Feuersee
sich, wie von
Tod und
Verwesung. Der Tonfall der Worte vermittelte ihm den Eindruck von einer
Trauer,
die tiefer war als die dunklen Tiefen dieser Welt. Haplo war stolz
darauf,
niemals von ›weichen‹ Empfindungen bewegt zu
werden, aber diese Trauer rührte
ihn bis ins Innerste.
Langsam entließ er Alfred aus seinem harten
Griff. »Hast du eine Vorstellung davon, was hier vor sich
geht?«
»Nein, habe ich nicht. Doch ich glaube, ich
könnte lernen, mich an diese Sprache zu
gewöhnen.«
»O ja, ich auch. Genauso wie an eine Schlinge um
den Hals. Was hast du vor?« Haplo musterte Alfred aus
schmalen Augen.
»Ich?« Alfred war verdutzt.
»Vorhaben? Was
meinst du?«
»Wirst du mich ihnen ausliefern? Ihnen sagen,
daß ich der Feind bin? Vermutlich brauchst du es ihnen
überhaupt nicht zu
sagen. Sie werden sich erinnern.«
Alfred antwortete nicht gleich. Er machte
etliche Male den Mund auf und zu, als wollte er etwas sagen,
könnte sich aber
nicht entscheiden. Haplo glaubte zu ahnen, daß Alfred nicht
versuchte, sich
darüber klar zu werden, was er tun, sondern wie er seine
Entscheidung erklären
sollte.
»Es mag dir unverständlich erscheinen,
Haplo,
aber ich hege nicht den Wunsch, dich zu verraten. Ja, ich habe deine
Drohungen
gehört, und glaub mir, ich nehme sie nicht auf die leichte
Schulter. Ich weiß,
was mich im Nexus erwartet. Doch vorläufig sind wir Fremde in
einer fremden
Welt – einer Welt, die um so fremdartiger erscheint, je
genauer wir sie
erkunden.«
Alfred räusperte sich verlegen. »Ich kann
es nur
schlecht erklären, aber ich fühle mich dir irgendwie
– verbunden. Vielleicht
liegt es daran, was beim Passieren des Todestores mit uns geschehen
ist. Haben
wir nicht die – die Leben getauscht? Ich drücke mich
wirklich recht
unverständlich aus, nicht wahr?«
»Verbunden! Zum Henker mit dem Geschwätz!
Merk
dir nur eins: Mein Schiff und ich sind deine einzige
Möglichkeit, von hier
wegzukommen. Deine einzige Möglichkeit.«
»Das stimmt«, meinte Alfred ernsthaft.
»Du hast
recht. Dann scheint es, daß wir aufeinander angewiesen sind,
um zu überleben.
Willst du, daß ich dir mein Wort darauf gebe?«
Haplo schüttelte den Kopf, weil er
fürchtete,
seinerseits etwas versprechen zu müssen. »Du willst
deine Haut retten, und dazu
brauchst du mich – das zu wissen genügt
mir.«
Alfred nickte, als hätte er nichts anderes
erwartet, dann schaute er sich unruhig nach allen Seiten um.
»Da wir das nun
geklärt haben, sollten wir nicht vielleicht zum Schiff
zurückkehren?«
»Sind diese Leute Sartan?«
»Jaa.«
»Interessiert es dich nicht, Genaueres über
sie
in Erfahrung zu bringen? Wie sie auf dieser Welt leben?«
»Ich glaube schon …«
Alfred stockte.
Haplo ignorierte sein Zögern. »Wir
schleichen
uns näher heran und sehen zu, ob wir herausfinden
können, was das alles zu
bedeuten hat.«
Die beiden Männer und der Hund bewegten sich im
Schatten der Tunnelwand langsam vorwärts, bis Haplo glaubte,
daß sie nahe genug
waren, um zu sehen, ohne gesehen zu werden, zu hören, ohne
gehört zu werden. Er
hob warnend die Hand. Alfred schwebte lautlos neben ihn; der Hund legte
sich
hin und schaute abwechselnd zu seinem Herrn und zu Alfred.
Es waren tatsächlich Sartan, die sich in diesem
unterirdischen Felsensaal versammelt hatten. Was das Aussehen betrifft,
sind
die Sartan den Menschen sehr ähnlich, nur daß es bei
ihnen keine
unterschiedlichen Haarfarben gibt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist
schon
bei Kindern das Haar weiß, mit braunen Spitzen. Bei den
Patryn ist es genau
umgekehrt: Haplos am Ansatz braunes Haar färbte sich zu den
Spitzen hin weiß.
Alfred war im Lauf der Zeit nahezu vollständig kahl geworden
und deshalb nicht
ohne weiteres als Patryn oder Sartan zu identifizieren.
Überdies waren die Sartan größer
als die
Angehörigen der minderen Rassen. Das Bewußtsein
ihrer magischen Fähigkeiten und
großen Macht verlieh ihren Zügen Schönheit
und einen besonderen Glanz. (Alfred
war die Ausnahme von der Regel. ) Diese Leute waren ohne Zweifel
Sartan. Haplo
musterte rasch die Gesichter in der Menge. Er sah nur Sartan, keine
Elfen,
keine Menschen, keine Zwerge.
Doch etwas stimmte nicht mit ihnen. Der Patryn
kannte einen lebenden Sartan – Alfred. Auf Pryan hatte er
lebensechte
Projektionen von Sartan gesehen. Selbstverständlich empfand er
nichts als
Verachtung für
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