Feuertanz
den Kopf gestülpt. Sie erstickte.«
Irene erschauerte. Jetzt war ihr wieder alles präsent. Die Zeitungen waren voll davon gewesen. Es war auch ausführlich über alle Filme berichtet worden, in denen sie mitgespielt hatte. Nicht zuletzt ihre Einsätze in einigen Bergman-Filmen wurden hoch gelobt. Irene hatte noch nie einen Film von Ingmar Bergman gesehen, wusste aber, dass eine Rolle in einem seiner Filme die größte denkbare Auszeichnung für einen schwedischen Schauspieler war.
Tommy blätterte in seinem DIN-A-4-Block auf die nächste Seite und fuhr fort: »Laut Kurt gab es hinsichtlich des Selbstmordes gewisse Unklarheiten. Offenbar hatte sie eine sehr deprimierte und verbitterte Phase hinter sich. Ihr Arzt vertrat jedoch die Ansicht, sie sei auf dem Weg der Besserung gewesen.«
»Aber steigt nicht gerade dann das Risiko? Wenn die Depression nachlässt und sie plötzlich wieder die Kraft zu einem Selbstmord haben, meine ich.«
»Stimmt. Genauso argumentierte man auch, als man es als einen Selbstmord bezeichnete. Die Leiche wurde bereits um neun Uhr morgens von der Putzfrau gefunden. Bei der Obduktion wurde festgestellt, dass der Tod am Vorabend zwischen neun und elf Uhr eingetreten war. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich Ernst und Angelica auf der Entbindungsstation.«
»Wie hieß sie noch mal genau?«
»Anna-Greta Lidman.«
»Ernst verließ Anna-Greta also wegen Angelica?«
Jetzt war Irene wirklich neugierig.
»Genau. Und Ernst Malmborg beerbte seine Exfrau, weil sie vor ihrem Tod nicht die Scheidung eingereicht hatten. Er und Angelica heirateten irgendwann im Frühjahr. Zur gleichen Zeit wurde Sophie getauft. Aber bereits nach einigen Monaten gab es Gerüchte über Schwierigkeiten in der Ehe. Unter anderem soll Angelica eine Affäre mit einem Franzosen gehabt haben. Offenbar war er der Choreograph ihrer Tanztruppe. Das behauptete jedenfalls die Klatschpresse. Und dann traf sie Magnus Eriksson.«
»War er auch Tänzer?«, fragte Irene verblüfft.
»Natürlich nicht. Sie trafen sich nicht beim Ballett, sondern mit Hilfe der Klatschpresse. Er wollte sie im Auftrag eines Wochenblatts dazu interviewen, wie denn das erste wunderbare Jahr mit Ernst Malmborg gewesen sei. Es endete damit, dass Angelica Ernst den Laufpass gab und sich stattdessen mit Magnus einließ.«
Auch wenn Angelica sich einen Mann gesucht hatte, der fast zwanzig Jahre jünger war als ihr erster Ehemann, hatte der Altersunterschied zwischen ihr und Magnus immer noch zehn Jahre betragen. Vielleicht bevorzugte sie ja ältere Männer. Hatte nicht Magnus’ Schwester gesagt, Angelica hätte es nur auf das Geld ihres Bruders abgesehen gehabt?
»Ingrid Hagberg deutete an, Magnus Eriksson sei recht wohlhabend gewesen, als er Angelica traf. Was ist mit dem ganzen Geld passiert? Hat er alles versoffen?«, fragte Irene.
»Laut Kurt war der Alkohol nicht Magnus’ größtes Problem, obwohl es während der letzten Jahre Überhand nahm. Sein großes Laster war das Spiel. Er verspielte jede Öre, derer er habhaft wurde.«
»Bekam denn Angelica bei ihrer Scheidung von Ernst Malmborg kein Geld?«
»Nein. Er hatte sie zu Gütertrennung überredet.«
»Das erklärt …«
Irene hielt inne, als die Tür geöffnet wurde und Kommissar Andersson sein schütteres Haupt hereinsteckte.
»Irgendwas Neues?«
Sowohl Irene als auch Tommy wussten, dass er damit auf die Vernehmung der Vergewaltigungsopfer von Guldheden anspielte. Es handelte sich um drei junge Frauen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren.
Tommy schüttelte den Kopf und sagte: »Wir müssen sie noch ein weiteres Mal befragen. Wir wissen bisher nur, dass der Täter recht jung, stark und durchtrainiert zu sein scheint. Er ist blond und außerdem Schwede. Das letzte Opfer widerspricht jedoch den ersten beiden. Sie sagt, er sei dunkelhaarig gewesen und nicht sonderlich groß. Normaler Körperbau.«
»Könnte es sich um zwei Täter handeln?«, wollte der Kommissar wissen.
»Das ist nicht auszuschließen.«
»Okay. Macht weiter damit. Wir gehen das dann morgen bei der Morgenbesprechung durch.«
Andersson schloss die Tür. Irene und Tommy wandten sich wieder ihren Aktenbergen zu.
Am Tag darauf wurde in Kortedala ein brutaler Mord verübt. Bereits von Anfang an bestand der Verdacht, dass es sich um eine Abrechnung in Dealerkreisen handeln könnte. Die Ermittlung landete auf Irenes und Tommys Tisch. Sie arbeiteten parallel an den Vergewaltigungen von Guldheden und dem Mord in Kortedala. Beide
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