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Feuersturm: Roman (German Edition)

Feuersturm: Roman (German Edition)

Titel: Feuersturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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hinreichende Erinnerung, und so fielen sie buchstäblich auseinander.
    Charon bog am Fluss ab, und das Motorrad ratterte grollend die Straße entlang. Der River Rouge glitt silbernen Stromschnellen gleich durch das Zwielicht, viel schneller und klarer und machtvoller als in der physischen Welt.
    Charon sah ihren Blick und brüllte: »Gewässer wie das sind hier stark. Daher stammt der Mythos, das Böse könne fließendes Wasser nicht überqueren.«
    »Trifft das hier zu?«
    »Nicht an den Orten, die ich je besucht habe. Na ja, jedenfalls nicht ohne magische Einflussnahme.«
    Anya nahm an, dass diese Aussage eine Menge Orte umfasste, und sie brüllte gegen den Wind an, der ihre Stimme mitreißen wollte: »Was bist du überhaupt? Bis du der Charon? Ich meine, der Typ, der auf dem Styx nach toten Seelen fischt? Oder ist das nur Getue?«
    Sie fühlte, wie sich seine Muskeln unter ihren Armen anspannten. »Wie steht’s mit dir? Bist du die Ischtar?«
    »Natürlich nicht.«
    »Wir alle ererben Teile von Dingen, die uns zu dem machen, was wir sind, ob wir das wollen oder nicht.«
    Anya boxte ihn in die Rippen, woraufhin das Motorrad gefährlich ins Schwanken geriet. »Hör mit der verdammten Geheimniskrämerei auf.«
    »Du hast wirklich keine Ahnung, was?«
    »Ganz genau.«
    »Weißt du, was ein Avatar ist?«
    »Das ist die Figur, die man erfindet, um sich in einem Videospiel zu präsentieren. Jeder macht sich dabei viel attraktiver, als er wirklich ist, und verschwindet in einer Fantasiewelt, um Ungeheuer niederzumetzeln und sich mit Cybersex zu vergnügen.«
    Charon lachte. Anya fühlte das Rumpeln unter ihren Finger, ehe der Wind das Lachen fortriss. »Wenn es doch nur so einfach wäre. Lass mich kurz ausholen. Weißt du, was ein Archetyp ist?«
    »Ich bin nicht vollkommen verblödet. Ich erinnere mich, von Jung und den Archetypen gelesen zu haben. Das sind Vorstellungen von Idealtypen im kollektiven Unbewussten. Krieger, Zauberer, Gauner … all so was. Vor einigen Jahren war da so ein Typ auf PBS, der darüber gesprochen hat.« Anya war von sich selbst beeindruckt, dass sie so viel aus Mythologie 101 behalten hatte.
    »Joseph Campbell. Ja, das ist ein witziger Bursche. Toller Kerl. Und er hat haufenweise Spaß im Jenseits.« Charon schüttelte den Kopf, und der Wind zerrte an seinem Flock-of-Seagulls-Kopfputz. »Wie auch immer … Archetypen sind diese idealisierten mythologischen Urbilder. Weißt du noch, was ich darüber gesagt habe, dass Gedanken dem Leben in dieser Welt seine Form verleihen?«
    »Ja.«
    »Teile dieser Archetypen finden manchmal auf der physischen Ebene Ausdruck. Sie wollen zeitlos sein, ewig … folglich wollen sie auch nicht, dass die physische Welt sie vergisst. Anderenfalls würden sie auch hier aufhören zu existieren.«
    »Uah!« Diese ganze Theorie bereitete ihr Kopfschmerzen.
    »Die Kurzversion lautet, dass du von Ischtar berührt wurdest. Oder von dem zeitlosen Archetypus der Ischtar, je nachdem, wie’s dir lieber ist. In alten Zeiten hätte das aus dir eine Priesterin oder den Liebling eines Gottes gemacht.«
    »Ich bin ihr Avatar in der physischen Welt?« Anya hatte Mühe, mitzukommen.
    »Du bist einer ihrer Avatare, vermutlich einer von Hunderten im Lauf der Zeit. Vielleicht von Tausenden.«
    Anyas Lippen wurden schmal. »Vor ein paar Monaten war ich von einem Dämon besessen, der einmal eine Priesterin der Ischtar war.«
    »Du ziehst Synchronizitäten an, die dich mit diesem Archetypus verbinden. So etwas ist absolut unberechenbar, aber genauso läuft das.«
    »Und der Salamander?«, fragte sie.
    »Der Salamander braucht einen Beschützer. Du stellst aus deren Sicht eine eindrucksvolle Bedrohung dar. Du bist eine Laterne, und du kannst in ihre Welt blicken. Du wurdest von Ischtar berührt. Folglich kann sich ein vernünftiger Feuerelementargeist nichts Besseres wünschen, als sich bei dir einzuklinken, um seinen Nachwuchs zu hüten.«
    »Aber Sparky hat mich nicht einfach aus irgendeiner Menge ausgewählt. Meine Mutter hat ihn mir gegeben.«
    »Weißt du noch, was ich über Teile der Archetypen gesagt habe, die über die physische Ebene wandeln? Irgendwo hat irgendwer aus deiner Familie diesen Salamanderreif aufgesammelt, und er hat seinen Weg zu dir gefunden. Du wurdest durch das Feuer gesegnet.«
    Anyas Kiefermuskulatur spannte sich. Die Vorstellung, dass diese Bruchstücke eines Mythos sich mit willentlicher Absicht Ausdruck schufen, ohne sich darum zu scheren, wie das dem

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