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Feuersteins Drittes

Feuersteins Drittes

Titel: Feuersteins Drittes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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mein schwächstes halte, aber bestimmt das überzeugendste ist, weil man es ja auch von anderen »Promis« kennt: die Angst, ertappt zu werden.
    Zwar bemühe ich mich allein schon aus Menschenscheu, so unauffällig und anonym wie nur möglich durchs Leben zu wandeln, doch scheint man mich wegen meiner Körpergröße oder weil ich immer noch die Brille trage, mit der ich geboren wurde, ganz besonders leicht zu erkennen. Selbst wenn ich also wollte , könnte ich niemals in einen zwielichtigen Schuppen huschen, ohne dass nicht drinnen der Typ von vorhin schon mit ausgebreiteten Armen auf mich wartet: »Hey, Feuerstein, du bist ja vom Fernsehen! Da kennst du bestimmt hier alle geilen Kneipen, wo so richtig was abgeht, hm?«... Zwinker, Zwinker, Rippenbox.
    Boshaft könnte man also sagen: Ich bin nur deshalb kein Sextourist, damit nicht in der BILD-Zeitung steht, ich sei ein Sextourist. Das stimmt mit Sicherheit für alle Promis bis rauf zum Bundeskanzler. Außer für mich.
    Und was ist mit Sextourist Wolpers?
    Merkwürdig, Wolpers schien es ähnlich zu gehen, und das erstaunte mich doch ein bisschen. Denn da sich sonst beim Thema Sex sofort seine Stimme überschlägt und er zappelig wird und hysterisch lacht, hielt ich ihn bisher für eine leichte Beute für so gut wie jede Frau, allein schon aus Dankbarkeit, dass sich überhaupt jemand für ihn interessierte. Aber in Thailand war er von wahrhaft mönchischer Zurückhaltung. Beim Absacker nach Drehschluss trug er auch in zwielichtigen Hotelbars stets eine eiserne »Nein, danke«-Miene zur Abwehr von Versucherinnen, und wenn ich nachts an seiner Tür horchte, hörte ich ihn nur Zahlen murmeln und seufzen, die typischen Albtraumlaute von Filmproduzenten. Kann natürlich sein, dass seine Haltung reine Verlegenheit darstellte, weil er noch nicht aufgeklärt war — er ist ja erst dreißig. Ob ich ihm ein Buch schenken soll, wo das alles drinsteht? Lieber nicht, sonst fängt er gar noch an, sich zu vermehren.
    Da man in einem Thailand-Film am Thema Sextourismus nicht vorbeikommt, schlug er einen Massage-Dreh vor, gleich für den Anfang, am Strand von Phuket. Ich sollte im Sand liegen und mich von einem Mädchen bearbeiten lassen, wie das dort üblich ist, ohne Absprache vorher, mal sehen, was passiert.
    Natürlich war es mir peinlich, meinen sechzigjährigen Leib in aller Öffentlichkeit kneten zu lassen, aber ich summte zu — für einen Lacher habe ich schon weitaus Schlimmeres getan. Ausgemacht war nur, dass es nichts Anrüchiges sein sollte, sondern die klassische Thai-Massage. Denn die kenne ich, auch wenn ich sie nicht sonderlich schätze, weil sie recht schmerzhaft sein kann, vor allem in der Schlussphase, wenn einen die zierlichen, aber erstaunlich kräftigen Mädchen zusammenfalten wie ein Hemd nach dem Bügeln. Das tut nicht nur höllisch weh, sondern soll auch für untrainierte westliche Knochen nicht ungefährlich sein, wie mir ein einheimischer Hotelarzt mal beim Cocktail gestand: Da kann schon mal ein Wirbel knacksen. Hätte ich ahnen können, dass Wolpers genau dies im Sinn hatte?
    Erik hatte das Angelmikrofon ausgefahren, weil man am nackten Bauch kein Ansteckmikro unterbringen kann, und Stefan sagte: »Bitte!«. Wie ausgemacht, legte ich mich in den Sand und harrte der Dinge. Dann spürte ich, wie ein Schatten über mich kroch. Ein weitaus größerer Schatten, als man ihn je von einem Thai-Mädchen erwarten konnte, eher der sich über die Erde schiebende Schatten einer Sonnenfinsternis. Ich blickte hoch und sah ein Gebirge von Fleisch, eine Gestalt, zwar nicht größer als ich, aber ungeheuer breit und mindestens hundert Kilo schwer. Bevor ich an Flucht auch nur denken konnte, warf sich der Berg mit einem Kampfschrei auf mich.
    Übergewichtige Frauen sind rar in Thailand. Ob Wolpers sie zufällig gefunden hatte oder ob er sie zum Zweck meiner Hinrichtung seit langem schon anmästen ließ, weiß ich bis heute nicht. Wäre mein Masochismus körperlicher Natur und bestünde er nicht aus Seelenfolter, so wäre dies der schönste Tag meines Lebens geworden. So aber litt ich unsäglich und stumm noch dazu, weil die Peinigerin rittlings auf mir hockte und so jeden Laut mit ihrem Gewicht erdrückte. Wenn ich die Szene im Film betrachte, verstehe ich bis heute nicht, wieso ich überlebte.
    Wenigstens legte Wolpers die richtige Musik darunter: den Walkürenritt.

Schlaraffenland, freihändig

    Wir bleiben beim Thema.
    Eine der kühnsten Formen thailändischer Heuchelei

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