Feuersee
in diesem von Magmaglut erleuchteten
unterirdischen Gang,
während in der Stadt über ihren Köpfen das
Grauen tobte, verfehlten die Worte
ihre tröstende Wirkung auf Alfred. Er rückte ein
Stück von dem Schlafenden ab
und lehnte den Rücken gegen die Wand.
»Und was ist mit Eurem Volk?« fragte er
plötzlich, weil ihm die Telester einfielen. »Ist es
nicht auch in Gefahr?
Solltet Ihr nicht etwas tun, um es zu warnen?«
Der Gesichtsausdruck des Prinzen veränderte
sich, wurde traurig. Oder vielleicht spürte Alfred nur die
Trauer und bildete
sich ein, daß die Züge des Leichnams die Empfindung
widerspiegelten.
»Das Leiden meines Volkes betrübt mich.
Aber es
sind Lebende. Ich habe die Grenze überschritten. Meine Worte
sind für die Toten
bestimmt.«
»Aber was habt Ihr vor?« fragte Alfred
ratlos.
»Was könnt Ihr für sie tun?«
»Ich weiß es noch nicht«,
antwortete der
Schemen. »Aber ich werde es rechtzeitig erfahren.«
Das unwirkliche Gesicht
wandte sich Alfred zu. »Euer lebender Körper braucht
Ruhe. Ich werde Wache
halten, während Ihr schlaft. Fürchtet nichts. Niemand
wird uns finden.
Vorläufig seid Ihr in Sicherheit.«
Alfred blieb kaum etwas anderes übrig, als dem
Prinzen zu vertrauen und seinem Rat zu folgen. Jeder Magie waren
physische
Grenzen gesetzt, wie diese schreckliche Welt dem Sartan drastisch vor
Augen
führte. Er konnte nur bis einem gewissen Punkt davon zehren,
dann mußte er neue
Kräfte sammeln, also machte er es sich auf dem felsigen Boden
so bequem wie
möglich und war tatsächlich binnen kurzem
eingeschlafen.
Der Hund, der jede Bewegung Alfreds langsam
verfolgt hatte, war nun überzeugt, daß auch er
ausruhen konnte. Er rollte sich
neben seinem Herrn zusammen und bettete den Kopf auf dessen Brust, doch
er
behielt die beiden Schläfer im Auge wie auch die ihm
rätselhafte Gestalt des
Prinzen neben der Tür.
Haplo erwachte aus einem langen Schlaf, der
seinen Körper geheilt hatte, ohne seinem Geist Frieden oder
Erholung zu
bringen. Er fühlte sich unerklärlich ruhelos und
gereizt. Während er still im
Dunkeln lag und den Kopf des Hundes streichelte, versuchte er
herauszufinden,
was ihn beschäftigte.
Da war etwas ungeheuer Wichtiges, das er tun
oder sagen mußte oder jemandem erzählen. Und er
konnte sich nicht mehr daran
erinnern.
»Völliger Blödsinn«,
erklärte er dem Hund.
»Unmöglich. Wenn es so wichtig wäre,
könnte ich mich erinnern.« Doch wie sehr
er sich auch den Kopf zerbrach, es fiel ihm nicht ein, und das
vergessene
Wissen fraß an ihm – eine andere Art von Gift.
Hinzu kamen Hunger und brennender Durst. Er
hatte nichts gegessen oder getrunken seit der Mahlzeit, die fast seine
letzte
gewesen wäre. Nachdem er sich aufgesetzt hatte, hielt er
Umschau nach einem
winzigen Rinnsal, das aus einem Riß in der Decke sickerte,
oder auch nur einem
Tropfen, der von der Decke fiel. Schon ein Tropfen genügte, um
daraus
vermittels seiner Magie einen See zu erschaffen, aber aus trockenem
Fels konnte
auch er kein Wasser hervorzaubern.
Kein Wasser. Nichts. Alles ging schief, seit er in dieser vermaledeiten Welt gelandet war. Na, zumindest
wußte er, wem er die
Schuld daran geben konnte.
Alfred lag mit hochgezogenen Knien auf der Seite
und schnarchte leise.
Ich hätte den Bastard da drin krepieren lassen
sollen, besonders nach dem Zaubertrick mit dem Tisch, als ich diese
Leute
gesehen habe und … Er schüttelte die unliebsame
Erinnerung ab. Doch wenigstens
sind wir jetzt quitt. Ich habe ihm das Leben gerettet, wie er mir das
meine.
Ich schulde ihm nichts mehr.
Haplo sprang unvermittelt auf und erschreckte
den Hund, der mit leichtem Vorwurf zu ihm aufsah.
»Ihr wollt alleine weitergehen.« Der tote
Prinz
stand regungslos vor der versiegelten Tür, nicht weit von der
Stelle entfernt,
wo Jonathan unter einem Schlafbann auf dem Boden lag.
»So komme ich schneller voran.« Haplo
reckte die
Arme und massierte sich den steifen Nacken, teils als Vorwand, um den
Schemen
nicht ansehen zu müssen.
»Ihr geht ohne Wegweiser.« Es hatte nicht
den
Anschein, als versuchte der Wiedergänger, ihn von seinem
Vorhaben abzubringen;
er stellte nur Tatsachen fest. Wer konnte wissen, was in seinem Kopf
vorging.
»Nach meiner Ansicht befinden wir uns auf der
untersten Ebene der Katakomben«, antwortete Haplo.
»Irgendwo finde ich einen
Gang, der nach oben führt. In eine noch üblere
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