelsbastard höchsten die Eingeweide. Hast du die Aufzeichnungen nicht gelesen, die du aus meiner Bibliothek gestohlen hast?« Ruhig, als störte es ihn nicht weiter, von Anthony hintergangen worden zu sein, sprach er weiter. »Du magst sie, nicht wahr? Aber sie hat dich zurückgewiesen, und das hat dich kopflos gemacht.« Langsam ließ er den Arm sinken. »Du musst wissen, Miljena, dass junge Rekruten wie dieser da noch Spuren von Emotionen in sich haben. Das macht sie unberechenbar, aber für unsereins auch äußerst unterhaltsam. Vielleicht sollte ich dich einfach mal eine Weile mit ihm und ein
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