Feuersuende
kaum war er ihr näher gekommen, folgte die Ernüchterung auf dem Fuße. Sie rückte von ihm ab und setzte sich auf. Dann griff sie nach der Wasserflasche, schraubte sie auf und nahm einen Schluck, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Alles an ihrem Gehabe sagte ihm, dass sie sich auf seine Annäherungsversuche nicht einlassen wollte. Er wusste, dass es besser war, das so hinzunehmen. Vielleicht sollte er sich lieber sein Paddel greifen und anfangen zu rudern. Und doch konnte er es nicht lassen. Sacht griff er nach ihrem Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich, sodass sie ihm in die Augen sehen musste.
„Ich möchte dich küssen“, sagte er. „Ich möchte dich in die Arme nehmen und deinen Herzschlag spüren.“
Er fuhr ihr mit den Fingerspitzen den Hals entlang, wo er ihren Puls spüren konnte, und weiter bis zum Ausschnitt ihres Hemds. Sie stand unter Spannung, wich aber trotzdem nicht zurück. „Ich möchte dich hier küssen … und hier.“ Er ließ seine Finger bis zum Ansatz ihrer Brüste gleiten. Bryn schnappte nachLuft. „… und hier.“ Dann fuhr er mit der Hand über die feste Wölbung und strich über die harte Knospe. Bryn schloss die Augen und schluckte. Aber sie hielt noch immer still. „… und hier. Und du wirst mich lassen, nicht wahr?“
Plötzlich riss sie die Augen weit auf und sah ihn entsetzt an. Lokan war erschüttert, sie so zu sehen, denn offensichtlich litt sie Höllenqualen.
„Lokan, bitte … Lass …“ Kopfschüttelnd zog sie seine Hand weg. „Es tut mir leid.“
Sie griff nach ihrem Paddel und krabbelte, so schnell sie konnte, nach vorn auf ihren Platz. Lokan ließ sie gehen. Es hatte keinen Sinn, sie jetzt zu bedrängen. Damit würde er nichts gewinnen. Da hieß es, die Zeit abzuwarten und zu beobachten. Wenn es so weit war, konnte er Bryn immer noch ermutigen, über ihre widerstreitenden Gefühle und Ängste zu reden.
So ruderten sie eine ganze Weile weiter. Lokan kam es vor, als seien es Stunden, aber wo sie sich befanden, konnte man sich auf das normale Zeitempfinden nicht verlassen. Stunden in der Unterwelt konnten nach menschlicher Zeitrechnung Jahre sein – oder auch nur Sekunden. Das hing mitunter auch davon ab, in welchen Gefilden der Unterwelt man sich gerade bewegte.
Die Wasseroberfläche war spiegelglatt. Nach wie vor gab es nicht die geringste Strömung. Lokan legte sich ein bisschen mehr ins Zeug. Je schneller sie vorankamen, desto besser. Bryn vor ihm ließ die Schultern hängen. Sie machte selbst aus der Entfernung von seinem Platz aus einen erschöpften Eindruck.
„Warum legst du dich nicht ein wenig hin und ruhst dich aus?“, schlug er vor.
Bryn zögerte. „Du hast recht. Ist ein guter Vorschlag. Aber nur unter Protest.“
„Komm her zu mir.“ Er klopfte sich mit der Hand auf die Knie. „Leg deinen Kopf in meinen Schoß.“ Ein Gedanke, der Lokan außerordentlich gut gefiel.
„Du musst doch paddeln“, wandte sie ein.
„Das geht schon. Ich paddle ja nicht mit den Beinen.“
Sie drehte sich um. Zwischen ihnen lag etwa in der Mitte des Boots der Rucksack. Bryn zog ihn zu sich heran, nahm ihn als Kopfkissen und streckte die Beine in Richtung Bug aus.
„Angsthase“, meinte er spöttisch.
„Was hat mich verraten? Meine langen Ohren?“ Sie rutschte ein wenig hin und her, um die bequemste Lage zu finden. Dann schloss sie die Augen. Ihr langes, dunkles Haar breitete sich fächerartig über dem Rucksack aus. Lokan stellte sich das wunderbare Gefühl vor, mit den Fingern durch die glatten, seidigen Strähnen zu fahren, seine Nase zwischen ihr Haar zu stecken und den Duft einzuatmen. Doch – er musste es sich eingestehen. Was immer es war, was er für Bryn empfand, es war schon seit Längerem vorhanden. Er hatte es nur nicht zulassen wollen.
Und dieser Reiz, diese Gefühle – das war nicht nur einseitig. Aber Bryn hatte ihm immer ein großes, rotes Stoppschild vor die Nase gehalten, und er musste einen Weg finden, sie dazu zu bringen, das Ding endlich wegzunehmen.
Lokan ruderte weiter. Die eintönigen grauen Felswände der lang gezogenen Höhle blieben stets dieselben, hier und da von einer Spalte im Gestein oder einer dunklen Nische unterbrochen. Die ganze Zeit über begleitete ihn das Gefühl, als würden aufmerksame Blicke ihnen folgen, Augen, die sie aus der Dunkelheit anstarrten. Aber Lokan sah lieber nicht so genau hin. Wenn sich ihnen wirklich eine Bedrohung in den Weg stellte, würde er damit schon fertig werden.
Eine Weile später
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