Feuersteins Ersatzbuch
bekennen — den Abschuss eines Löwen feiert man grundsätzlich nur im engsten Freundeskreis. Doch gibt es mehr solcher Jagdtouristen als man denkt. Fragen Sie ruhig mal Ihren Nebenmann im Flugzeug nach Afrika. Vielleicht gesteht er Ihnen nach dem dritten Drink, dass er nicht nur Fotos schießen will, sondern das echte Zeug — aber fragen Sie nur, wenn Sie oben sitzen, in der First; in der Holzklasse finden Sie die Nobel-Nimrods natürlich nicht.
Neben Bankern, Steueranwälten und ähnlichen Berufsgruppen mit besonders hohem Tötungsdrang gibt es unter den Großwildjägern erstaunlich viele Mediziner, was mich die folgende Theorie aufstellen lässt: Viele Ärzte sind es leid, ihre Patienten immer nur zu heilen, sondern möchten sie auch mal umbringen; da ihnen das aber gesetzlich verboten ist, töten sie als Ersatzbefriedigung Tiere. Unter diesem Gesichtspunkt könnte auch ich ohne weiteres Großwildjäger sein. Ich brauchte mir nur Wolpers als Büffel vorzustellen, vom Geruch her übrigens gar nicht so schwierig.
Auch zwei Arten von Frauen bedrohen die afrikanische Fauna: Erfolgreiche Powertussen, vor denen wir Männer Angst haben und uns verstecken; weil sie keinen von uns vor die Flinte kriegen, suchen sie sich ein Tier aus, das dem Typ ihres Traummanns am nächsten kommt, meist Elefanten, aber auch schon mal einen Pavian (100 Dollar). Oder reiche Witwen, die bereits ihre erste männliche Beute erlegt haben und dadurch auf den Geschmack gekommen sind.
Jetzt werden Sie natürlich wissen wollen, woher ich dieses Expertenwissen bezogen habe. Die Antwort ist einfach: Ich musste in Tansania mit einem Großwildjäger eine ganze Nacht verbringen, zwangsweise. Schuld war natürlich Wolpers, und das Ganze kam so:
Ostafrika hieß unser sechster Reisefilm, zwei Jahre nach Sansibar (und damit eigentlich der siebte, wenn man Sansibar mitzählt), und sein Thema war Kenia und Tansania. Dazu gehörte natürlich auch die Begegnung mit einem gestandenen, klassischen Big Game Hunter, einem Profi mit der Lizenz zum Töten, unter dessen Obhut man überhaupt erst an einer solchen Jagd teilnehmen darf. Es musste natürlich ein Weißer sein, aus Gründen der politischen Korrektheit, denn ein schwarzer Jäger hätte durch den Einheimischen-Bonus einen wirksamen Immunschutz gegen Ethikfragen aus Europa, da stünde der Frager sofort als moralischer Kolonialist da. In eine solche Falle wollte ich keineswegs tappen, denn ich war entschlossen, die Sache so grün und kämpferisch anzugehen, wie man das von einem Dritten Programm erwartet: »Wie kann man nur Tiere umbringen, noch dazu solche edlen und einzigartigen, deren Lebensraum immer knapper wird, pfui!«
Freilich, sehr wohl fühlte ich mich bei diesem Thema nicht, denn bei näherem Hinsehen erkennt man schnell, dass das alles doch ein bisschen anders ist. Die Naturparks brauchen die gleiche Pflege wie unsere Wälder, die Tierbestände müssen im Gleichgewicht gehalten werden; sind sie zu groß und wandern die Tiere über die Schutzgrenzen hinaus, werden sie — wie seit tausenden Jahren üblich — von den Anwohnern als Bedrohung der Äcker oder willkommenes Nahrungsangebot angesehen und ohne Gnade gejagt.
Sowohl in Kenia als auch in Tansania hat man längst eingesehen, dass die Erhaltung der Tierbestände auch die Grundlage des Tourismus darstellt und damit eine wichtige Einnahmequelle ist, und geht — jetzt mal abgesehen von der üblichen Korruption und dem oft recht laschen Engagement im Kampf gegen die weit verbreitete Wilderei — sehr pfleglich damit um: Nur überzählige Tiere werden zum Abschuss freigegeben. Mit den Quoten nimmt man es sehr genau und bestimmte Tiere gibt es entsprechend selten — deshalb auch die stolzen Abschusspreise. Und der Handel mit Elfenbein oder Jagdtrophäen ist verboten. Offiziell jedenfalls.
Nun fehlt mir selber jeglicher Sinn für die Jagdlust, und wenn ich auch liebend gern Lammkeule esse, würde ich es vorziehen, dass die Schafe Selbstmord begingen, sobald sie schlachtreif sind, wobei sie sich vorher möglichst auch noch häuten und ausnehmen sollten. Dass es jemandem Freude bereitet, ein Tier zu töten, egal ob Rind oder Löwe, will mir überhaupt nicht in den Kopf. Wahrscheinlich geht das auf ein Kindheitserlebnis zurück, als ich elf war. Da hatte mich mein Vater in den Salzburger Bergen mit auf die Jagd gezwungen, um einen Mann aus mir zu machen (was ihm zum Glück nicht gelang und erst mehrere Jahre später von einer gewissen Marianne
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