Feuertaufe für Darlene
eine Ahnung, wer im Coyote’s Inn rumgeballert hat?«
»Nein. Ich habe es nicht mit eigenen Augen gesehen.« Das Saloongirl schüttelte den Kopf. »Allerdings habe ich da so einen Verdacht, wer dabei seine Finger im Spiel gehabt haben könnte.«
»Denkst du dabei an unsere gemeinsamen Freunde, mit denen wir schon vorher Probleme hatten?«
»Genau die.«
»Ich kenne jemanden, der uns zu diesem Thema vielleicht mehr sagen kann.« Lassiter sprang aus dem Bett auf. »Er ist Gast in einem Hotel mit vergitterten Fenstern. Deshalb schlage ich vor, dass wir dem Sheriff mal wieder einen Besuch abstatten.«
»Gute Idee.« Auch Jennie stieg aus ihrem gemeinsamen Liebeslager. Sie sammelte ihre Kleidungsstücke vom Boden auf und zog sich eilig an. »Hoffentlich bringen wir ihn dazu, auszupacken. Um gegen die Bande etwas unternehmen zu können, müssen wir unbedingt wissen, welche Schweinereien sie sonst noch ausgebrütet haben.«
Schon eine Minute später stürmten sie aus dem Geheimversteck der jungen Frau. Aus den verkohlten Trümmern des Coyote’s Inn stiegen noch immer vereinzelte schmale Rauchfinger in den Morgenhimmel, als sie die Hauptstraße entlang hetzten.
Wenig später hatten sie das Büro des Gesetzeshüters erreicht.
»Freeley?« Lassiter war der Erste, der das Office betrat. »Sind Sie hier irgendwo? Wir müssen reden. Es geht um den Brand im Saloon.«
Er erhielt keine Antwort. Das kam Lassiter äußerst merkwürdig vor. Er war gerade dabei, nach seinem 38er Remington zu greifen, als sich seine schöne Begleiterin an ihm vorbeidrängte.
»Dave? Können Sie uns hören? Wir sind zu Ihnen gekommen, weil wir …«
Jennie verstummte mitten im Satz. Ihr Blick war wie gebannt auf die dunkle Lache am Boden gerichtet.
Geronnenes Blut.
Eine Schleifspur führte von dort in den hinteren Teil des Gebäudes.
Eine Sekunde später wurde das plötzliche Schweigen des Saloongirls von einem markerschütternden Schrei abgelöst.
Lassiter kam zu ihr gerannt. Erst jetzt entdeckte er den Grund für Jennies Entsetzen.
Sheriff Freeley war ermordet worden. Das Hemd des Toten war mit Blut getränkt. Eine weitere Schusswunde klaffte in seiner Stirn.
Doch was den Anblick besonders makaber werden ließ, war die Tatsache, dass die Leiche kopfüber an die Gitterstäbe des Gefängnisses gebunden worden war.
Dort hing sie nun – wie eine Fliege in einem Spinnennetz.
Die Zelle dahinter war leer. Von dem ehemaligen Gefangenen fehlte jede Spur.
»Die Spiders …« Die Stimme des Saloongirls war kaum mehr als ein Flüstern. »Sie müssen ihren Freund da rausgeholt und sich am Sheriff gerächt haben.«
»… dann sind sie rüber in den Saloon, um es dem Besitzer heimzuzahlen«, fügte Lassiter hinzu. »Offensichtlich haben sie es auf alle abgesehen, die ihnen in der letzten Zeit in die Quere gekommen sind.«
»Großer Gott.« Jennie wandte sich zu ihm um. »Aber das würde ja bedeuten, dass sie auch hinter dir her sind.«
»Das wäre durchaus möglich«, bestätigte Lassiter. Es war nicht das erste Mal, dass man ihm nach dem Leben trachtete. Deshalb war diese Erkenntnis für ihn längst nicht so erschreckend wie die andere Vermutung, die ihm in diesem Moment in den Sinn kam. »Im Hotel haben sie mich nicht gefunden. Aber wenn sie deinen Boss im Saloon ordentlich in die Mangel genommen haben, hat er ihnen garantiert verraten, dass ich mich bei im erkundigt habe, wie ich zu … Verdammt, das sieht nicht gut aus. Hoffentlich komme ich nicht zu spät.« Er wirbelte herum und stürmte wie von Teufeln gehetzt aus dem Office.
***
Bereits bei den ersten Sonnenstrahlen hatte sich Darlene auf leisen Sohlen aus dem Haus geschlichen. Ihre Schwester und ihre Nichte schliefen noch fest. Die Blondine wusste genau, dass die beiden diese Erholung dringend gebrauchen können, deshalb vermied sie jedes überflüssige Geräusch, das sie hätte wecken können.
Der Schatten der gewaltigen Felssäule, der die nahe Siedlung den Namen Candle Rock zu verdanken hatte, wies wie der Zeiger einer natürlichen Sonnenuhr genau in Richtung der Farm, als die junge Frau hinaus auf dem Hof trat.
Darlene reckte die Arme in die Höhe, um die letzte Müdigkeit aus ihren Knochen zu vertreiben.
Trotz der dramatischen Umstände, die ihr Bleiben notwendig machten, begann sie dem Aufenthalt auf der Farm auch seine guten Seiten abzugewinnen.
Obwohl Darlene deswegen immer wieder das schlechte Gewissen zwickte, musste sie sich auch insgeheim eingestehen, dass es
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