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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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blutbeschmierten Finger. Eine Weile schien sie sprachlos. Dann schaute sie Lokan an und sagte: „Das ist neu.“
    „Ist das früher nie passiert?“
    Sie schüttelte den Kopf. Sie wirkte auf eine merkwürdige Art verletzlich und standhaft zugleich. Es fühlte sich gut an, sie in den Armen zu halten. Sein Blick fiel auf ihre Lippen. Er wollte sie küssen, den Geschmack ihrer Lippen kosten. Und so geschah es dann auch. Lokan beugte sich über sie und küsste sie. So viel Unaussprechliches lag in diesem einen Kuss.
    Für einen kurzen Moment erwiderte Bryn ihn. Sie öffnete dieLippen und kam ihm entgegen. Doch dann zog sie sich zurück. Sie schob ihn mit der Hand weg. Man konnte spüren, wie groß ihre Angst sein musste, dass er ihr zu nahe kam.
    „Wir müssen weiter“, mahnte sie.
    Lokan stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ja, wir müssen weiter.“
    Trotzdem wollte er sie nicht loslassen. Er hatte die merkwürdige Vorstellung, dass er, wenn er sie losließe, etwas unermesslich Wertvolles aus der Hand geben würde, das er nicht zurückgewinnen konnte.
    Bryn machte sich von ihm frei und griff nach ihrem Paddel. So blieb Lokan nichts weiter übrig, als wieder auf seinen Platz zu rutschen und wie sie anzufangen zu paddeln. Vielleicht war es wirklich besser so. Die ganzen Gefühle, die in ihm aufkamen, machten ihn ganz wirr im Kopf.
    Die Pforte war ein mächtiges in Blau und Gold eingefasstes schwarzes Rechteck. Er ruderte in starken, gleichmäßigen Zügen, und bald hatten sie es passiert. Das Wasser war glatt und sah aus wie polierter Onyx. Die Wände des Tunnels waren rau und grau.
    „Geht das bei den nächsten Toren genauso einfach?“, fragte Lokan. Er wurde das Gefühl nicht los, dass diese Durchfahrt beinahe zu mühelos war. Er traute dem Frieden nicht. Über welch außergewöhnliche Gaben Bryn auch verfügen mochte, sie befanden sich doch in Osiris’ Hoheitsgebiet, und Osiris ging mit Eindringlingen normalerweise nicht sehr freundlich um. Irgendwie konnte das bisher Erlebte nur die Spitze des Eisbergs gewesen sein.
    Wenn Bryn, wie sie erklärt hatte, überall unbemerkt hindurchschlüpfen konnte, galt das noch lange nicht für ihn. Und da er nun einmal der Sohn des ärgsten Feindes von Osiris war, schien es Lokan zu Recht ungewiss, was der König der Toten mit ihm anstellen würde, wenn er ihn auf seinem Territorium erwischte. Das letzte Mal, dass sie sich gegenübergestanden hatten, war Lokan noch offiziell als Botschafter seines Vaters unterwegs gewesen und stand sowohl unter Sutekhs Schutz alsunter dem seines Diplomatenstatus. Stände Lokan jetzt vor dem mächtigen Gott, könnte er sich auf keines von beiden berufen.
    Bryn hatte sich auf seine Frage hin zu ihm umgedreht. „Einfach?“, wiederholte sie. Ihre Blässe unterstrich das Leuchten ihrer großen, dunklen Augen. Ihr Mund war zu einem freudlosen Lächeln verzogen. „Das bezweifle ich.“
    Lokan griff nach dem Rucksack, den Boone ihm mitgegeben hatte, wühlte eine Weile darin herum und förderte dann eine Tüte mit Lollis zutage. Es war nicht seine Lieblingssorte, aber sie bestanden überwiegend aus Zucker und erfüllten so ihren Zweck. Zwei nahm er heraus, einen davon reichte er an Bryn weiter. „Hier, nimm. Das hilft“, sagte er.
    Sie schwang die Beine über die Bank und drehte sich zu ihm um. So saßen sie sich an den entgegengesetzten Enden des Boots gegenüber und lutschten an ihren Lollis.
    „Wieso hat Boone dir eine Tüte Lollis eingepackt? Ich weiß ja, dass du ein Schleckermaul bist, aber ist das nicht ein bisschen sehr albern?“
    „Es ist ein Energie-Kick“, antwortete Lokan. „Die Grundlage des Stoffwechsels. Was immer Menschen essen, wird letztendlich in Glukose umgewandelt. Die wiederum ist der Brennstoff für die Körperzellen. Aber da ich ein Halbgott bin, funktioniert mein Stoffwechsel etwas anders. Auch wenn ich nicht hungers sterben kann, da ich ja nicht sterblich bin, brauche ich mehr Brennstoff, mehr Energie als ein durchschnittlicher Mensch.“
    „Heißt das, du kannst zwar nicht verhungern, aber die Qual des Verhungerns müsstest du trotzdem durchleiden?“
    „Das trifft es ungefähr.“
    Unverwandt schaute sie ihn an. Er fragte sich, ob sie wohl gerade daran dachte, wie es ihm im Niemandsland der Todeszone ergangen sein mochte. Aber er wollte ihr Mitleid nicht. Er wollte etwas ganz anderes von ihr. Aber was genau? Was genau wollte er von Bryn? Um nicht weiter daran denken zu müssen, meinte er lapidar: „Süßigkeiten

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