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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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verhieß nichts Gutes.
    „Bryn?“
    „Die erste Pforte ist direkt vor uns. Ich muss mich konzentrieren.“
    Einen Moment lang wunderte sich Lokan. Es war sonst nicht ihre Art, ihm so rigoros das Wort abzuschneiden. Aber sie hatte recht. Die Pforte war vor ihnen aufgetaucht. Links und rechts an den Wänden wimmelte es von Schlangen, die sich umeinander und übereinander windend die Tunnelwände hinauf- und hinunterkrochen. Auch unter ihrem Bootskiel begann es sich zu regen. Schlangen kamen an die Oberfläche des Flusses und wühlten das eben noch ruhige, spiegelglatte Wasser auf.
    „Wäre nicht schlecht, wenn dir jetzt bald das Zauberwort einfiele“, meinte Lokan, während er mit einem Schlag mit der flachen Seite seines Paddels eine der kleineren Schlangen abwehrte, die von oben ins Boot zu fallen drohte. „Ich habe keine Lust, den ganzen Horror noch einmal durchzumachen.“
    Ihm stand noch vor Augen, wie seine beiden Ruderer von diesen bösartigen Riesenreptilien mit Haut und Haar verschlungen worden waren, als er das erste Mal diese Stelle erreicht hatte, und diese Erinnerung drückte wie eine Zentnerlast auf sein Gemüt.Er konnte nicht zulassen, dass Bryn dasselbe widerfuhr. Das Problem war nur, dass seit der Nacht, in der Sutekh ihn hingeschlachtet und gehäutet hatte, seine Reputation als Beschützer außerordentlich gelitten hatte. Was wäre, wenn er Bryn nicht beschützen …
    Nein, er durfte an so etwas gar nicht denken. Das würde nur die schwarze Bestie füttern, die seitdem in ihm hockte und versuchte, ihm Angst zu machen, um ihn zu zerbrechen.
    Also versuchte Lokan, sich mit anderen Gedanken abzulenken. Er dachte daran, wie es in Bryns Küche duftete, wenn sie, was sie so gerne tat, Kekse buk. Er dachte an den Klang ihrer Stimme, wenn sie wie üblich unbeschwert über Gott und die Welt redete wie ein Wasserfall. Es half. Der Druck auf ihm ließ nach.
    Sein Blick fiel auf Bryns Rücken. Sie saß ganz still am Bug des Boots – zu still. Lokan stand auf und kroch zu ihr nach vorne. Er zögerte einen Moment, dann nahm er sie bei den Schultern und drehte sie zu sich, sodass er ihr ins Gesicht sehen konnte.
    Rote Striemen liefen ihr über die Wangen. Sie weinte. Sie weinte Tränen aus Blut und sah Lokan dabei mit einem seltsam leeren Blick aus wasserblauen Augen an. Es war erschreckend. Denn Bryns Augen waren braun, dunkelbraun, fast schwarz.
    „Verdammt“, presste Lokan durch die Zähne und wehrte eine Schlange ab, die sich ihm um den Arm wickeln wollte. „Bryn!“ Er hielt ihre Schultern und schüttelte sie.
    „Saa-Set“, kam es mit schwacher Stimme aus Bryns Mund.
    Lokan hob den Kopf und rief den Namen laut aus, den Bryn geflüstert hatte. „Saa-Set.“
    Ein anschwellendes Konzert von giftigem Zischen antwortete ihm. Bewegung kam in die Masse der die Wände entlangkriechenden Leiber. Sie schien sich zu vervielfachen und rückte näher. Lokan richtete sich auf und stellte sich breitbeinig über die zusammengesunkene Gestalt Bryns. Das Paddel hielt er wie einen Baseballschläger, bereit, jeden Angriff abzuwehren.
    „Saa-Set“, rief er noch einmal, aber das wimmelnde, sichwindende Riesenknäuel von Angreifern rückte unbeirrt näher. Von unten gab es einen Schlag gegen den Rumpf des Bootes. Lokan ahnte, dass es nicht bei diesem einen bleiben würde.
    Da rührte sich Bryn zu seinen Füßen. Sie hob den Blick zu ihm. Ihre Stimme war nicht mehr als ein leises Krächzen. „Zusammen“, flüsterte sie. „Wir müssen es zusammen sagen.“
    „Dann los“, befahl Lokan, und im Chor riefen sie beide jetzt den Namen aus. „Saa-Set!“
    Augenblicklich wichen die Schlangen zurück.
    Lokan stand immer noch schützend über Bryn. Er atmete schwer. Sein Puls raste. Dann warf er das Paddel ins Boot und beugte sich hinunter, um sie in die Arme zu nehmen. Sie war deutlich geschwächt. Ihr Kopf fiel nach hinten, als er sie ein Stück aufhob, und ein Schrecken durchfuhr ihn wie ein eisiger Windstoß. Auf den Wangen klebten ihr noch die Spuren ihrer blutigen Tränen. Tiefe Ringe zeichneten sich unter den Augen ab.
    „Gute Zusammenarbeit. Macht sich doch immer bezahlt“, meinte er leichthin, denn er wollte ihr um keinen Preis zeigen, dass er einen Augenblick lang daran gezweifelt hatte, dass sie es durch diese Pforte hindurchschaffen würden.
    Sie gab ein kurzes, dunkles Lachen von sich. „Das kann man so sagen.“
    „Bist du okay?“
    Bryn wischte sich übers Gesicht und betrachtete dann entgeistert ihre

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