Feuertanz
Monate hatte er wegen schwerer Körperverletzung in Kumla gesessen und hatte dort Slobodan Wolanski kennen gelernt. Ihre Zusammenarbeit war richtig in Gang gekommen, nachdem sie ungefähr gleichzeitig wieder auf freien Fuß gekommen waren. Recht bald blühte das Geschäft und war richtig profitabel. Zu profitabel, fanden die Brüder der Hells Angels. Ihre dominierende Stellung im Drogengeschäft war bedroht, und es war höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.
Hannu hatte die Theorie, dass die Hells Angels Milan beschattet hatten, um sich einen Überblick über seine Geschäfte und Kontakte zu verschaffen. Zufälligerweise hatte dann einer ihrer Leute in der Nacht, in der Roberto Oliviera am Hauptbahnhof ermordet worden war, einen Fotoapparat dabeigehabt. Da es weder Zeugenaussagen noch Bilder einer Überwachungskamera gab, die nahe legten, dass irgendwelche Hells-Angels-Mitglieder in der Mordnacht auf dem Hauptbahnhof gewesen waren, hatten sie wahrscheinlich jemand Außenstehenden angeheuert. Vielleicht war Hoffa auf die Idee gekommen, die Fotos zu schicken, als in der Zeitung gestanden hatte, dass Milan vermutlich aus Mangel an Beweisen freigelassen werden würde.
Glenn ›Hoffa‹ Strömberg war wie vom Erdboden verschluckt. Niemand wusste, wo er steckte. Gerüchteweise hieß es, er hielte sich auf einem Bauernhof bei Karlstad, der den Hells Angels gehöre, versteckt. Aber da bei der Polizei in Värmland Personalknappheit herrschte, hatte man dieses Gerücht noch nicht bestätigen können. Es war allerdings auch nicht strafbar, der Polizei einen anonymen Tipp zukommen zu lassen, daher hatten diese Nachforschungen auch keinen Vorrang gehabt. Birgitta wies ganz richtig darauf hin, dass Hoffa vermutlich zum ersten Mal Kontakt mit der Polizei hatte, ohne eines Vergehens bezichtigt zu werden.
Es war fast neun Uhr, als Irene das Präsidium verließ. Jenny hatte versprochen, zu Hause bei Sammie zu bleiben, weil sie büffeln musste. Ihre Tochter schien plötzlich eine vollkommene Wandlung durchgemacht und sich entschlossen zu haben, die Schule ernst zu nehmen. Wie es um den schulischen Ernst ihrer anderen Tochter stand, war eher zweifelhaft. Beim Frühstück hatte sie gezwitschert: »Felipe und ich gehen auf eine Party.« Irene wusste nicht, wo diese Party stattfinden würde, da sie nicht genau zugehört hatte.
Irene konnte nicht den üblichen Weg nach Hause nehmen, da die Straße gesperrt war. Der große Tunnelbau verursachte jetzt schon seit Jahren ein unentwegtes Verkehrschaos im Zentrum Göteborgs. Immer wieder tauchten neue Umleitungen auf. Irgendwie verfehlte sie ihre Abzweigung und fand sich plötzlich auf der Aveny wieder. Vor allen Restaurants und Pubs brannten Partyfackeln, vor manchen standen auch große Kürbisse auf dem Gehsteig. Die ausgeschnittenen Fratzen grinsten die Passanten an, sobald die Kerzen im Kürbisinneren flackerten. Die feuchte Novemberkälte trieb die Menschen in die behagliche Wärme der Gaststätten, wo sie gemeinsam versuchten, an Allerheiligen nicht an alle toten Seelen zu denken. Um die Gedanken an die Sterblichkeit der Menschen noch weiter zu zerstreuen, hing an vielen Kneipen ein großes Schild mit der Aufschrift »Halloweenparty«. Manche Fußgänger trugen Monstermasken oder waren als Hexen verkleidet. Obwohl die Kleider möglicherweise auch nur darauf hinwiesen, dass sich darunter Goth-begeisterte Jugendliche verbargen, die ja immer aussahen, als sei Morticia Addams ihre Lieblingsdesignerin.
Dieses Jahr fielen Allerheiligen und der Gustav-Adolf-Tag zusammen. Angeblich hatte dieser König Göteborg irgendwann nach 1630 gegründet, und dafür wurde er jedes Jahr mit einem besonderen Gebäck und einem Fackelzug geehrt.
Außerdem war es an diesem Tag genau fünfzehn Jahre her, seit es in Björkil gebrannt hatte.
Plötzlich kam Irene der Abend ungewöhnlich schicksalhaft vor, und sie sehnte sich nach Hause. Sie bog in die Sprängkullsgatan ein und fuhr am Skanstorget vorbei. An diesem Abend würde sie den Dag Hammarskjöldsleden Richtung Westen nehmen.
Als sie sich der Abfahrt nach Änggården näherte, hatte sie plötzlich eine Idee. Sie hatte noch keine Gelegenheit gefunden, sich mit dem Kommissar über den Durchsuchungsbefehl zu unterhalten. Schlimmstenfalls musste sie bis Ende der nächsten Woche darauf warten. Ohne ihre Überlegungen zu beenden, bog sie in die Storängsgatan ein und kurvte auf den kleinen Straßen zu Sophies Haus.
Dicht an dicht standen Autos die
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