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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Gesicht schlugen und ihr die Kleider am Leib klebten. Der Fels unter ihren Füßen war ebenfalls in Bewegungen geraten. Er hob und senkte sich, wogte, als sei er lebendig geworden, und machte jeden Schritt riskanter.
    Bryn warf einen Blick über die Schulter zurück. Hinter ihnen stürzten die Wände, ballte sich der Fels zusammen. Der Boden schwand immer weiter nur wenige Meter hinter ihren Schritten, dort, wo sie gerade ihren Fuß hingesetzt hatte. Aber Bryn meisterte ihre Angst und konzentrierte sich allein darauf, wohin sie treten konnte, ohne zu straucheln. Das Tosen war jetzt so gewaltig, dass sie meinte, das Trommelfell werde ihr gleich platzen. Von hinten erreichte sie eine klirrende Kälte. Eiskristalle bildeten sich auf ihrem Gesicht und hingen ihr in den Wimpern. Vor sich sah sie weiß ihren Atem flattern. Lokan lief jetzt vorneweg, und nun war er es, der sie mit sich zog.
    Das Dahinschwinden des Bodens erreichte ihre Fersen. Dann bäumte sich der Untergrund auf wie ein scheuendes Pferd, das seinen Reiter abwerfen will. Sie kam ins Stolpern, verlor das Gleichgewicht, Lokans Hand entglitt ihr. Mit einem Schrei fiel sie nach hinten. Mit ausgebreiteten Armen suchte sie irgendwo nach Halt, aber in dieser eisigen Leere gab es nirgends Halt.
    Bryn fiel und fiel und fiel. Zugspitze, Deutschland
    Dagan war der Erste, der ankam. Er ließ die Kälte des Portals hinter sich und drehte sich um, um nach Alastor und Malthus zu sehen, die ihm folgten. Malthus hielt Calliope eng umschlungen, die sich aber gleich nach Verlassen des Portals von ihm löste, beiseitetrat und sich prüfend nach allen Seiten umsah.
    Sie standen auf einem Treppenabsatz. Nach oben und nach unten führte jeweils eine Holztreppe aus sieben Stufen. Calliope bedeutete den anderen mit einer stummen Geste zu bleiben, wo sie waren. Dann ging sie die Treppe nach oben, wobei sie mit dem Rücken zur Wand hinaufstieg, um vorsichtig die Lage auf dem nächsthöheren Absatz zu erkunden. Dagan unterdrückte seinen Unwillen darüber, dass sie sich ungefragt an die Spitze des Unternehmens setzte. Aber das hier war ihr Terrain, und es war das Klügste, ihr das Auskundschaften zu überlassen. Außerdem machte sie ihre Sache gut, indem sie sich geschickt im Schatten hielt und sich lautlos wie ein Geist bewegte. Das musste auch Dagan anerkennen.
    Dann gab sie ihren Gefährten ein Zeichen, dass die Luft rein war. Der flüchtige zärtliche Blick, mit dem sie Malthus dabei streifte, erinnerte Dagan daran, wie Roxy ihn manchmal ansah, und das Herz wurde ihm schwer. Er vermisste sie höllisch.
    Die Dauer von rund zehn Menschengenerationen hatte er ohne sie verbracht und wusste dabei noch nicht einmal, dass er zu solchen Gefühlen für eine Frau überhaupt fähig war. Und nun, da sie nicht da war, litt er Höllenqualen.
    Er wusste, dass Alastor an seine Naphré dachte, so wie er an Roxy, und dass es seinem Bruder ähnlich ging wie ihm. Zwischen den Brüdern gab es eine Art geistige Verbindung, die sie in die Lage versetzte, Leiden oder Gefahren der anderen, egal wo sie sich befanden, zu spüren. Das war von Vorteil, weil sie sich im Ernstfall zu Hilfe kommen konnten. Dennoch tat sich gerade Dagan, der sich nicht gern in die Karten schauen ließ,schwer damit, besonders wenn es um Emotionen ging. Aber daran ändern konnte er sowieso nichts.
    Calliope war inzwischen von ihrer Erkundung zurückgekehrt. Sie machte sich jetzt auf den Weg zur Treppe hinab und bedeutete den anderen, ihr zu folgen. Doch Malthus hielt sie am Arm fest.
    „Wissen sie, dass wir hier sind?“, fragte er.
    „Die Matriarchinnen? Ohne Zweifel“, antwortete Calliope. „Ich kann meine Ausstrahlung nicht so abschirmen wie ihr. Außerdem bin ich Mitglied der Garde. Sie haben meine Schwingungen wahrscheinlich schon aufgefangen, als wir noch draußen am Berghang standen.“
    Sie ging die Treppe hinunter, und Malthus folgte ihr. Dagan und Alastor wechselten einen Blick. Sie waren draußen noch dafür gewesen, dass Calliope zurückblieb und sie und Malthus allein hineingingen, um Roxy und Naphré zu retten. Aber Malthus hatte seine Freundin darin unterstützt, dass sie allein wegen ihrer Kenntnis der Örtlichkeit eine unersetzliche Hilfe sei, und dem hatten die beiden dann nichts mehr entgegenzusetzen.
    So marschierten sie los, Calliope vorneweg, Dagan bildete die Nachhut.
    „Findest du es nicht auch komisch, dass sich hier niemand blicken lässt?“, fragte Alastor seinen Bruder mit gedämpfter Stimme.

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