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Feuertanz

Feuertanz

Titel: Feuertanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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besser. An mehreren Stellen war der Putz von den Hauswänden abgefallen, und die schadhaften Regenrinnen hingen schief. Um die Fenster und Türen herum war feuchtes, graues Holz zu sehen. Das ganze Haus musste dringend renoviert werden. Es stand in einem starken Kontrast zur gepflegten Umgebung.
    Irene ging die breite Freitreppe hinauf und klingelte. Über der Klingel saß ein angelaufenes Messingschild mit dem Namen »Malmborg« in geschwungenen Buchstaben. Hinter der schweren Eichentür verklangen die Klingeltöne, ohne dass sich etwas regte. Sie klingelte ein weiteres Mal, aber wieder ergebnislos.
    Als sie auf dem glatten und fast ganz überwachsenen Plattenweg zurückging, hatte sie das Gefühl, das Haus sähe ihr hinterher. Natürlich bildete sie sich das nur ein, aber sie konnte der Eingebung nicht widerstehen, sich noch einmal umzudrehen, nachdem sie das Tor geschlossen hatte. Das verwahrloste alte Haus in dem düsteren Garten wirkte bedrohlich. Mit seinen schwarzen, leeren Fensterhöhlen blickte es sie finster an. Irene erschauerte unwillkürlich. Manchmal hatte sie eine zu lebhafte Fantasie für eine Polizistin.

Max Frankes Mail war nach dem Mittagessen in ihrer Mailbox eingegangen. Irene druckte sie aus und staunte, wie viele Seiten sie umfasste. Aber von einem Schriftsteller war wohl nichts anderes zu erwarten.
    Gleichermaßen erwartungsvoll und neugierig lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und begann zu lesen:
     
    Ich will noch einmal betonen, dass das hier › for your eyes only ‹ ist. Ich habe es auf die Schnelle niedergeschrieben, und es erhebt keinerlei Anspruch auf literarische Qualität. Ich hege die Hoffnung, dass diese Erinnerungen an Ernst und Sophie und die übrige Familie Malmborg dazu beitragen können, den Mord an Sophie zu lösen.
    Bereits von frühester Kindheit an bestanden zwischen meinem Cousin Ernst und mir starke Bande. Ein Grund dafür war, dass wir am selben Tag, dem 2. August, Geburtstag hatten, der Altersunterschied betrug jedoch zehn Jahre. Ein anderer Grund war, dass wir in unserer Generation die einzigen Jungen in der Familie waren.
    Ernst hatte eine vier Jahre ältere Schwester namens Elsy. Obwohl sie nur vierzehn Jahre älter war als ich, war sie in meinen Augen eine abweisende, hochnäsige alte Schachtel. Ich nannte sie immer nur › Kröte ‹ , aber nicht, wenn sie es hören konnte, weil ich wusste, dass sie diesen Namen nicht zu schätzen wissen würde. Ehrlich gesagt war sie ohne jeglichen Sinn für Humor zur Welt gekommen (meiner Meinung nach ist das das schwerste Handicap, das ein Mensch haben kann). Wie ihr Bruder war sie schweigsam und zurückhaltend und noch dazu groß und mager und absolut keine Schönheit. Sie unternahm auch keinerlei Anstrengungen, etwas für ihr Aussehen zu tun. Folglich heiratete sie auch nie. Stattdessen wurde sie Apothekerin. Es hieß, sie habe das gesamte Sortiment einschließlich aller Substanzen, die die Medikamente enthielten, im Kopf. Soweit ich weiß, hat sie Stockholm nie verlassen – nicht einmal, um Urlaub zu machen! –, sondern wohnte ihr ganzes Leben lang in der großen Wohnung der Familie im Stadtteil Östermalm. Sie arbeitete vierzig Jahre lang in derselben Apotheke und starb ein halbes Jahr nach ihrer Pensionierung. Ich vermute, aus Langeweile, aber meine Schwester Bettan behauptet, sie habe einen angeborenen Herzfehler gehabt.
    Elsy und ich hatten nie ein gutes Verhältnis, was sich vielleicht teilweise durch den großen Altersunterschied erklären lässt. Im Verlauf der Jahre begegneten wir uns nur bei größeren Familienfesten. Der Grund, weswegen ich Elsy erwähne, ist, dass sie und Ernst einige von ihrem Vater, Hilding Malmborg, ererbte Charakterzüge gemeinsam hatten. Hilding war mit meiner Tante Alice verheiratet und in den meisten Dingen ihr genaues Gegenteil. Meine Mutter und Tante Alice waren eineiige Zwillinge und einander so ähnlich, dass selbst die Verwandtschaft sie nicht auseinander halten konnte. Beide waren fröhlich und ausgelassen und taten immer das Gleiche mit Ausnahme der Wahl ihres Ehemannes. Meine Mutter heiratete einen Journalisten, meinen Vater Gustaf Franke, der sehr gesellig und extrovertiert war. Tante Alice wählte also Hilding Malmborg, der das genaue Gegenteil meines Vaters war.
    Hilding war Dozent in Botanik und studierte das aufregende Dasein der Farne. Ehrlich gesagt war er mehr am Leben der Kryptogame interessiert als an dem seiner Familie und der übrigen Menschheit. Mit der Zeit

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