Feuertaufe für Darlene
durchaus ein angenehmes Gefühl war, gebraucht zu werden. Dass es auf einer Farm immer eine ganze Menge zu tun gab, hatte sie bereits vermutet. Doch welches Ausmaß die anfallende Arbeit wirklich annahm, davon hatte sie nicht die geringste Ahnung gehabt.
In Winslow hatte sie ihren Lebensunterhalt in einem Barber-Shop verdient. Aber die Haare der Kundschaft wegzufegen oder die Frisuren der feinen Ladys vor dem sonntäglichen Kirchgang mit der Brennschere zu bearbeiten, war kein Vergleich zu den Aufgaben, die sie nun zu erfüllen hatte. Tiere mussten gefüttert und Ställe ausgemistet werden. In der Scheune warteten mehrere Vogelscheuchen darauf, auf die Felder geschafft zu werden, bevor die Krähen gleich scharenweise über den Mais herfielen und die Ernte zunichtemachten. Wo man auch hinblickte, es gab überall etwas zu tun.
Schon sehr bald hatte Darlene festgestellt, dass die Kleidungsstücke, die sie im Gepäck hatte, sich nicht zur Farmarbeit eigneten. Deshalb hatte ihr Moira ein Paar alte Jeans, ein Männerhemd und Freds Jacke überlassen, von der sie die zu langen Ärmel kurzerhand abgeschnitten hatte. In diesem Aufzug näherte sich die Blondine dem hölzernen Bottich, der ihnen gleichzeitig als Tränke, sowie als Waschgelegenheit diente.
Ohne jede Scheu legte Darlene die Oberkleidung ab und griff nach der verbeulten Schöpfkelle.
Obwohl sie sich zusammenzunehmen versuchte, konnte sie nicht verhindern, dass ein heller Aufschrei aus ihrer Kehle drang, als sie sich eine Portion der kristallklaren Flüssigkeit über den Körper goss. Dass Wasser war so kalt, dass ihre Nippel sich sofort kerzengerade aufrichteten.
Doch das Prickeln auf ihrer Haut war einfach ein herrliches Gefühl.
Die Blondine war gerade dabei, die Kelle ein weiteres Mal zu füllen, als sie eine besorgte Stimme sich umwenden ließ.
»Darlene! Um Gotteswillen, komm wieder zurück ins Haus!«
Moira stand im Eingang und winkte ihr aufgeregt zu.
»Einen Moment noch. Ich wasche mich nur noch fertig, dann bin ich gleich wieder bei euch.«
»Nein! Dafür bleibt dir keine Zeit! Beeil dich!«
Die Farmerin deutete an eine Stelle, die jenseits des Hofs lag.
Darlene folgte ihr mit dem Blick.
Erst jetzt entdeckte sie die beiden Reiter, die sich in gestrecktem Galopp der Farm näherten.
Obwohl sie die Männer nicht kannte, fühlte sie instinktiv, dass sie nichts Gutes im Schilde führten.
»Sind das etwa …«
»Ja, das sind zwei Kerle der Spider-Gang «, erwiderte Moira, noch bevor sie ihre Frage zu Ende gesprochen hatte. »Großer Gott, komm endlich rein, bevor es zu spät ist!«
Darlene ließ die Schöpfkelle fallen. Sie hob die Jeansweste auf, die sie überstreifte, während sie dem Haus entgegen hetzte.
Sie hatte gerade die Schwelle erreicht, als auch die Reiter durch das Gattertor des Gehöfts jagten.
Die beiden Frauen warfen die Tür zu und schoben auch den Riegel vor.
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte Moira, der die Angst ins Gesicht geschrieben stand.
Vor dem Haus war das Knirschen von Hufen zu hören, als die Banditen ihre Pferde zum Stehen brachten.
»Geh zu Betsy-Louise«, entgegnete Darlene. »Sie braucht dich jetzt. Ich versuche herauszubekommen, was die Halunken hier zu suchen haben.«
»Aber du kannst doch nicht …«
»Keine Widerrede. Kümmere dich um deine Tochter. Die Kleine ist wahrscheinlich schon halb wahnsinnig vor Angst.«
Moira nickte. »Gott stehe uns bei«, flüsterte sie ihrer Schwester zu, dann eilte sie in Richtung der Schlafkammer davon.
»He, ihr da drinnen!«, brüllte Richfield, der gemeinsam mit Petralia vor dem Gebäude in Stellung gegangen war. »Versucht gar nicht erst euch zu verstecken! Wir wissen ganz genau, dass ihr da seid! Wir haben euch gesehen!«
Darlene wusste, dass es keinen Sinn machen würde, einfach nicht zu reagieren und darauf zu hoffen, dass sich die ungebetenen Besucher wieder davonmachen würden.
»Was wollt ihr von uns?«, fragte sie durch die geschlossene Tür hindurch.
»Bist du die Schwester von dem Weibsstück, das auf dieser Farm zu Hause ist?«
»Ja. Allerdings wüsste ich nicht, was euch das angeht!«
»Eine ganze Menge sogar. Wir sind nämlich auf der Suche nach dem Kerl, der gemeinsam mit dir mit der Postkutsche angekommen ist. Hat sich der elende Bastard bei euch verkrochen?«
»Weshalb wollt ihr das wissen?« Darlene bemühte sich, möglichst energisch zu klingen. Dabei waren ihr aus Furcht die Knie so weich, dass sie sich am Türrahmen abstützen musste,
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