Feuersee
anzusehen, aber das brauchte er
auch
nicht, um zu wissen, daß der Tropf so schuldig aussah, als
stünden die Worte Ja,
ich komme aus einer anderen Welt auf seiner Stirn
geschrieben.
»Und doch seid Ihr, Herzogin, eine Nekromantin
geworden«, bemerkte Edmund und brach damit das unbehagliche
Schweigen.
»Ja, es ließ sich nicht
umgehen«, bestätigte
Jera traurig. »Wir sind in einem unentrinnbaren Kreislauf
gefangen,
vergleichbar der Schlange, die sich nur am Leben erhalten kann, indem
sie sich
von ihrem eigenen Schwanz ernährt. Nekromanten sind
unentbehrlich. Besonders
seit unserer Verbannung in die alten Provinzen.«
»Was sind das, die alten Provinzen?«
erkundigte
sich Edmund, froh über die Gelegenheit, das Gespräch
in andere Bahnen zu
lenken, weg von Themen, die ihm gefährlich, wenn nicht gar
blasphemisch
erschienen.
»Ihr werdet es bald sehen. Die Straße zur
Stadt
führt mitten hindurch.«
»Vielleicht würde es Euch, Hoheit, und
selbstverständlich auch Euch, meine Herren, interessieren, die
Maschine zu
besichtigen, die das Schiff antreibt?« schlug Jonathan vor,
um der
unerquicklichen Situation ein Ende zu machen. »Es ist
wirklich faszinierend und
amüsant.«
Haplo war sofort einverstanden. Jede Information
über diese Welt war für ihn wichtig. Auch Edmund
nickte, vielleicht dachte er
insgeheim daran, daß solche Schiffe ihn und sein Volk in die
Lage versetzten,
das Todestor zu erreichen. Alfred schloß sich ihnen nur
deshalb an, dachte
Haplo boshaft, damit er nicht die einmalige Gelegenheit
versäumte, kopfüber
eine stählerne Treppe hinab in den
glühendheißen, finsteren Bauch des Schiffes
zu stürzen.
Die Besatzung im Maschinenraum bestand aus
Toten, die eine Arbeit fortführten, die sie auch im Leben
getan hatten. Haplo
erforschte die Geheimnisse von etwas, das als
›Dampfkessel‹ bezeichnet wurde,
und bekundete höfliches Erstaunen über eine weitere
geniale Konstruktion, ein
sogenanntes ›Schaufelrad‹ am Heck, das sich
rotglühend in die gleichfalls
rotglühende Lava wühlte und das Drachenschiff
vorwärtsschob.
Das Ganze erinnerte den Patryn lebhaft an das
gewaltige Allüberall, die gigantische, von den Sartan
erschaffene und von den
Gegs auf Arianus gehegte und gepflegte Maschine, deren Zweck niemand
kannte,
bis der Junge, Gram, die Lösung fand.
Schon vor langer Zeit hätten wir aufhören
sollen, darauf zu warten, daß von den anderen Welten jemand
kommt, um uns zu
retten!
Haplo, der aufs Oberdeck zurückkehrte, war froh
darüber, der Hitze und Dunkelheit unten entronnen zu sein. Er
dachte an Jeras
Worte. Unwillkürlich mußte er grinsen. Welch
erlesene Ironie. Nun war
tatsächlich jemand von einer anderen Welt gekommen, wenn auch
nicht als Retter
– der alte Feind der Sartan, ihr Erbfeind. Wie sein
Fürst lachen würde!
Das eiserne Schiff lief in einen Hafen ein, der
weit größer und betriebsamer war als der, den sie
vor kurzem verlassen hatten.
Ständig liefen Schiffe aus, andere legten an. Die
ertragreichen neuen
Provinzen, erklärte Jonathan seinen Gästen, zogen
sich entlang der Küste hin;
in einem Abstand, der es ihnen erlaubte, von der Hitze zu profitieren,
ohne
darunter zu leiden.
Sogleich nach Verlassen des Schiffs übergaben der
Herzog und die Herzogin den Oberbefehl über ihre Armee einem
anderen
Nekromanten, der über den Zustand der Leichen
mißbilligend den Kopf schüttelte
und sie vor sich hertrieb, um in Ruhe die ärgsten
Schäden zu beheben. Das
herzogliche Paar freute sich, seiner Schutzbefohlenen ledig zu sein,
und
unternahm mit seinen Gästen einen kurzen Rundgang durch den
Hafen. Haplo gewann
den Eindruck, daß Nekropolis trotz Jeras düsterer
Worte ein blühendes und
reiches Gemeinwesen war.
Sie verließen den Hafen, um zur
Überlandstraße
zu gelangen, dem direktesten und schnellsten Weg in die Stadt. Doch
bevor sie
die Straße erreichten, forderte Jera ihre Begleiter auf,
stehenzubleiben und
sich umzudrehen. Sie wies mit der ausgestreckten Hand auf einen Punkt
am Ufer
der feurigen See.
»Dort«, sagte sie. »Seht ihr
diese drei großen
Steine, einer auf dem anderen? Ich habe sie dort aufgestapelt, bevor
wir
ausgelaufen sind, und zwar so, daß das Magma sie
berührte.«
Haplo schaute genauer hin. Er hätte die Hand auf
den freien Streifen zwischen Stein und Magma legen können.
»In dieser kurzen Zeitspanne«, fuhr Jera
fort,
»hat sich die
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