Feuersturm: Roman (German Edition)
übernatürliche Schmutz kribbelte auf ihrer Haut.
Sie wich zurück, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Brians Oberlippe. An der linken Seite seines Mundes war eine kleine Narbe, nach deren Herkunft sie ihn nie gefragt hatte, die sie aber zu gern spürte. »Lass mir etwas Zeit, mich zu waschen.«
»Nur, wenn du versprichst, dass du zurückkommst.«
Sie löste sich von ihm und ging durch den dunklen, nach Zitronenholzpolitur riechenden Flur in das kalte Weiß des gefliesten Badezimmers. Ein Dutzend gelbe Entchen starrten sie aus ihren Cartoonaugen von einem Regalbrett aus an, als sie sich entkleidete. Der Salamanderreif blieb, wo er war; sie nahm ihn nie ab. Nicht einmal als Kind hatte sie ihn je abgelegt.
Noch als sie die Tür schloss, zog sie sich das Shirt über den Kopf und rümpfte die Nase. Ihre Kleider rochen nach verbranntem Schinken. Geistesabwesend strich sie über die Narbe an ihrer Brust, Reste einer Brandwunde. Weißes, glänzendes Narbengewebe breitete sich sternförmig über ihrem Herzen aus und dunkelte nur allmählich nach. Das war kein gewöhnliches Brandmal – dies hatte ihr ein Dämon hinterlassen, ein Dämon, der sie beinahe das Leben gekostet hätte. Das hätte nie passieren dürfen. Ein gewöhnlicher Dämon hätte ihr nicht antun können, was Lilitu ihr angetan hatte. Eine Laterne konnte Geister und Dämonen nach Gutdünken verschlingen, konnte sie verbrennen und vernichten. Aber Lilitu war eine Ausnahme gewesen.
Aber es geschahen viele Dinge, die nicht passieren sollten; unvorhersehbar wie der Fettfleck, der einmal Jasper Bernard gewesen war, und der nun auf dem Boden seines Wohnzimmers klebte.
Anya drehte das heiße Wasser auf und trat in den Strahl. Sie hielt den Kopf ins Wasser und versuchte, das Bild aus ihrem Geist zu waschen. Ihre Zehen kitzelten die Brust einer gelben Gummiente, die um den Abfluss kreiste. Diese Ente war eine dämonische Ente mit finsterer Miene, roten Hörnern und einem roten Plastikschwanz, der sich über ihren Rücken krümmte.
Sie schloss die Augen und fühlte, wie das heiße Wasser über ihre Lippen troff. Sie rieb sich mit dem nach Mandarinen duftenden Duschgel ein, dem sie eine Hand voll Salz folgen ließ. Sie rieb, bis die Haut sich rot färbte. Vielleicht war sie nicht in der Lage, das Bild wegzuspülen, aber sie konnte zumindest den Gestank abwaschen. Sie konnte sich von all dem Tod und der Magie reinwaschen und so tun, als wäre sie ein normaler Mensch, der einen normalen Abend mit einem normalen Mann verbringen wollte.
Einer ihrer Mundwinkel zuckte aufwärts. Das war es, was sie an Brian am meisten liebte: Er war normal. Ein sturer Nichtmagier und skeptisch obendrein. Während sie nach unsichtbaren und unberührbaren Dingen roch, nach Geistern und Feuer, war das, womit Brian sich befasste, solide, greifbar. Schaltungen. Maschinen. Der kalte Geruch von Metall und Silikon. Alles war auf Nullen und Einsen reduziert, auf binären Code, auf an oder aus. Diesem Wissen haftete etwas Tröstliches an, dem Wissen, dass er Dinge fest im Griff hatte, die unwiderlegbar real waren.
Jemand musste das tun.
Sie rubbelte sich das Haar mit dem Handtuch ab. Ganz gleich, wie sehr sie auch schrubbte, ein leichter Brandgeruch ließ sich einfach nicht vertreiben. Es war kein unangenehmer Geruch; ein Hauch von Holzrauch. Vor einigen Monaten hatte sie sich das Haupthaar bei einer Begegnung mit einem von Sparkys Verwandten verbrannt und beinahe auch sich selbst in einen Haufen Asche verwandelt. Es war dunkel und glatt nachgewachsen, fühlte sich aber immer noch so zart und fein an wie Babyhaar.
Sie warf sich den Bademantel über, auf dem unzählige gelbe Cartoonenten zu sehen waren. Mit den stinkenden Klamotten unter dem Arm tappte sie den Flur in Richtung Waschmaschine hinunter.
An der Tür zum Schlafzimmer hielt sie kurz inne. Das Licht von der Straße flutete Wände und Boden. Ihr Blick fiel auf einen stilisierten magischen Zirkel, der in schwarzer Farbe auf dem Boden rund um das Bett herum aufgemalt worden war. Er ließ sich mit einer einfachen Geste öffnen. Geschlossen hielt er das Böse fern und garantierte ihr einen ruhigen Schlaf. Und er konnte im Falle unruhigerer Aktivitäten den Salamander fernhalten.
Sie fühlte Augen auf sich ruhen, die sie in der Stille beobachteten. Es waren ihre Augen, eingefangen in einem Gemälde, das an der Südmauer hing. Die Leinwand war mit einem mineralischen Pulver behandelt worden, das in dem dämmrigen Licht funkelte,
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