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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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geringen Entfernung konnte Dagan sogar den schwarzen Kettfaden erkennen, der durch das Gewebe ihres dunkelroten Gewandes lief. Jetzt entdeckte er auch die goldene Kette um ihren Hals. Nur das Gesicht und die Augen blieben ihm weiter verborgen. Dennoch spürte er, wie Besets Blick auf ihm ruhte. „Du lässt mich nicht in deine Gedanken schauen“, bemerkte sie.
    „Was du nicht sagst.“ Dann erinnerte sich Dagan, dass es von Vorteil sein könnte, etwas diplomatischer zu sein, und korrigierte sich. „Ich wollte sagen, das ist richtig. Meine Gedanken sind meine Privatangelegenheit.“
    „Roxy.“ Roxy kam dazu. Er beobachtete sie genau. Die Art, wie sie in ihrem gewohnt wiegenden Gang näher kam, zeigte ihm, dass ihr offenbar wirklich nichts fehlte. Auch konnte er jetzt sehen, dass ihre Arme und Handgelenke unverletzt waren. Es waren keine Spuren einer Fesselung zu erkennen, auch keine Kratzer oder blauen Flecken, wie er einigermaßen erleichtert feststellte.
    Als sie neben Beset stand, nahm er sich die Zeit, ihren Anblick zu genießen.
    „Hast du eine mentale Verbindung zu ihm?“, fragte Beset.
    „Sicher.“ Das galt besonders, seitdem Roxy ihr erstes Blut von ihm getrunken hatte.
    „Dann wirst du mir damit helfen, das zu erfahren, was ich wissen möchte.“
    „Nein, das werde ich nicht. Ich verrate die Garde nicht, aber werde auch ihn nicht verraten. Durch mich gelangst du nicht in seine Gedanken.“
    „Würdest du uns an ihn verraten?“
    „Genauso wenig wie umgekehrt.“
    Beset schwieg. Aber Dagan spürte deutlich, wie sie versuchte, sich einen Weg in seine Gedanken zu bahnen, wie sie fieberhaft nach einer Lücke suchte, durch die sie hindurchschlüpfen und ihn ausspionieren konnte. Keine Chance. Seine Abwehrmechanismen waren in jahrhundertelanger erfolgreicher Abwehr von Sutekhs Zudringlichkeiten perfektioniert worden, und der war noch ein ganz anderes Kaliber als Beset. Obgleich er zugeben musste, dass Besets Kräfte nicht gering waren.
    „Hör doch damit auf“, beschwerte sich Dagan. „Wenn du etwas wissen willst, frag mich doch einfach. Ich werde dir antworten.“
    „Und würdest du auch die Wahrheit sagen, Reaper?“
    „Würde ich. Unter der Bedingung allerdings, dass ihr alle unsere Gefährtinnen freilasst und sie nicht mehr bedroht. Dann können wir uns ganz entspannt miteinander unterhalten.“
    „Und wenn ich mich weigere?“
    Dagan atmete einmal tief durch. Dann schnellte seine Hand vor, durchdrang mühelos die Glaswand und packte Beset an der Gurgel. Er drückte zu, nicht so fest, dass er sie strangulierte, aber fest genug, um sie sicher im Griff zu halten. Er trat durch das Glas hindurch und stand mit einem Mal außerhalb der Kuppel dicht vor ihr.
    „Dann, fürchte ich, hast du ein Problem“, meinte er.
    Unterwelt, die Pforten des Osiris
    Das Boot trieb noch, als Lokan den Rucksack durchstöberte und schließlich eine Wasserflasche hervorholte. Damit kroch er nach vorne zu Bryn. Ihr Gesicht war von den Tränen aus Blut verschmiert. Rote Streifen liefen über ihre Wangen. Folgen des Feuers waren jedoch nicht zu erkennen. Weder war ihre Kleidung verbrannt noch ihr Haar angesengt noch konnte er auf ihrer Haut Brandblasen entdecken. Er sah an sich herunter und betrachtete seine Hände. Auch er war unverletzt geblieben.
    Stattdessen fühlte er sich stärker und erholter als zuvor. Brynhatte gesagt, die Flammen würden die Kräfte erneuern, und sie hatte recht gehabt. Er fühlte sich, als hätte er ein Pfund Zucker gegessen oder zwölf Stunden durchgeschlafen.
    Bryn rührte sich nicht. Auch nicht, als er ihren Kopf anhob, um ihn auf seinen Schoß zu betten. Er machte sich Sorgen um sie. Er stellte die Flasche auf dem Boden des Boots ab und riss vom unteren Saum einen Streifen Stoff aus seinem T-Shirt. Den feuchtete er mit dem Trinkwasser an und wischte damit Bryn das Gesicht sauber. Dann machte er sich daran, die Wunde an ihrer Schulter zu reinigen. Es war mehr als ein Kratzer, wie sie behauptet hatte, aber allzu tief war die Wunde dennoch nicht.
    Bryns Lider zuckten. Dann öffnete sie die Augen und sah ihn an. Die Erleichterung war überwältigend. Ein warmes Gefühl durchströmte Lokan. Die schöne, süße, schlehenäugige Bryn. Sein Blick fiel auf ihren Mund. Sie musste sich bei der gerade bestandenen Feuerprobe auf die Unterlippe gebissen haben, denn er konnte darauf die Abdrücke ihrer Schneidezähne erkennen. Er hatte große Lust, die Stelle zu küssen. Er beugte sich über sie, aber

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