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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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rührte sich Bryn wieder. Sie holte die Wasserflasche aus dem Rucksack, nahm einen Schluck und reichte sie an ihn weiter. Darauf nahm sie sich einen Energieriegel, brach ihn in zwei Teile und gab ihm die größere Hälfte. Es war ihm nicht entgangen. Ihre Blicke trafen sich, ihre Hände berührten sich.
    Dann wendete sie den Blick wieder ab.
    Er hatte im Prinzip nichts dagegen, mal eine Weile gemeinsam zu schweigen, aber er war dennoch leicht enttäuscht, dass sie noch immer nichts sagte. Bryn, wie er sie kannte, hatte immeretwas zu erzählen. Stets war sie ein munterer Quell gewesen, reihte einen Gedanken an den nächsten. Ihre Gedankensprünge waren nicht immer ganz nachzuvollziehen, aber es war immer … einfach süß.
    Nur war diese Bryn anders. Es war, als ob eine andere Persönlichkeit in sie hineingeschlüpft sei, seitdem sie hier in der Unterwelt waren.
    Als Lokan noch in jenem Zwischenreich, in dem leeren Niemandsland der Todeszone war, befand er sich allein mit seinen Gedanken, Erinnerungen und Bildern, die er in sich wachgerufen hatte, um nicht ganz allein zu sein. Damals war er eingeschlossen in eine tödliche Stille. Jetzt wollte er Bryns Stimme hören, ihr sanft dahinplätscherndes Geplauder, das ein wesentlicher Teil von ihr war. Wenn er an die Jahre zurückdachte, in denen sie zusammen gewesen waren, wurde ihm jetzt klar, wie gern er ihr zugehört hatte, diesem nicht abreißenden Strom von allem Möglichen, ob es nun einen tieferen Zusammenhang hatte oder nicht.
    Lokan kaute an seinem Stück Energieriegel und betrachtete ihn gedankenvoll, aber auch leicht angewidert. „Was für eine Geschmacksrichtung ist das denn?“
    Bryn schaute noch einmal auf die Packung, bevor sie sie in den Rucksack zurücklegte. „Schoko-Marshmallow. Warum?“
    „Schmeckt wie Sägespäne.“ Aber woran erinnerte ihn das? „Weißt du noch, wie du diese Haferflockenkekse gebacken hast? Die mit dem Schokoguss? Du hast goldbraun geröstete Marshmallows obendrauf geklebt.“ Ihm war, als hätte er den Geschmack jetzt noch auf der Zunge.
    Sie warf ihm einen flüchtigen Blick über die Schulter zu. Er konnte es nicht so genau erkennen, aber er meinte, er hätte ein Zucken in ihrem Mundwinkel gesehen, ein winziges Lächeln.
    „Mach mir wieder welche davon, wenn wir zurück sind.“
    Dieser Satz war der Stimmungskiller. Schlagartig verkroch sich Bryn in ihr Schneckenhaus, indem sie sich verdrossen über ihren angeknabberten Riegel beugte. Lokan war sofort klar,dass er jetzt kaum noch an sie herankam. Aber er wollte es. Er wollte sie streicheln. Er wollte ihr entlocken, was zum Teufel mit ihr los war, warum sie mitunter so zickig war. Und er wollte sie trösten, ihr versprechen, dass er auf sie aufpassen würde und dass sie bald zu Hause bei ihrer Tochter wären. Schön und gut. Der Haken war allerdings, dass sie hierhergekommen war, um ihn herauszuholen, und nicht umgekehrt. Vormachen konnte er ihr auch nichts.
    „Wie hast du diese Kekse noch genannt?“, fragte er harmlos, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen. Es täte ihm so gut, ihre Stimme zu hören. So hatte er diese Frage auch ganz bewusst gestellt, denn über Backrezepte und Ähnliches konnte Bryn sich schier endlos auslassen.
    „S’mores“, antwortete sie und sah ihn kurz dabei an. Dann nahm sie ihr Paddel, ruderte los und ließ ihn mit dem unbestimmten Gefühl allein, dass ihm irgendetwas weggenommen worden war, etwas sehr Wichtiges.

15. KAPITEL
    O, ihr heiligen Schlangen, die ihr diesen See bewohnt, an euch ist es, eure Flammen zu hüten und eure Feuer zu bewahren, auf dass ihr sie den Feinden entgegenschleudert und mit eurer Glut jene versengt, die lästerlich reden .
    nach dem Ägyptischen Pfortenbuch
    W ie ein glitzerndes, dunkles Band lag der Flusslauf vor ihnen, als Lokan die Augen aufschlug. Sie hatten sich mit dem Schlafen abgewechselt. Einer hatte gerudert und Wache gehalten, während der andere sich ausruhte. Sonderlich bequem war es nicht. Mit dem Rucksack als Kopfkissen war es erträglich. Und im Vergleich zu den Qualen in der Todeszone geradezu paradiesisch. Alles relativ.
    In einiger Entfernung konnte Lokan ein riesiges Tor erkennen und dahinter züngelnde Flammen. Als sie etwas näher gekommen waren und er genauer hinsehen konnte, entdeckte er, dass es nicht allein Flammen waren, sondern auch Seelen, wohl solche, die der Verdammnis anheimgefallen waren und sich nun in Todesqualen wanden, während das Feuer sie verzehrte.
    „Die Feuerseen“,

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