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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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und ließ mich runter. Das steigerte meine Hochachtung vor Otto ins Unermessliche, aber das ist schon viele Jahre her, und inzwischen ist sie wieder im Messbereich.
    Für eine kleine Stadt wie Anchorage ist der Flughafen ganz schön gewaltig, mit einem noch größeren Militärflugplatz um die Ecke, und da war es gut, dass Rose neben mir saß und den Funkverkehr abwickelte. Zwar ist mein Englisch von literarischer Vollendung, aber nicht im Gespräch mit dem Tower. Da bin ich Weltmeister im Missverstehen, besonders in den USA, wo es im Flugfunk locker und rasend schnell zugeht, mit oft völlig anderen Anweisungen als den bei uns üblichen »Verfahrenssprechgruppen«. So mancher Traumflug in der kalifornischen Wüste endete mit Schweißausbrüchen und nackter Panik, wenn es dann vor San Diego oder Van Nuys mit dem Redegeknatter im Kopfhörer losging. Erst als ich mit einem befreundeten Profi-Piloten ein paarmal im Jumbo-Cockpit mitfliegen durfte, linderte sich dieses Trauma. Denn da lernte ich, dass auch bei der Lufthansa die meistgesprochenen Sätze zwischen den Piloten zwei Standardphrasen sind, die ich so in der Flugschule nicht gelernt hatte. Sie lauten: »Was hat er gesagt?« (Pilot i) und »Keine Ahnung« (Pilot 2).
    Rose Waldstein führte mich sicher durch die Sprachverwirrung der Platzverkehrskontrolle von Anchorage hinaus in die freie Landschaft, wo man unbehindert zum Vogel werden darf. Wie es sich für eine Flugstunde gehört, gab es zuerst den Routine-Check: solides Austrimmen, Höhehalten beim Vollkreis, saubere »Lazy Eights«, Überziehen und Auffangen... kein Problem, Baby, mach ich im Schlaf. Dann suchten wir einen kleinen Flugplatz zum Üben und fanden ihn in einer menschenleeren Gegend, zufällig ganz nahe dem Flüsschen, wo wir unsere Goldwäscher-Szene gedreht hatten. Wie die meisten kleinen Flugplätze Amerikas hatte er eine anständige, breite Bahn ohne Dellen und Löcher — und sonst nichts, nicht mal ein Klohäuschen und schon gar nicht diesen Raubritterturm mit Papierkram und Landegebühren wie bei uns. Hier absolvierte ich all die wichtigen Platzrunden, Durchstart- und Nodandeübungen, und dann ging’s weiter in die Berge, an den Gletscherrand, über die Wälder...
    Und Rose saß neben mir und staunte. Schon bei meinen präzisen Platzrunden war sie verstummt. Möglich, dass sie eingeschlafen war, ist ja egal, ein Käpt’n wie ich hat sich schließlich um das Fliegen zu kümmern und nicht auf die Passagiere zu achten. Und es war wunderbar. Bei der Arbeit zu unseren Filmen gibt es im Allgemeinen recht wenig Gelegenheit für private Momente — dies war einer. Und ein sehr schöner noch dazu.
    Kurz vor Anchorage weckte ich Rose. Sie sprach mit dem Tower und der ließ uns runter. Ohne dass ich den Namen von Otto Waalkes nennen musste.

MORD:
    Der zweite Versuch

    Auch das Wasserflugzeug, bei uns eine viel bestaunte Rarität, gehört in Alaska zum Alltag. Lake Hood, ganz in der Nähe von Anchorage, gilt sogar als der größte Wasserflughafen der Welt. Der Besuch bei den Kodiak-Bären wäre ohne dieses Gerät unmöglich gewesen.
    Das königliche Verkehrsmittel ist natürlich der Hubschrauber. Auch das teuerste. Die Flugstunde kann schon mal 2000 Mark kosten (im Vergleich dazu: die C 150 kostete hundert), weshalb man mit seinem Einsatz sehr sparsam umgeht. Für die Anfangsszene aber war er unerlässlich: eine spektakuläre Gletscherlandschaft, ein Flug dicht über dem Boden, darüber die Titelschriften, dann in der Ferne ein Punkt, der sich beim Näherkommen als Feuerstein mit seiner Landkarte entpuppt, dicht vor ihm endet der Flug — so was geht nur mit einem Hubschrauber; mit dem Flugzeug wäre das unmöglich.
    Die Idee gefiel mir gut und das Ergebnis noch besser, so dass wir diese Art des Anfangs zum Standard für fast alle weiteren Reisen machten, in der arabischen Wüste ebenso wie auf der mexikanischen Sonnenpyramide oder im schottischen Loch Ness. In Alaska aber war dies das erste Mal, und ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde. Diese Unwissenheit nutzte Wolpers geschickt für einen zweiten Mordversuch.
    Der Columbia-Gletscher dehnt sich über eine Fläche von tausend Quadratkilometern aus. Seine Eismassen schieben sich fast hundert Kilometer von den Bergen ins Meer, seine Stirnseite, von wo er Eisberge in die Bucht von Valdez kalbt, ist allein zehn Kilometer breit. Da würden wir mit dem Hubschrauber hineinfliegen, irgendwo mitten drin Halt machen, die Karte aufbauen und die

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