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Feuersee

Titel: Feuersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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Was haben wir
gesehen?
    Vor der Tür konnte man eine tiefe Stimme
hören.
Sie klang fern, aber das Lärmen der toten Soldaten verstummte.
    »Kleitus«, sagte Haplo grimmig.
»Es wird Zeit!«
Er schob den Sartan zum Ausgang, trieb ihn zwischen den am Boden
verstreuten
Knochen hindurch und stützte ihn, wenn er stolperte.
    »Jonathan!« Alfred wollte umkehren.
    »Ich kümmere mich um ihn!«
erwiderte eine
Stimme.
    Der tote Prinz folgte ihnen; er führte den
jungen Herzog, der neben ihm wie ein Schlafwandler ging.
    »Bei ihm hat dein Zauber etwas zu gut
gewirkt«,
meinte Haplo bissig. »Der Gute hat keine Ahnung, wo er sich
befindet!«
    »Es war nicht mein Zauber!«
protestierte
Alfred. »Ich habe nichts …«
    »Sei still und geh weiter. Du brauchst deinen
Atem noch, um die Runen an der Tür zu aktivieren!«
    »Was ist mit Jera?«
    Die Lazar stand neben der geöffneten Tür.
Die
Leiche blickte unverwandt geradeaus; der Schemen wand sich um den
starren
Körper, beobachtete die einstigen Gefährten
über dessen Kopf hinweg oder spähte
durch die Fenster der toten Augen. Die toten Lippen formten Worte,
Alfred
konnte sie hören, und ihm wurde bewußt,
daß er sie schon seit dem Erwachen aus
der Trance gehört hatte:
    »Die Lebenden halten uns in Ketten. Wir sind die
Sklaven der Lebenden. Wenn es keine Lebenden mehr gibt, sind wir
frei.«
    »… frei …« Das
Flüstern der zweiten Stimme.
    »Gütiger Sartan!« Alfred
erschauerte.
    »Ja«, sagte Haplo kurz.
    »Sie wirbt eine Gefolgschaft an. Vielleicht hat
Kleitus sie durch Magie beeinflußt …«
    »Nein«, sagte Prinz Edmund. »Es
hat nichts mit
Magie zu tun. Sie hat gesehen, wie ich gesehen habe. Aber sie versteht
nicht.«
    Du hast es gesehen! Und ich habe es auch gesehen
– ein Teil von mir hat es gesehen! Alfred schaute verlangend
zu dem Tisch
zurück. Von draußen hörte er laute Befehle,
das Scharren von Füßen. Er brauchte
nur die Runen zu beschwören, um die Tür zu
öffnen. Das heilige Licht war
erloschen, als würde die Magie wirken. Aber die Worte kamen
ihm nicht über die
Lippen, die Runenformeln ließen sich nicht greifen. Wenn ich
noch ein wenig
bleibe, dann werde ich mich erinnern …
    »Schnell, Sartan!« zischte Haplo durch
zusammengebissene Zähne. »Wenn Kleitus mich lebend
in seine Gewalt bekommt,
sind wir – unsere Völker, unsere Welten
verloren!«
    Zwei widerstreitende Kräfte, die ihn hin und her
zerrten. Der Völker Hoffnung, der Völker Untergang
– beides in einem Raum! Wenn
ich gehe, werde ich eins für immer verlieren. Wenn ich bleibe

    »Seht nur, was Wir gefunden haben, Pons.«
Die
breitschultrige, schwarzgewandte Gestalt des Herrschers tauchte in der
Tür auf,
neben ihm drängte sich der etwas schmächtigere
Kanzler herein. »Das sogenannte
Sanktuarium, wo die Ketzer ihre Visionen hatten. Ich
wüßte gern, wie diese
Elenden es gefunden haben und wie es ihnen gelungen ist, die Runen
außer Kraft
zu setzen. Leider können wir sie nicht lange genug am Leben
lassen, um es
herauszufinden.«
    »Das Sanktuarium!« Pons Stimme war nur ein
gebrochenes Flüstern. Ungläubig schaute er durch das
Zimmer, starrte auf die
blanken Knochen und Totenschädel, auf den Tisch aus Holz.
»Es gibt es wirklich!
Es ist nicht nur Legende!«
    »Selbstverständlich gibt es das
Sanktuarium. Und
ebenso wirklich ist sein Fluch. Wachen.« Mit einer
Handbewegung rief Kleitus
die toten Soldaten zu sich, so viele sich durch die Tür
zwängen konnten.
    »Tötet sie.«
    Freunde, keine Gewalt. Fügt niemandem ein Leid
zu, sie gehören zu unserem eigenen Volk. Keine magischen
Schilde …
    Während Alfred die Runen in seinem Kopf zu
ordnen versuchte, tönte ihm die Stimme der greisen Mentorin in
den Ohren und
machte seine Bemühungen zunichte. Er war sich
bewußt, daß Haplo neben ihm
stand, der erschöpfte Patryn bereitete sich darauf vor zu
kämpfen – wenn nicht
um sein Leben so dafür, daß sein Leichnam dem Feind
keinen Nutzen mehr brachte.
    Aber die Soldaten machten keine Anstalten, den
ungleichen Kampf zu beginnen.
    »Habt ihr Unseren Befehl nicht
gehört?« rief
Kleitus verärgert. »Tötet sie!«
    Die toten Soldaten hatten die Schwerter gezogen,
die Bogen gespannt, aber sie griffen nicht an. Ihre Schemen schwankten
wie in
einem heißen Wind. Alfred glaubte fast, ihr erregtes
Flüstern seine Wange
streifen zu fühlen.
    »Sie werden dir nicht gehorchen«, sagte
die
Lazar.

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