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Feuertanz

Feuertanz

Titel: Feuertanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Gefühl, dass das auch beabsichtigt war. Oder war sie übertrieben misstrauisch? Vielleicht hatte Angelica ja wirklich keine Ahnung, was ihrer Tochter zugestoßen war. Irene hätte das akzeptieren können, wenn nicht eine Warnlampe in der Region ihres Gehirns, das für ihre polizeilichen Instinkte zuständig war, aufgeblinkt hätte. Dass Sophies Leiche verbrannt worden war, stellte eine sehr deutliche Parallele zum Tod von Magnus Eriksson dar. Zu deutlich, um einfach übergangen zu werden.
    Tommy ging routinemäßig die Fragen nach Sophies Bekanntenkreis und eventuellen Feinden durch, ohne dass sich etwas Neues ergeben hätte. Irene wurde es dann doch etwas warm ums Herz, als Angelica sagte: »Ich bin sehr froh darüber, dass sich das Verhältnis zwischen Sophie und mir in den letzten Jahren verbessert hatte.«
    »Weshalb war es denn so schlecht, als Sophie jünger war?«, fragte Tommy.
    »Schlecht ist vielleicht zu viel gesagt … sie war ein schwieriges Kind. Ich wusste nie so recht, was in ihr vorging. Ehrlich gesagt war ich zu jung, als ich sie bekam. Außerdem bekam ich sie mit dem falschen Mann. Ernst war verdammt noch mal noch verrückter als Sophie!«
    Jetzt nutzte Irene die Gelegenheit, eine weitere Frage zu stellen, über die sie seit der Ermittlung 1989 nachgedacht hatte.
    »Wie haben Sie Ernst Malmborg kennen gelernt?«
    Angelica zuckte zusammen und sah Irene erstaunt an, als hätte sie bereits ihre Anwesenheit vergessen gehabt. Verdrossen runzelte sie die Stirn und schien nachzudenken. Dann zuckte sie mit den Schultern und antwortete mit gleichgültiger Stimme: »Noch während meiner Ausbildung erhielt ich ein Engagement bei einer Tanztruppe. Wir nahmen an einem Festival für modernes Ballett und moderne Musik teil. Ernst hatte die Musik zu einem Tanz geschrieben, den ich und eine Kollegin namens Gisela aufführten. Das Stück hieß ›Nacht und Tag‹, und Ernst fand, wir seien wie Nacht und Tag. Sie war sehr blond, fast schon wie ein Albino, ich hingegen habe bedeutend mehr Pigmente.«
    Zum ersten Mal seit Beginn dieses Gesprächs lächelte sie ein wenig und warf Tommy mit gesenkten Wimpern einen viel sagenden Blick zu. Er schien dunkelhaarige Frauen eindeutig zu bevorzugen, und Irene beschlich wieder ein unbehagliches Gefühl. Um die vertrauliche Atmosphäre zu unterbrechen, stellte sie eine weitere Frage: »Handelte es sich bei ihrer damaligen Mittänzerin um Gisela Bagge, die Studiendirektorin vom Haus des Tanzes?«
    Angelica antwortete sehr erstaunt: »Ja, das stimmt. Kennen Sie Gisela?«
    Es war interessant, in dieser Geschichte ganz unerwartet auf Gisela zu stoßen. Warum hatte sie es nicht selbst erzählt? Andererseits war es Irene bei jenem Gespräch um Sophie gegangen und nicht um Ernst und Angelica.
    »Ich traf sie heute früh im Haus des Tanzes. Sie hat mir erzählt, dass Sophies Ballett ›Feuertanz‹ bald Premiere hat«, meinte Irene.
    Angelica nickte.
    »Ja. Sophies erste eigene Choreographie. Sie nannte sie ein Tanzmärchen. Ich durfte bei den Proben nicht dabei sein, weil sie mich überraschen wollte. Aber Frej tritt in der Vorstellung auf.«
    »Tanzt Frej auch?«, fragte Irene überrascht.
    »Natürlich. Schon seit er klein war. Aber jetzt hat er eine Fotoausbildung begonnen und möchte Fotograf werden. Daher trainiert er nur noch Capoeira. Zu mehr bleibt ihm keine Zeit.«
    »Capoeira? Handelt es sich bei Sophies Choreographie um ein Capoeira-Ballett?«, fragte Irene verwirrt.
    »Es gibt keine Capoeira-Ballette. Capoeira ist mehr eine Darbietung«, antwortete Angelica und lächelte durch ihre Tränen.
    Sie trocknete die Tränen und schnäuzte sich nochmals. Über das Thema Tanz zu sprechen, schien sie zu beruhigen. Vielleicht lag es daran, dass es sich dabei um ihre Welt handelte, in der sie sich mühelos zurechtfand und viel besser auskannte als die Polizei.
    »Ich bin natürlich neugierig und habe versucht, Frej auszuhorchen. Dem Wenigen, was er gesagt hat, habe ich entnommen, dass das Ballett Capoeira-Elemente enthält. Das ist ein neuer und gewagter Schritt. Ich bin wirklich froh, dass sie sich entschlossen haben, die Proben fortzusetzen, und dass die Premiere wie geplant stattfindet. Das hätte sich Sophie auch gewünscht.«
     
    Tommy und Irene besprachen den Fall noch lange, nachdem Angelica das Zimmer verlassen hatte. Irene trat an den Stadtplan von Göteborg, der an der Wand hing. Mit dem Zeigefinger klopfte sie auf einen Punkt und sagte: »Das ist der Tatort. Er befindet

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