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Feuersteins Drittes

Feuersteins Drittes

Titel: Feuersteins Drittes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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Werbefilmer, den ich als MAD -Zeichner kennen gelernt hatte, als er noch in Stuttgart Kunst studierte, und der — als Sohn eines Generals — mir so viel Einblicke in das Familienleben der Thailänder im Allgemeinen und der Privilegierten im Besonderen bot; dann mit Chet, dem melancholischen Fotografen und Lebenskünstler, der stets in den feinsten Hotels wohnte, aber nie auch nur einen Baht in der Tasche hatte, weil er für seine Werbefotos immer nur mit Hotelgutscheinen bezahlt wurde; und schließlich mit Cimi, dem Journalisten, der seine Magisterarbeit über Robespierre geschrieben und daraus sein Lebensfazit gezogen hatte: »Sie gehören alle geköpft«, war jedes Mal sein Schlusssatz, wenn wir über Politik redeten.
    Wie soll ich da unbefangen bleiben und fremde Themenvorschläge schlucken, wo ich doch mehr weiß, als im Reiseführer steht. So habe ich zum Beispiel noch nirgendwo gelesen, dass Thailand zwar der größte Reisexporteur Asiens ist, aber der König selber kaum Reis isst, weil dieser als unfeines Arme-Leute-Essen gilt und bei Hof nur selten serviert wird... ABER ICH WEISS DAS! 13 Und da soll ich mich plötzlich von ahnungslosen Ignoranten belehren lassen? Kein Wunder, dass ich mit Wolpers in Thailand heftiger stritt als bei jeder anderen Arbeit. Heftiger, und eigentlich pausenlos.
    Um fair zu bleiben: Kein Wunder daher, dass er mich ruhig zu stellen versuchte und am dritten Drehtag in die Schlangengrube warf. Denn der Biss der Kobra lähmt bekanntlich auf der Stelle, das wusste Wolpers noch aus seiner Jugendzeit, da er mal nach eigener, stolzer Schilderung ein Terrarium mit Skorpionen und Taranteln besessen hatte. Wahrscheinlich, um sie zu essen.
    Ich war schon ein paar Tage vor dem Team in Bangkok angekommen, um mich im Garten des alten, inzwischen für immer verschwundenen Interconti- Hotels (später mehr darüber) an die feuchten 35 Celsius-Grade zu gewöhnen, die nun mal im März hier Standard sind. Bei der Gelegenheit wollte ich außerdem die bösen Geister besänftigen, die bestimmt schon darauf lauerten, unsere Arbeit zu stören. Denn bei allem aufgeklärten Buddhismus als Staatsreligion ist Thailand — wie ganz Südostasien — tief im Animismus verankert: Jeder Baum gilt als beseelt, Geister bewohnen jedes Grundstück, und wehe dem, der baut, ohne eine eigene Behausung für die unsichtbaren Mitbewohner zu errichten. Wobei es wichtig ist, dass das Geisterhaus an einer Stelle steht, auf die niemals, zu keiner Tages- oder Jahreszeit, der Schatten des eigenen Hauses fällt.
    Ein paar hundert Meter weiter, im prunkvollen Erawan -Nobelhotel, hatte man vor fünfzig Jahren genau diesen Fehler gemacht: Der Bau wurde begonnen, ohne dass man die Geister korrekt umgesiedelt hatte. Da wurden sie zornig und verursachten eine endlose Serie von Unfällen, bis die Ursache erkannt war und das richtige Geisterhaus an der richtigen Stelle stand. Heute ist der Erawan-Schrein mit dem vierköpfigen Buddha an der Kreuzung Ploenchit und Ratchadamri das wohl bekannteste Geisterhäuschen des Landes, eine Wallfahrtsstätte rund um die Uhr, für Einheimische ebenso wie für Touristen, wo man mit Blumengirlanden und Opfergaben um Glück bittet und ganz besonders um die Abwehr des Bösen. Ich habe deshalb vorsorglich an jeder der vier Seiten Buddhas drei Räucherstäbchen und eine Kerze entzündet, aber es hat nichts genutzt: Wolpers kam trotzdem am nächsten Tag aus Deutschland.
    Natürlich klappte zunächst gar nichts. Der für den Filmbeginn geplante Panoramablick von einer Baustelle in 150 Metern Höhe, wo gerade der neueste Wolkenkratzer Bangkoks fertig gestellt wurde, erwies sich »aus Sicherheitsgründen« als unzugänglich, obwohl Wolpers einen ganzen Tag lang dem Bauherrn hinterhertelefoniert hatte und nach jedem Gespräch strahlend verkündet hatte: »Er hat zu 99 Prozent zugesagt!« Und auch ein Hubschrauber war nicht aufzutreiben, obwohl Wolpers schon vor Beginn der Reise ständig mit einem Fax wedelte, in dem unser lokaler Aufnahmeleiter angekündigt hatte, es wäre »mit größter Wahrscheinlichkeit« möglich. Natürlich habe ich ihn immer wieder aufgeklärt, dass in Asien »99 Prozent« und »mit größter Wahrscheinlichkeit« nichts anderes ist als die höfliche Umschreibung von »NEIN!«. Aber er hat mir nicht geglaubt. Na schön, ich hätte es ihm vielleicht leiser sagen können, ohne den Zusatz »Arschloch«. Aber er glaubt mir ja nicht mal, wenn ich im normalen Ton mit ihm rede...
    Aber warum 150

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