Feuersee
verloren.
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Kapitel 21
Nekropolis,
Abarrach
Einen Zyklus nach dem Tod des Prinzen sagte der
Herrscher seine Audienzstunde ab, etwas, das er nie zuvor getan hatte.
Der
Kanzler gab bekannt, Seine Majestät sei mit
Staatsgeschäften überlastet, einige
wenige privilegierte Personen ließ er jedoch unter dem Siegel
der
Verschwiegenheit wissen, Seine Majestät hätte
beunruhigende Nachrichten
empfangen, eine feindliche Armee betreffend, die am jenseitigen Ufer
der
Feuersee lagerte.
Wie von Kleitus vorhergesehen, sickerte die
besorgniserregende Neuigkeit in die Stadt wie der
unaufhörliche Regen und schuf
eine Atmosphäre von Spannung und unterschwelliger Panik, die
seinen Plänen
äußerst förderlich war. Er verbrachte den
Zyklus in der Palastbibliothek,
völlig allein, bis auf die toten Wachen, und die
zählten nicht.
Elihn, der All-Gott, schaute mit Mißfallen auf
das Chaos. Er streckte seine Hand aus, und aus dieser Bewegung entstand
die
Primärwelle. Ordnung war erschaffen, in der Gestalt einer
Welt, gesegnet mit
intelligentem Leben. Elihn war zufrieden mit seiner Schöpfung
und beschenkte
die Welt mit allen guten Dingen, die notwendig waren, um das Leben
darauf zu
erhalten. Nachdem er die Welle in Bewegung gesetzt hatte,
verließ Elihn die
Welt, denn er wußte, die Welle würde für
ihren Fortbestand sorgen, und ein
Hüter war nicht mehr erforderlich. Die drei von der Welle
hervorgebrachten
Rassen, Elfen, Menschen und Zwerge, lebten in Eintracht.
»Nichtige«, sagte Kleitus
verächtlich und
überflog die nächsten Seiten, die sich mit der
Erschaffung der ersten, jetzt
als die minderen bezeichneten Rassen beschäftigten. Die
Information, die er
suchte, würde er in diesem Passus nicht finden, obwohl er sich
entsinnen
konnte, daß sie ziemlich am Anfang des Textes gestanden
hatte, aber die genaue
Stelle wußte er nicht mehr. Sein letzter Blick auf dieses
Manuskript war lange
her; damals suchte er nach einem Fluchtweg aus dieser Welt und hatte
kein
Interesse an der Geschichte einer anderen, längst versunkenen.
Doch gegen Ende einer schlaflos verbrachten
Schlafhälfte war Kleitus plötzlich die Erinnerung an
einen Satz gekommen, den
er in irgendeinem Buch gelesen haben mußte. Er setzte sich
ruckartig in seinem
Bett auf und faßte sofort den Entschluß, die
Audienzstunde abzusagen. Nachdem
er angestrengt sein Gedächtnis durchforscht hatte, fiel ihm
der Titel des
Buches ein. Er brauchte es nur noch zu suchen und die entsprechende
Stelle zu finden. 10
In ihrem Bestreben, das Gleichgewicht zu
erhalten und eine Rückentwicklung zum Chaos zu verhindern, ist
die Primärwelle
in einem ständigen Korrekturprozeß begriffen
– ihr Fluß ist ein beständiges Auf
und Ab. Daraus resultieren Licht und Dunkelheit, Gut und Böse,
Krieg und
Frieden.
Zu Anbeginn der Welt, während der Periode, die
fälschlich das Dunkle Zeitalter genannt wurde, glaubten die
Bewohner der Welt
an die Gesetze der Magie, an die Gesetze des
Übernatürlichen sowie gleichzeitig
an die Naturgesetze. Doch nach einiger Zeit trat eine neue Religion
ihren
Siegeszug an. Sie nannte sich ›Wissenschaft‹. Die
Wissenschaft verehrte allein
die Naturgesetze, während sie die magischen und spirituellen
Gesetze als
›Illusionen‹ schmähte.
Die menschliche Rasse verfiel aufgrund ihrer
kurz bemessenen Lebensspanne in besonderem Maße dieser neuen
Religion, die
ihnen Unsterblichkeit zu versprechen schien. Sie bezeichneten diese
Periode als
Renaissance. Die Elfen, die auf ihrem Glauben an die Magie beharrten,
wurden
konsequent verfolgt und vertrieben. Die Zwerge, sehr geschickt im
Umgang mit
mechanischen Geräten, boten den Menschen an, mit ihnen
zusammenzuarbeiten, aber
die Menschen wollten Sklaven, keine Partner, deshalb zogen sich die
Zwerge aus
eigenem Antrieb von ihnen zurück und suchten Zuflucht unter
der Erde. Nach und
nach vergaßen die Menschen diese anderen Rassen und den
Glauben an die Magie.
Die Balance ging verloren, ein Ungleichgewicht stellte sich ein:
einerseits
Macht und Stärke, andererseits Ohnmacht und Kraftlosigkeit.
Aber die Welle strebt immer nach Ausgleich,
diesmal mit entsetzlichen Folgen. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts
entfesselten
die Menschen einen furchtbaren Krieg untereinander. Ihre Waffen
– Wunderwerke
der Technik – brachten Tod und Vernichtung über
Millionen. An jenem Tag
zerstörte die Wissenschaft sich
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