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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Sie musste sich darauf konzentrieren, Lokan hier herauszubringen. Noch bevor sie am Ziel waren, hatte sie ihm außerdem noch einiges zu erklären. Aber wie und wann sie ihm diese Dinge mitteilen sollte, wusste sie auch noch nicht.
    „Ein eigenartiges Muster hier an der Wand“, meinte Lokan nachdenklich.
    Tatsächlich markierten dicke, dunkle Linien die Wände links und rechts von ihnen. Bryn reckte den Hals, um zu sehen, wie weit sie zurückreichten, aber das war nicht weit. Dafür wurden die Striche hinter einer leichten Kurve, um die sie gerade bogen, deutlich dicker.
    „Was mag das zu bedeuten haben?“ Sie drehte sich zu ihm um, als sie ihn das fragte, aber er zuckte nur die Achseln. „Es stinkt hier“, stellte Bryn als Nächstes fest, „nach Schwefel.“
    „Vielleicht eine heiße Quelle – Bryn!“, rief er fast im gleichen Augenblick und hechtete mit einem Satz nach vorn und riss sie an den Schultern herunter. Das Boot fing an, gefährlichzu schaukeln, während sie flach im Bauch des Bootes landete. Keine Sekunde zu früh, denn um ein Haar wäre sie von einer Felsnadel aufgespießt worden, die plötzlich aus der Wand ragte. Immerhin reichte es noch dazu, dass die scharfe Spitze ihr eine tiefe Schramme an der Schulter zufügte. Ein scharfer Schmerz durchzuckte sie, und sie spürte, wie ihr warm das Blut den Arm hinabrann.
    Lokan hatte ebenfalls auszuweichen versucht, aber die tückische Spitze hatte auch ihn erwischt, wenn es auch nur dazu gereicht hatte, ihm das Shirt zu zerreißen.
    Sein sorgenvoller Blick fiel auf ihre blutende Schulter. „Alles okay mit dir?“
    „Ist nur ein Kratzer“, wiegelte sie ab. Sie schaute nicht nach. So genau wollte sie es gar nicht wissen.
    „Bleib unten“, riet er.
    Aber darauf wäre sie auch allein gekommen, denn jetzt schossen an den unterschiedlichsten Stellen die gefährlichen Felsnadeln in alle Richtungen aus den Wänden, stachen heraus, zogen sich wieder zurück und bildeten ein tödliches, undurchdringlich scheinendes Gewirr, hinter dem in einem matten Gold die nächste Pforte schimmerte.
    Dann drehte sie den Kopf ein wenig, sodass sie Lokan sehen konnte, der sich in unfassbarer Geschwindigkeit und Geschicklichkeit um diese steinernen Speere herumwand und es dabei noch schaffte, weiterzupaddeln und das Boot in Bewegung zu halten. Seine Miene verriet nicht eine Spur von Sorge oder Furcht. Er sah konzentriert und entschlossen aus, das Kinn ein wenig vorgeschoben. Das Ebenbild eines Halbgottes, der er schließlich auch war. So wie jetzt hatte Bryn ihn noch nie gesehen.
    Da sie nicht wie Lokan über ein derartiges Reaktionsvermögen verfügte, hielt sie es für klüger, im Boot liegen zu bleiben. Und um ihn nicht abzulenken, verhielt sie sich ruhig, bis sie wieder ihren Part übernehmen musste. Lange konnte es nicht mehr dauern, denn schon türmte sich das Tor über ihnen auf, und mit jedem Ruderschlag rückten sie näher.
    Dann sah sie, wie sich in den dunkleren Winkeln zu beiden Seiten der Pforte etwas regte, und ihr stockte der Atem. Sie sah einen glänzenden Widerschein von Schuppen, Reptilienschuppen. Es waren Schlangen, noch viel gewaltiger als die, denen sie bei der ersten Pforte begegnet waren. Diese hier konnten ohne Probleme mit einem Biss einen ausgewachsenen Mann in Gänze verschlingen. Nein, noch viel mehr: ein Auto mitsamt den Insassen.
    Wieder stach Bryn der Geruch von Schwefel in die Nase. Sie blickte sich die geschwärzten Wände um sie herum genauer an. Die Linien oder Striche, die sie gesehen hatte, waren nicht aufgemalt, sie waren eingebrannt.
    Bedrohlich richteten die Schlangen sich auf.
    „Lokan!“, entfuhr Bryn ein unterdrückter Angstschrei.
    „Ich sehe sie. Wir sind offenbar zum Barbecue eingeladen – als Hauptgang.“
    Er erhöhte beim Paddeln seine Schlagzahl, immer auf der Hut vor den vorspringenden Felsnadeln. Und doch erwischte ihn eine am Scheitel. Die Wunde blutete stark, und das Blut färbte sein blondes Haar dunkel.
    „Runter!“, schrie Bryn, die das Gefühl hatte, als wollte ihr das wie rasend schlagende Herz die Brust zersprengen. Aber Lokan hatte die drohende Spitze schon gesehen, wahrscheinlich schon vor ihr erahnt und manövrierte geschickt darum herum.
    Je näher sie ihnen kamen, zu einer umso gigantischeren Größe schienen die Schlangen anzuwachsen. Ihre gespaltenen Zungen zuckten zwischen ihren weit aufgerissenen Kiefern hervor, aus denen ungeheure Giftzähne ragten. Der Schwefeldampf wurde immer intensiver. Dann

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