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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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sie ließ es sich nicht anmerken, wobei es sicherlich eine Rolle spielte, dass sie das Ganze schon einmal durchgemacht hatte. „Gehen wir“, meinte sie trocken, als sich die ekligen Fühler zurückgezogen hatten, und schritt abermals voran den Gang hinunter.
    „Keine Frage“, brummte Alastor. „Sie wissen hundertprozentig, dass wir hier sind.“
    „Ich kann es kaum erwarten zu erfahren, was sie mit uns vorhaben“, feixte Malthus.
    „Dir scheint das ja einen Riesenspaß zu machen“, sagte Calliope. Aber sie klang nicht sehr überrascht. Malthus war ein echter Adrenalinjunkie. Ins feindliche Lager vorzustoßen oder riskante Prüfungen wie diese zu überstehen, gab ihm gerade erst den richtigen Kick.
    „Seht mal da“, meinte Alastor und machte eine Kopfbewegung, mit der er auf die Bilder deutete, die an den Wänden hingen. Auf ihnen waren die zwölf Pforten des Osiris dargestellt.
    „Ist das ein Zufall?“, fragte Malthus.
    „Wohl kaum“, erwiderte Dagan.
    „In der Prophezeiung war vom Blut der Isis und dem Sutekhs und den zwölf Pforten die Rede“, sagte Alastor. „Die Matriarchinnen hätten alles Mögliche an ihre Wände malen können. Aber ausgerechnet dafür haben sie sich entschieden. Bin gespannt, warum.“
    Sie gingen weiter, Dagan, der nun die Führung übernommen hatte, vorweg. Die zweite Stahltür vor ihnen öffnete sich, und dieses Mal gingen sie, ohne stehen zu bleiben, hindurch.
    Ein Stück weiter prallten sie gegen eine Glaswand. Dagan wirbelte herum. Aber zu spät. Die Tür hinter ihnen hatte sich bereits geschlossen. Malthus warf sich mit einem unterdrückten Aufschrei dagegen.
    Sie waren in die Falle getappt, dort hinein, wo die anderen sie haben wollten.
    Und Calliope war nicht mehr bei ihnen.

12. KAPITEL
    Der große Gott kommt zu dieser Pforte und durchschreitet sie, und die Götter dahinter jubeln ihm zu .
nach dem Ägyptischen Pfortenbuch
    In der Unterwelt

    L okan erwischte Bryn gerade noch am Hemd, riss sie zu sich zurück und hielt sie fest, indem er gleichzeitig einen Satz rückwärts machte, um dem näher kommenden Abgrund zu entgehen. Dann stellte er sie wieder auf die Füße und vergewisserte sich, dass sie den Schock einigermaßen überwunden hatte.
    Es war keine Zeit mehr, auf Empfindlichkeiten Rücksicht zu nehmen, und so schnappte sich Lokan Bryns Handgelenk und rannte mit ihr los. Er hatte alles verloren, selbst sein Leben. Jetzt auch noch sie zu verlieren kam nicht infrage.
    Sie rannten, während das imaginäre Gebilde aus Felsstein hinter ihnen zerbröselte und von einer schwarz gähnenden Leere verschluckt wurde. Zwei Ausgänge tauchten vor ihnen auf.
    „Welcher ist es?“, fragte Lokan und steuerte schon auf den linken zu.
    „Der rechte“, rief Bryn.
    Nachfragen konnten sie sich nicht mehr leisten. Wenn Boone sie geschickt hatte, um ihn hier herauszuholen, sollte sie entscheiden. Was nicht hieß, dass er gewillt war, das Kommando komplett aus der Hand zu geben.
    Sie änderten also die Richtung und liefen auf den rechten Ausgang zu. Wurde der Boden jetzt sicherer unter ihren Füßen? Lokan versuchte, es bei jedem Schritt herauszufinden, und allmählich wuchs seine Überzeugung, dass es so war. Das Tosen hinter ihnen schien ebenfalls ein wenig abzuebben. Über die Schulter warf er einen Blick zurück. Tatsächlich war ihnendas Chaos längst nicht mehr so dicht auf den Fersen. Mehr und mehr gewannen sie Abstand.
    Im nächsten Moment bogen sie um eine Ecke und befanden sich unvermittelt in einer neuen Umgebung, einem langen, von mächtigen Steinquadern eingefassten Gang. Das wirkte schon einigermaßen vertrauter.
    „Halt!“, rief Bryn atemlos und zog Lokan am Arm und gleich darauf, als er nicht gleich auf sie hören wollte, noch einmal etwas stärker. Endlich ließ er sie los, und sie konnte stehen bleiben. Sie rang nach Luft und war schweißüberströmt. Vorwärtsgebeugt stützte sie die Hände auf die Knie und ließ den Kopf hängen, während sie rasselnd Atem holte.
    „Wir müssen weiter, Bryn.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Es ist schon gut“, keuchte sie. „Hierher kommt es uns nicht nach.“
    Misstrauisch warf er einen weiteren Blick zurück, aber sie schien recht zu haben. Der Tunnel, die Ecke, um die sie gebogen waren – es war noch alles da.
    „Du hattest wohl recht mit deinem Ausgang“, bemerkte er.
    Sie wendete ihm das Gesicht zu und sah ihn durch die Strähnen ihres dunklen Haars an. Unwillkürlich hatte er das Bild seiner Tochter vor Augen.

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