Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuersturm: Roman (German Edition)

Feuersturm: Roman (German Edition)

Titel: Feuersturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
Vom Netzwerk:
geladen, indem sie sich aus ihrem Kinderzimmer geschlichen hatte, indem sie die verdammte Weihnachtsbaumbeleuchtung eingestöpselt hatte, indem sie in dem behaglichen, sanften Lichtschein mit dem Salamander auf den Beinen eingeschlafen war. Der trockene Christbaum hatte Feuer gefangen – es war das erste Jahr gewesen, in dem sie einen echten Baum gehabt hatten –, ausgelöst durch die kleinen bunten Lämpchen, die pulsierten wie ferne Sterne.
    Jetzt stand sie mit geballten Fäusten am Rinnstein, unfähig, sich zu rühren. Nervöser Schluckauf gerann in ihrer Kehle, als sie zuschaute, wie die Flammen aus dem geborstenen Fenster auf der Vorderseite des kleinen Saltbox-Hauses züngelten. Der ausgebrannte Weihnachtsbaum schrumpfte in dem Rauch, der begann, die PVC-Verkleidung abzuschälen und einzudampfen, immer mehr in sich zusammen. Doch diesmal erklangen keine Sirenen in der Ferne, kam niemand zu Hilfe geeilt. Nur das Prasseln und Knistern des Feuers mischte sich mit dem Tröpfeln des schmelzenden Schnees, der auf den Rasen vor dem Haus troff und zum Rinnstein floss.
    »Das kann nicht real sein«, flüsterte sie. In dem grellen Flammenschein verschwamm vor ihren Augen alles in einem Durcheinander aus Orangetönen.
    Charons Stimme schien weit hinter ihr zu ertönen: »Es ist real. Auf dieser Ebene ist es real. Es findet immer wieder und wieder statt, weil du dich daran erinnerst.«
    Ihre Erstarrung löste sich, und ihre Feuerwehrinstinkte erwachten. Anya rannte zur Vordertür und riss das Fliegengitter auf. Die Holztür dahinter war fest verschlossen. Sie trat so fest sie konnte auf Höhe des Schlosses, dem schwächsten Punkt, gegen die Tür. In der Stille klang der Aufprall ohrenbetäubend wie ein Schuss, der durch ihren Helm hallte.
    Krach.
    Krach.
    Krach.
    Endlich lockerte ihr gepanzerter Fuß das Schloss. Ein weiterer Tritt brach es endgültig auf. Sie stolperte gegen die Tür und sackte am Rahmen herab. Sparky stürmte an ihr vorbei und rannte über den rostfarbenen Zottelteppich auf das Feuer zu.
    »Sparky!«, schrie sie.
    Der Salamander tauchte in die Flammen ein, und Anyas Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie nahm die Verfolgung auf, hatte aber noch keine zwei Schritte getan, als er schon wieder aus der Flammenhölle rund um den ausgebrannten Christbaum herauskam und einen kleinen Körper am Kragen hinter sich herzerrte.
    Es war Anya selbst. Anya, das Kind, klein zusammengerollt, die Fäuste vor dem Gesicht. Sie erkannte den Wonder-Woman-Schlafanzug. Sparky schleppte sie mit dem gefleckten Hinterteil voran an der gepanzerten, erwachsenen Anya vorbei, zerrte das Kind hinaus in den kalten Schnee auf dem Rasen.
    Es war genau so, wie sie es in Erinnerung behalten hatte. Sparky rettete sie. In dieser Parallelwelt lief alles exakt so ab, wie es in der realen Welt geschehen war, die sie gekannt hatte.
    Rauch schlug über ihr zusammen, und Anyas Augen tränten und brannten. Ihr Blick huschte die Treppe hinauf. Dieses Mal musste es nicht so weiterlaufen, wie es in der Vergangenheit geschehen war.
    »Mom!«, schrie sie.
    Sie stolperte die Stufen hinauf, fühlte die Hitze des Feuers, das sich unter der Treppe ausbreitete, sah, wie die Tapete an der Wohnzimmerwand verkohlte und sich zusammenzog. Der Sauerstoffmangel vernebelte ihren Blick; Rauch wogte die Stufen herauf, bis sie nur noch von vollkommener Schwärze umgeben war.
    Während unter ihr das Feuer toste, hörte sie plötzlich Stimmen:
    »Du kannst sie nicht haben!« Es war die Stimme ihrer Mutter, die zornig durch die Finsternis drang.
    Anya tastete sich auf Händen und Knien den Korridor entlang, bemüht, unter dem Rauch zu bleiben. Das Schlafzimmer ihrer Mutter war am anderen Ende des Flurs. Ihre gepanzerten Fingerspitzen krallten sich in den Zottelteppich, der bereits zu schmelzen begann, und sie schmeckte Ruß in der eigenen Kehle.
    »Sie gehört mir.« Die Stimme, die ihrer Mutter antwortete, hatte Anya noch nie gehört. Sie klang eher wie ein dumpfes Zischen als wie die Stimme eines menschlichen Wesens.
    Anya legte die Hände an die geschlossene Schlafzimmertür. Der Rauch würde, das war ihr bewusst, den Raum fluten, wenn sie die Tür öffnete. Dennoch griff sie nach dem Messingtürknauf und nahm sogar durch ihre Rüstung die knisternde Hitze wahr. Sie drehte ihn, stürzte in einer Rauchwolke in das Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Mom!«, rief Anya.
    Ihre Mutter stand barfuß und mit geballten Fäusten in ihrem Nachthemd da. Ihr langes Haar

Weitere Kostenlose Bücher